• 18.10.2007 20:19

Hamilton: "Für mich war das eine lehrreiche Erfahrung"

Der McLaren-Mercedes-Pilot auf der PK über Interlagos, Senna, sein Verhältnis zu Alonso, seinen Patzer von Shanghai und das alles entscheidende Rennen

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Für dich ist dies eine brandneue Strecke. Bist du sie bereits abgelaufen und hast du sie im Simulator ausprobiert?"
Lewis Hamilton: "Ich bin buchstäblich vor einer Stunde an die Strecke gekommen und hatte noch nicht die Zeit, sie abzulaufen. Dies werde ich jedoch nachher tun, und nein, ich war nicht im Simulator."

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton und Fernando Alonso

Lewis Hamilton und Fernando Alonso präsentierten sich demonstrativ locker

Frage: "Würde der Simulator helfen?"
Hamilton: "Wenn er dies tun würde, dann wäre ich in ihm gewesen."

Frage: "Du hast also nicht wirklich das Gefühl, dass er eine große Hilfe ist?"
Hamilton: "Ich glaube, dass das erste Computer-Spiel, das ich spielte, das erste Rennen in Brasilien war. Ich habe also eine Vorstellung, wo es langgeht. Es war schon immer eine meiner Lieblingsstrecken gewesen, die meiste Zeit über war es das letzte Rennen der Saison. Ich habe aus diesem Grund eine wirklich gute Vorstellung davon, wo sich die Kurven befinden und ich freue mich darauf, hier auf die Strecke zu gehen."#w1#

Frage: "Wie hast du dich nach China erholt und wie hast du dich für dieses Rennen wieder selbst aufgebaut?"
Hamilton: "So wie immer: Ich bin nach Hause gegangen und habe dort etwas Zeit verbracht. Meine Familie hatte einen kleinen Ausflug geplant, sie gingen aus diesem Grund fort. Ich verbrachte deshalb nicht wirklich viel Zeit mit ihnen, aber ich hatte Zeit, mich in meiner wahren Heimat zu entspannen, im Haus meiner Eltern. Ich trainierte gut, stellte sicher, dass ich für das Wochenende körperlich fit bin, da dies ein Kurs ist, der gegen den Uhrzeigersinn verläuft. Er ist für die eine Seite deines Nackens aus diesem Grund etwas härter. Eigentlich fühle ich mich dieses Wochenende etwas entspannter, deutlich entspannter als ich dies beim vergangenen Rennen war."

Frage: "Was machst du Spezielles für einen Kurs, der gegen den Uhrzeigersinn verläuft?"
Hamilton: "Das brauchst du nur für deinen Nacken zu tun. Du kannst also lediglich etwas mehr für die andere Seite arbeiten. Für gewöhnlich ist es die rechte Seite, an der du arbeitest. Du fängst nicht damit an, die schwersten Gewichte für deinen Nacken zu stemmen, man muss einfach etwas mehr arbeiten, um ihn frisch zu halten, so dass du nicht am Freitag auf die Strecke gehst und ihn am nächsten Tag spürst."

Frage: "Wer hat den härtesten Job: Lewis Hamilton oder das englische Rugby-Team?"
Hamilton: "Ich denke, dass es gleich sein muss, sehr ähnlich. Sie haben fantastische Arbeit geleistet. Das ist gut."

Frage: "Ich habe mich gefragt, ob du uns etwas über deine Erinnerungen von vor vier Jahren erzählen kannst, und wo du warst, als England den Rugby-World-Cup gewann?"
Hamilton: "Ich weiß es nicht, das ist schon vier Jahre her. Ich denke, dass ich in der Formel Renault fuhr. Ja, ich glaube, dass ich in der Britischen Formel-Renault-Meisterschaft an den Start ging und in Silverstone fuhr, wenn ich mich richtig erinnere. Vielleicht liege ich auch falsch."

Frage: "Wäre es für dich etwas Besonderes, wenn du den Titel gewinnst und England am Samstag den Rugby-World-Cup? Welche Auswirkungen wird dies auf das Land haben? Und was wird es dir bedeuten, wenn es England schafft?"
Hamilton: "Für unser Land ist es eine der besten Zeiten und ich bin stolz und froh, dass wir uns in einer Position befinden, in der wir etwas erreichen können. Ich möchte wirklich, dass sie gewinnen. Ich habe das vergangene Spiel angeschaut und verbrachte eine schöne Zeit mit ein paar Freunden. Einer sagte, dass Frankreich gewinnen wird, ich sagte 'Auf keinen Fall!'."

