• 25.10.2012 17:21

  • von Dieter Rencken

Hamilton: "Das Ende ist noch nicht erreicht"

McLaren-Fahrer Lewis Hamilton über seinen Abschied in Woking, die großen Fußstapfen von "Schumi" und seine Chancen im Titelrennen 2012

(Motorsport-Total.com) - 62 Punkte trennen Lewis Hamilton von der Spitze der Fahrerwertung. Doch aufgeben will der Brite deshalb nicht. Vielmehr wird McLaren-Pilot Hamilton in den verbleibenden Rennen des Jahres alles versuchen, um sich möglichst gut von seinem bisherigen Arbeitgeber zu verabschieden, ehe er 2013 bei Mercedes andockt. Dort nimmt er den Platz von "Schumi" ein, über den er auch in seiner Medienrunde vor dem Großen Preis von Indien spricht. Das asiatische Land ist ebenfalls Thema.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton mit Bart: In Indien will der Ex-Champion wieder voll angreifen Zoom

Frage: "Lewis, was muss passieren, damit du in diesem Jahr noch Weltmeister wirst? Wie gehst du in diese letzten vier Rennen?"
Lewis Hamilton: "Ich werde einhundert Prozent geben. Wie immer. Ich hoffe nur, es läuft etwas besser als in den vergangenen drei Rennen. Das war schon ziemlich hart für uns. Ich versuche einfach, die vier noch ausstehenden Grands Prix des Jahres - bei diesem Team - zu genießen. Ich werde alles geben."

Frage: "Es ist nun schon geraume Zeit bekannt, dass du 2013 für Mercedes fahren wirst. Wie hat das Team auf diese Neuigkeiten reagiert?"
Hamilton: "Ach, das war okay. Du musst wissen: Ich war so lange ein Teil dieses Teams. Es ist wie eine Freundschaft. Ich habe gesagt, ich muss diesen Weg einschlagen, weil es das Beste für mich ist. Sie unterstützen mich dabei."

Frage: "Wie lief dein Abschied im McLaren Technology Centre ab?"
Hamilton: "Ja. Ich war jetzt 15 Jahre lang bei diesem Team. Mit meiner Crew arbeite ich ebenfalls schon sechs Jahre zusammen. Es war fantastisch und ich kann mich nicht beschweren. Das Ende ist aber noch nicht erreicht. Ich brauche mich noch nicht verabschieden, weil das erst dann ansteht, wenn es wirklich an der Zeit ist."


Fotos: Lewis Hamilton, Großer Preis von Indien


Frage: "Du übernimmst das Cockpit von Michael Schumacher. Wie fühlt es sich an, in derart große Fußstapfen zu treten?"
Hamilton: "In der Tat: Diese Fußstapfen sind riesig. Für mich ist es eine Ehre, ein Auto zu fahren, das er schon bewegt hat, und für ein Team zu fahren, für das er bereits unterwegs war. Als er noch bei Ferrari war und dort siegte, hätte sich wahrscheinlich jeder gewünscht, an seiner Stelle zu sein. Mir geht es so - aber bei Mercedes."

Hamilton wünscht sich ein normales Rennen

Frage: "Sprechen wir über das Aktuelle: Was hast du dir für den Großen Preis von Indien vorgenommen?"
Hamilton: "Die drei letzten Rennen waren schwierig für uns. Ich hoffe, dem Auto liegt diese Strecke hier etwas mehr. Hoffentlich haben wir während des Rennens keine Probleme, sodass wir einfach nur um Punkte kämpfen und das bestmögliche Ergebnis anstreben können."

Frage: "Dein Rückstand in der Gesamtwertung ist groß. Denkst du, du kannst das noch aufholen?"
Hamilton: "Nun, ich liege 62 Punkte zurück. Ich sehe nicht, dass es einfach wird, diese Lücke zuzufahren. Unmöglich ist es aber nicht. Und ich gebe nur ungern auf. Vor allem, wenn es rein rechnerisch noch eine Chance gibt."

"Ich bin da aber Realist. Und ich fahre ja schon sehr lange Rennen, um zu wissen, dass es sehr, sehr schwierig wird, einen solchen Abstand noch wettzumachen. Vor allem in einer so engen Saisonphase und wo die Jungs an der Spitze doch knapp vor uns liegen. Wir machen trotzdem viel Druck."

Frage: "Für dich geht es wahrscheinlich darum, die Saison auf einem Höhepunkt zu beschließen. Und McLaren hat ja auch noch intakte Chancen in der Herstellerwertung ..."
Hamilton: "Ja, genau. Wir haben noch vier Rennen vor uns, die wir natürlich gern gewinnen würden. Wenn uns das nicht gelingt, wollen wir möglichst viele Punkte abgreifen, um in der Herstellerwertung noch voranzugelangen."

