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Vorentscheidung in China: Hamilton vor Massa!

Lewis Hamilton gewann in Shanghai mit einer souveränen Vorstellung - Felipe Massa wahrt als Zweiter seine Chancen auf den WM-Titel

(Motorsport-Total.com) - Bravo, Lewis Hamilton! Ein Jahr nach dem peinlichen Aus in der Boxeneinfahrt von Shanghai lieferte er heute beim Grand Prix von China eine überzeugende Vorstellung ab, die ihm den Sieg einbrachte - und möglicherweise eine Vorentscheidung in der Weltmeisterschaft! Der McLaren-Mercedes-Pilot hat vor dem Showdown in Brasilien sieben Punkte Vorsprung auf Felipe Massa (Ferrari).

Titel-Bild zur News: Felipe Massa und Lewis Hamilton

Felipe Massa enttäuscht über Platz zwei, Lewis Hamilton ein glücklicher Sieger

Doch das Thema des ansonsten wenig aufregenden Rennens auf der 5,451 Kilometer langen Strecke war nicht Hamiltons Triumph, sondern jenes Überholmanöver, mit dem Massa in der 49. Runde an seinem Teamkollegen Kimi Räikkönen vorbeiging. Seit der Ära Michael Schumacher ist Stallorder in der Formel 1 bekanntlich verboten, doch wie auffällig Räikkönen vor der Haarnadel vom Gas ging, um Massa passieren zu lassen, das roch zumindest nach einem Freundschaftsdienst.#w1#

Kubica und BMW aus der Entscheidung raus

Wie dem auch sei: Vor dem Grand Prix von Brasilien in São Paulo in zwei Wochen sind beide WM-Wertungen noch offen, denn Hamilton hat sieben Punkte Vorsprung auf Massa, während Ferrari bei den Konstrukteuren elf Zähler vor McLaren-Mercedes liegt. Ein Doppelsieg ist 18 Punkte wert. Raus aus der Entscheidung ist hingegen Robert Kubica (BMW Sauber F1 Team) - Platz sechs war nicht genug, um die rechnerischen Chancen auf den Titelgewinn zu wahren.

Lewis Hamilton

Lewis Hamilton ließ diesmal nichts anbrennen und erwischte den besten Start Zoom

Doch der Reihe nach: Ferrari startete neben den Williams-Toyota-Piloten Nico Rosberg und Kazuki Nakajima als einziges Team auf den weicheren Bridgestone-Reifen - wahrscheinlich, um am Start mit einem Mehr an Grip eine Attacke gegen Polesetter Hamilton zu reiten. Der bewahrte im Gegensatz zu Fuji jedoch einen kühlen Kopf, legte einen Superstart hin und verteidigte die Führung vor dem Ferrari-Duo Räikkönen und Massa.

Zu einer Verschiebung kam es dahinter, denn Heikki Kovalainen (McLaren-Mercedes) ging an Fernando Alonso (Renault) vorbei - und beinahe hätte der Finne auch noch Massa geschnappt, ehe er außen in der "Schneckenkurve" doch zurückstecken musste. Doch die Freude war nur von kurzer Dauer, denn Alonso machte sofort Druck gegen Kovalainen und konterte noch am Ende der ersten Runde vor der Haarnadelkurve.

Kollision zwischen Bourdais und Trulli

Einen guten Start erwischten auch die BMW Sauber F1 Team Piloten Nick Heidfeld und Kubica, die sich um je drei Positionen auf Rang sechs beziehungsweise acht verbessern konnten. Weiter hinten kam es zu einer Kollision: Sébastien Bourdais (Toro-Rosso-Ferrari) steckte innen seine Nase gegen Jarno Trulli hinein und schubste den Toyota von der Strecke. Bourdais fiel weit zurück, Trulli musste nach einem Reparaturstopp an der Box aufgeben.

Sébastien Bourdais und Jarno Trulli

Zwischen Sébastien Bourdais und Jarno Trulli kam es zu einer Kollision Zoom

Während Mark Webber (Red-Bull-Renault) dank geringer Benzinlast zwei schöne Überholmanöver gegen Timo Glock (Toyota) und Rubens Barrichello (Honda) zeigte, sorgte an der Spitze Hamilton gleich für geklärte Fronten: Nach fünf Runden hatte er bereits 3,1 Sekunden Vorsprung auf Räikkönen und 5,4 auf Massa - Tendenz weiter steigend. Auch zwischen den beiden Ferraris wuchs der Abstand sukzessive an.

In der zwölften Runde kam Webber als Erster zum regulären Boxenstopp - eine Folge des gestrigen Qualifyings, denn angesichts seiner Rückversetzung um zehn Positionen wegen eines Motorwechsels ging der Australier mit wenig Benzin ins Top-10-Finale, um heute nicht zu weit hinten zu stehen. Doch diese Rechnung ging nicht auf: Webber spielte nach dem kämpferischen ersten Stint keine Rolle mehr und kam am Ende als 14. ins Ziel.

Massa als erster Topfahrer an der Box

In Runde 14 kam Massa als erster Topfahrer rein, eine Runde später stoppten Hamilton und Räikkönen gleichzeitig. Dieser Rhythmus sollte beibehalten werden, denn den zweiten Stopp absolvierten Massa im 37. und Hamilton/Räikkönen im 38. Umlauf. An den Positionen veränderte sich dadurch nichts, nur die Zeitabstände zogen sich immer weiter auseinander. Speziell Hamilton gewann bei jedem Boxenstopp einige Sekunden.