"Es war einfach unglaublich, die Tatkraft der Jungs, und die Art und Weise, wie sie zurückgeschlagen haben, zu sehen. Ich habe mich auch dafür interessiert zu sehen, dass sie sich als Inspiration 'Cool Runnings' vor ihrem letzten Spiel anschauen werden. Den habe ich mir kürzlich ebenfalls angeschaut. Wir werden alle unser Bestes geben und es wird etwas Spezielles sein, die Ehre zu haben, es am ähnlichen Tag zu tun."

Frage: "Du hattest dieses Jahr Höhen und Tiefen. Wie würdest du deine Beziehung zu Fernando Alonso beschreiben?"
Hamilton: "Ich denke, dass sie so gut wie immer ist. Ich bin der Meinung, dass wir das ganze Jahr über ziemlich gut miteinander ausgekommen sind, trotz der Dinge, die die Medien berichten. Sie versuchen immer eine große Kluft zwischen uns zu treiben und sie hatten damit nicht wirklich Erfolg. Wir kommen miteinander einfach gut aus, gehen unseren Jobs nach und werden dies auch weiterhin tun."

Frage: "In einer normalen Welt könntet ihr beste Freunde sein, aber hier seid ihr fast Feinde. Denkst du, dass die Formel 1 in dieser Hinsicht vergeudete Zeit ist?"
Hamilton: "Ich denke nicht, dass es vergeudete Zeit ist, ansonsten wäre ich nicht hier. Wir sind konkurrenzfähige Leute und daraus beziehen wir unsere Energie. Das sorgt nicht dafür, dass wir sofort... Schau dir diese Kerle an, sie sind etwas älter als ich und Fernando hat damit angefangen, seine Haare wachsen zu lassen - denn er macht sich Sorgen, dass er sie verliert! Weißt du, wir genießen es und wir wollen damit so lange weitermachen, wie wir können."

Frage: "Wenn ich dich heute anschaue, dann habe ich den Eindruck, als seist du so entspannt wie schon lange nicht mehr. Stimmt das?"
Hamilton: "Man muss in einer Beziehung einfach Zeit miteinander verbringen, ich kenne Fernando seit der Türkei im vergangenen Jahr. Ich denke, dass die Beziehung seitdem gewachsen ist und wir automatisch voreinander mehr Respekt haben. Wir sind hier nicht in einer Wettbewerbssituation und versuchen, mehr Fragen zu beantworten als der andere. Aber am Samstag ist dies etwas anders, da wir uns im Wettbewerb befinden."

Frage: "Macht dich das, was in China passiert ist, nervöser, und was wird es dir bedeuten, wenn du schlussendlich durchkommst und dieses letzte Rennen deiner ersten Saison gewinnst?"
Hamilton: "Das macht mich definitiv nicht nervöser. Wenn überhaupt, dann hat dies die Last von meiner Schulter genommen und ich denke, dass ich daraus sogar noch stärker hervorgehen kann. Ich dachte, dass es meiner Zuversicht zusetzen würde, aber ich reiste ab und dachte über das Wochenende nach und ich habe das Gefühl, dass ich sogar noch stärker bin, als ich es war, warum auch immer."

"Das war eine gute Erfahrung, die ich gemacht habe. Als ich hierher kam, da fühlte ich mich im Vergleich zum vergangenen Rennen deutlich anders. Der ganze Druck hatte sich aufgebaut, es ging so viel vor sich, am Donnerstag und Freitag, und es war kein großartiges Wochenende. Aber ich fühle mich nun völlig entspannt und vertraue dem Team und ihrer Fähigkeit, um den Titel zu fahren absolut."

Frage: "Stellst du dir schon vor, wie du selbst auf dem Podium stehst, gewinnst, Champagner versprühst und all dies?"
Hamilton: "Nein. Ich denke, wenn du dies tust, dann hebst du ab und das ist der Moment, an dem du Fehler machen kannst."

Frage: "Wir sind hier im Land von Ayrton Senna, was hast du gespürt, als du hierher gekommen bist, hast du überhaupt eine spirituelle Verbindung zu ihm?"
Hamilton: "Ich würde nicht sagen, dass ich zu ihm eine spirituelle Verbindung habe, es ist lediglich eine unübliche Erfahrung. In all den Jahren, in denen ich mir die Formel 1 anschaute, schon seit dem Beginn meiner Kart-Karriere habe ich Bücher Senna besessen, besaß Videos, schaute sie mir an, sah ihn in seiner Heimat, schaute, wie ihn die Leute dort betrachten und wie er dort drüben aufgenommen wird."