"Falls es klappt, dass Jenson (Button; Anm. d. Red) und ich dem Team den WM-Titel einbringen, dann wäre das ein fantastisches Ende für diese Saison. Es ist aber schwierig, denn andere Leute haben ebenso gut gearbeitet wie wir oder sogar besser."

Frage: "Dein Titelgewinn 2008 liegt nun schon einige Jahre zurück. Ist es schwierig für McLaren, dass sie seither keine ganz großen Erfolge mehr hatten?"
Hamilton: "Ich kann dazu nicht sehr viel sagen. Natürlich wollen wir gewinnen. Die Jungs arbeiten so hart wie möglich, damit das gelingt. Es gibt aber noch so viele weitere Leute im Feld, die überhaupt nichts gewinnen. Es gibt nur drei Teams, die siegen können. Das sind McLaren, Red Bull und Ferrari. Hoffentlich verändert sich das in der Zukunft."

McLaren steht noch immer unter Volldampf

Frage: "Wie siehst du die Situation in der Fahrerwertung? Ist Fernando Alonso noch immer der Favorit oder hat sich das nun gewandelt?"
Hamilton: "Sebastian ist der Favorit, denke ich. Red Bull stellt ihm jedes Jahr ein unglaublich gutes Auto hin. Sie hatten in diesem Jahr zwar manchmal in der Qualifikation zu kämpfen, doch im Rennen hatten sie meist ein großartiges Auto. Sie haben jetzt aber noch einen weiteren Schritt gemacht. Und ich glaube nicht, dass da jemand mithalten kann."

Frage: "Habt ihr beim Großen Preis von Indien einige Updates am Start?"
Hamilton: "Ja. Wir haben ein paar Updates am Start. Ich weiß aber nicht genau, ob wir speziell für das Rennen hier etwas in der Hinterhand haben. Wir bekommen ständig einige Modifizierungen, die wir dann am Freitag ausprobieren."

"Es gibt jedenfalls ein paar Updates, die wir schon hatten und die jetzt besser funktionieren sollten. Die Jungs geben alles. Sie wollen gewinnen. Und wir haben ja auch noch gewisse Chancen. In der Herstellerwertung sieht es besser aus als in der Fahrerwertung. Deshalb legen wir uns ins Zeug."

Frage: "Inwiefern war es da eine bittere Pille, dass du in Suzuka um Platz zehn kämpfen musstest und dein Team den zweiten Platz in der Herstellerwertung an Ferrari abtreten musste?"
Hamilton: "So übel war es nicht. Als Team gewinnen wir und verlieren wir gemeinsam. Wir haben so hart gearbeitet, um zu siegen und Punkte zu holen."

"Durch Pech oder was auch immer sind uns auch ein paar Zähler durch die Lappen gegangen. Dann denkst du: 'Mensch, hätten wir dieses oder jenes Problem nicht gehabt, wir wären da oder dort.' So ist es aber im Leben. Wir müssen jetzt am Ball bleiben und es bis zuletzt versuchen."

Hamilton fühlt sich in Indien wie zuhause

Frage: "Welche Eindrücke hast du von Indien gesammelt? Es ist ein besonderes Land ..."
Hamilton: "Allerdings. Wunderschön. Indien hat eine großartige Kultur und die Menschen hier sind alle so bescheiden. Mir gefällt es hier. Ich scheine prima mit den Leuten auszukommen. Ich passe gut hierher, denke ich."

Frage: "Hast du hier Erfahrungen gemacht, die ganz anders sind als das, was du aus anderen Ländern kennst?"
Hamilton: "So ging es mir bisher jedes Mal, wenn ich hierher kam. Ich bin nun bereits zum siebten Mal hier in Indien. Die Menschen hier entbieten dir ein herzliches Willkommen. Abgesehen von meinem Heimatland ist das hier so toll wie nirgendwo sonst."

Frage: "Und wie schmeckt dir das indische Essen?"
Hamilton: "Ich liebe indisches Essen. Ich bin damit aufgewachsen. Wir hatten immer indisches Essen. Zum Beispiel auch, als wir die Grands Prix angeschaut haben. Es ist ein Teil meines Lebens."

Frage: "Du hast dir ein paar neue Farben für deinen Helm zugelegt. Was kannst du darüber sagen?"
Hamilton: "Ich habe mit meinem Helmdesigner zusammengearbeitet. Ich habe ihm einige meiner Ideen zugesandt und er fertigte Zeichnungen davon an. Danach wurde das Ganze noch etwas aufgepeppt. Es gibt auch ein paar Zeichen, die im Prinzip besagen: 'Wenn du nur an dich selbst glaubst, dann ist alles möglich.' Indien ist ein so farbenfroher Ort. Ich habe daher versucht, möglichst viele unterschiedliche Farben einfließen zu lassen."

Frage: "Man hört, du willst dir ein neues Tattoo zulegen ..."
Hamilton: "Ich bin dabei, ein paar neue Tattoos zu erhalten. Es werden mehrere sein. Ich habe zwar schon ein paar, doch es werden noch ein paar folgen."