Lewis Hamilton

Dieser Champagner schmeckt besonders gut: Lewis Hamilton auf dem Podium Zoom

Als Räikkönen dann beim Überrunden von Giancarlo Fisichella (Force-India-Ferrari) eine Sekunde verlor und Hamilton endgültig enteilte, war dies ein Wendepunkt im Rennen: Räikkönen konnte Hamilton die zwei Punkte nicht mehr selbst wegnehmen, also war klar, dass er sich hinter Massa zurückfallen lassen würde. Das passierte in der 49. Runde. Pikant: Räikkönen täuschte keinen echten Positionskampf vor, sondern ging vor der Haarnadelkurve ganz offensichtlich vom Gas.

Der Zwischenfall wird sicher noch für Diskussionen sorgen, doch für Ferrari steht fest: Das war ein ganz normaler Positionskampf! Die Silberpfeile vertreten naturgemäß eine andere Meinung. Doch unabhängig davon erledigte Hamilton seinen Job, indem er auch auf der weicheren Reifenmischung am Ende nicht mehr in Gefahr geriet und 14,9 Sekunden Vorsprung ins Ziel brachte. Zuvor hatte sich Kovalainen an fünfter Stelle liegend mit einem Reifenschaden verabschiedet.

Glock mit Einstoppstrategie in den Punkten

In der Schlussphase kam Alonso noch bis auf 1,9 Sekunden an Räikkönen heran, für einen Angriff reichte es jedoch nicht mehr. Heidfeld kam nach einer soliden Vorstellung als Fünfter ins Ziel, 4,2 Sekunden vor Kubica, der sich durch seine jeweils spät getimten Boxenstopps gut nach vorne arbeiten konnte. Für Glock ging die Einstoppstrategie voll auf - zwei WM-Punkte -, der achte Platz ging trotz eines kleinen Ausritts zu Beginn an Nelson Piquet (Renault).

Nick Heidfeld vor Robert Kubica

Nick Heidfeld kam 4,2 Sekunden vor Teamkollege Robert Kubica ins Ziel Zoom

Keine WM-Zähler gab es diesmal für Sebastian Vettel (Toro-Rosso-Ferrari), der zwar anfänglich in den Top 8 lag, dann aber die Pace von Kubica und Piquet nicht ganz gehen konnte und dadurch bei den Boxenstopps zurückfiel. David Coulthard (Red-Bull-Renault) wurde Zehnter, Barrichello Elfter - nach einer tollen Vorstellung: Der um einen Honda-Vertrag für 2009 kämpfende Brasilianer legte einen Raketenstart hin, fuhr stark und deklassierte seinen Teamkollegen Jenson Button (16.).

Rosberg hatte wie schon vor dem Wochenende befürchtet keine Chance und wurde 15., während sein Teamkollege Nakajima mit einer Einstoppstrategie als Zwölfter ins Ziel kam. Pech hatte Adrian Sutil (Force-India-Ferrari), der früh mit einem technischen Defekt ausrollte. Kleine Randnotiz: Kovalainen fuhr nach seinem Reifenschaden zunächst weiter, kam dann aber an die Box - und darf damit für den letzten Grand Prix einen neuen Mercedes-V8-Motor einbauen...

Die verflixten sieben Punkte Vorsprung...

McLaren-Mercedes lieferte an diesem Wochenende eine beeindruckende Vorstellung ab und geht nun mit Hamilton als klarem Favoriten in den WM-Showdown. Aber aufgepasst: Auch im Vorjahr hatte der junge Brite vor São Paulo sieben Punkte Vorsprung auf Räikkönen - und am Ende wurde doch ein Ferrari-Pilot Champion. Ebenfalls interessant: Hätte die FIA Hamilton den Sieg in Spa-Francorchamps nicht weggenommen, dann wäre die Sache bereits gegessen.

Fernando Alonso

Fernando Alonso war diesmal erster Verfolger der beiden Topteams Zoom

Was den umstrittenen Positionstausch von Ferrari angeht, so ist kaum mit einem Nachspiel zu rechnen. Ein Eingreifen des Teams ist zwar vom Reglement her verboten, doch einen weiteren Skandal kann die Formel 1 im Moment nicht gebrauchen - und man darf vermutlich davon ausgehen, dass sich McLaren-Mercedes in einer ähnlichen Situation auch nicht anders verhalten hätte, schließlich geht es um die Weltmeisterschaft.

Spannend könnte es in São Paulo neben der Titelentscheidung noch um Platz drei werden, denn Räikkönen fehlen derzeit nur sechs Punkte auf Kubica. Heidfeld könnte mit einem Sieg bei gleichzeitiger Räikkönen-Nullrunde noch Gesamtvierter werden. Bei den Teams steht Renault seit heute als Vierter fest. Einen heißen Dreikampf gibt es noch zwischen Toro-Rosso-Ferrari (34), Red-Bull-Renault (29) und Williams-Toyota (26) um Platz sechs.


Fotos: Großer Preis von China, Sonntag