"Und jetzt hier in dieses Land zu kommen, das erste Mal in Brasilien zu sein, zu realisieren, dass ich auf seinem Heimatboden bin, dort, wo seine Ruhestätte liegt - das ist ziemlich bewegend. Zu wissen, dass mein Hotel nur ein paar Kilometer von ihm entfernt ist - so nahe war ich noch nie an ihm. Das ist für mich eine ziemlich ungewöhnliche Erfahrung."

Frage: "Du hast gesagt, dass du nach dieser Veranstaltung vielleicht am Montag zu Sennas Grab gehen könntest. Planst du dies noch oder warst du schon dort gewesen?"
Hamilton: "Ich war noch nicht dort und es ist mir noch nicht durch den Kopf gegangen, um ehrlich zu sein. Ich habe meine Zweifel, dass ich dorthin gehen werde, denn ich würde verfolgt werden. Ich muss dies also bei einer anderen Reise machen."

Frage: "Wie bereitest du dich auf ein Rennen wie dieses psychologisch vor? Es muss für dich in deiner Karriere ein sehr großer Moment sein. Hast du einen Psychologen genutzt?"
Hamilton: "Nein. Ich habe nie einen Psychologen genutzt. Ich weiß wirklich nicht, wie ich darauf antworten soll, denn ich habe mich noch nie zuvor in dieser Position befunden, noch nie versucht, die Weltmeisterschaft zu gewinnen."

"Ich denke, dass man dies einfach so handhaben muss, wie man dies für gewöhnlich tut. Ich möchte gewinnen, aber manchmal muss man konservativ sein. Das einzige, was ich tun kann, ist zu schauen, was Fernando in den vergangenen paar Jahren gemacht hat und was Michael in den vergangenen Jahren tat. Ich muss versuchen, etwas aus ihren Stärken oder Schwächen zu lernen. Und ich werde dieselbe Arbeit verrichten wie immer und werde versuchen, diesmal auf der Strecke zu bleiben!"

Frage: "In China habe ich dich gefragt, ob du möchtest, dass ein Sturm aufzieht und das Rennen abgesagt wird. Hättest du es dir rückblickend gewünscht und wie viel schwieriger wird es nun?"
Hamilton: "Dies ist die zweite Frage, die du mir dieses Jahr gestellt hast! Wie ich schon zuvor sagte, ich genieße es wirklich, Rennen zu fahren, ob du ankommst oder nicht ankommst, solange du deine Vorbereitungen durchführst, möchtest du einfach das Rennen beenden, ob du Erster oder Letzter wirst. Ich hoffe, dass das Wetter dieses Wochenende gut ist."

"Ich weiß, dass das Wetter bei den Rennen zuvor hier in Brasilien nicht immer brillant war, aber ich habe gehört, das es hier rund zwei Monate oder so nicht mehr geregnet hat, und kaum kam ich hier an, regnete es! Den Regen habe ich ganz offensichtlich mit mir aus Großbritannien mitgebracht. Wir wollen dieses Wochenende gutes Wetter haben."

Frage: "Kam dir diese Saison lang vor?"
Hamilton: "Es kam mir wie eine sehr lange Saison vor und anders als alles, was ich bisher erfahren habe, aber ich genieße es. Ich freue mich auf weitere Rennen in der Zukunft."

Frage: "Schauen wir auf den Großen Preis von Belgien zurück, dies ist hier eine ziemlich schwierige erste Kurve und Kimi würde es natürlich begrüßen, wenn ihr euch beide von der Strecke schießt. Ist dies ein Szenario, an das du gedacht hast, oder über das du prechen möchtest, um sicherzustellen, dass es nicht passiert?"
Hamilton: "Wir sind professionelle Rennfahrer und ich denke, dass wir natürlich mit keinem der Fahrer und nicht miteinander kollidieren wollen. Keiner von uns möchte am Sonntag einen Unfall haben. Wenn du in die erste Kurve gehst, dann möchtest du idealerweise die Führung oder einen Platz gutmachen ohne dabei allzu viele Risiken einzugehen. Wir wissen aus eigener Erfahrung, was ein zu hohes Risiko ist und was zu wenig Risiko ist. Ich habe nicht das Gefühl, dass wir irgendwelche Probleme haben werden."

Frage: "Kommt es vor, dass du denkst, dass du den Titel nicht gewinnen kannst?"
Hamilton: "Nein."