Hamilton: Bodenständigkeit trotz aller Erfolge
Nachwuchstalent Lewis Hamilton gilt bereits als kommender Weltmeister, der 21-jährige Brite bleibt jedoch bodenständig - Kraft gibt ihm vor allem die Familie
(Motorsport-Total.com) - Für Lewis Hamilton rückt die Formel 1 immer näher. Durch seine beiden beeindruckenden Siege in den GP2-Rennen in Silverstone bewies der junge Brite erneut seine Fähigkeiten und dominiert die höchste Nachwuchskategorie weiter nach Belieben. Dass er bei weiteren derartigen Leistungen in der kommenden Saison in der Formel 1 am Start stehen wird, bezweifeln nur wenige im Fahrerlager der Königsklasse des Motorsports.

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Lewis Hamilton gilt derzeit als eines der größten Motorsporttalente
Seit vielen Jahren wird der 21-Jährige von McLaren-Mercedes unterstützt und auf seinem Karriereweg in Richtung Formel 1 geführt. Dabei bewies Hamilton nicht erst in der GP2, dass er zu den hoffnungsvollsten Nachwuchstalenten zu zählen ist. Bereits im vergangenen Jahr konnte er beispielsweise die Formel-3-Euroserie dominieren, in der GP2 setzt er seine überlegenen Vorstellungen nun fort.#w1#
Wie groß sind Hamiltons Chancen auf ein "Silberpfeil"-Cockpit?
"In jedem Jahr, wenn man weiter aufsteigt, gibt es bestimmte Dinge, wie man an etwas herangehen und mit dem Team interagieren muss", wird Hamilton von 'The Independent' zitiert. "Man muss immer zunächst lernen, und man muss das so schnell wie möglich tun, um sich die Pace zu erarbeiten. In jedem Jahr analysiert man seine vorherige Saison. Warum ist es gut gelaufen? Wie hast du deine Ziele erreicht? Und dann versucht man, sich anhand dessen weiterzuentwickeln."
Auch am Ende dieser Saison spricht bislang alles für einen weiteren Aufstieg. Mit dem wahrscheinlichen Abgang beider Piloten bei McLaren-Mercedes werden voraussichtlich zwei Cockpits bei den "Silberpfeilen" frei, von denen mit dem amtierenden Weltmeister Fernando Alonso erst eines besetzt ist. Durch seine langjährige Verbindung zum britisch-deutschen Team gilt Hamilton als heißer Kandidat.
Allerdings war McLaren-Mercedes in den vergangenen Jahren dafür bekannt, keinen Formel-1-Neuling ans Steuer ihrer Boliden zu setzen, und Teamchef Ron Dennis scheint sich auch im Fall Hamilton unsicher, ob ein direkter Einstieg bei seinem Team für den 21-Jährigen Sinn machen würde. Alternativen wären eine Verpflichtung als Testpilot oder ein Lehrjahr in einem anderen Team.
Dankbarkeit für die frühe Unterstützung
Früher oder später will Hamilton jedoch auf jeden Fall für "sein" Team Grands Prix bestreiten: "Natürlich ist McLaren das Team, für das ich fahren möchte. Ich bin jetzt seit neun Jahren dort, habe eine gute Beziehung zu Ron, vor allem in den vergangenen paar Jahren", erklärt der Brite. "Ich denke, es ist immer gut, wenn man gewinnt. Ich glaube nicht, dass es viele Leute gibt, die derart leidenschaftliche Racer sind wie er."
Zu Beginn seines Vertrages vor zehn Jahren sei er noch zu jung gewesen, um sich über die ganze Bedeutung der Unterstützung durch McLaren-Mercedes bewusst zu sein, jedoch zeigt er sich inzwischen als äußerst dankbar für das in ihn gesetzte Vertrauen: "Ich wäre heute nicht hier, wenn Ron sich nicht um meine Karriere gekümmert hätte, und ich hoffe einfach, dass ich eines Tages in sein Auto steigen darf und ihm in gewisser Weise etwas zurückgeben kann."
"Das hängt einfach davon ab, ob er mir diese Möglichkeit gibt", fährt er fort. "Er hat gesagt, dass eine Chance besteht, aber dass ich mich zunächst auf den Gewinn der GP2 konzentrieren soll, so wie sie das jedes Jahr von mir gefordert haben, zu dominieren." Dazu ist er derzeit auf dem besten Weg, obwohl er erst in seiner ersten GP2-Saison ist: "In diesem Jahr befinde ich mich in einer wesentlich steileren Lernkurve, nachdem ich mich in meiner ersten GP2-Saison befinde und das tun soll."
Hamilton macht sich selbst am meisten Druck
Dennoch ist Hamilton auf dem besten Weg, es seinem langjährigen Konkurrenten Nico Rosberg gleichzutun und wie der junge Deutsche die GP2 zu gewinnen. Viele trauen auch Hamilton zu, direkt nach diesem Titelgewinn in der Formel 1 direkt konkurrenzfähig mitzufahren, so wie Rosberg dies in der aktuellen Saison bei Williams demonstriert.
Doch trotz seiner zahlreichen bereits eingefahrenen und ihm in der Formel 1 prognostizierten Erfolge ist Hamilton bodenständig geblieben und ist selbst sein größter Kritiker. Den stärksten Druck erfährt er daher nicht etwa durch Sponsoren oder den Wunsch von McLaren-Mercedes, jede Nachwuchsrennserie zu dominieren: "Man kann sich von anderen in den Hintern treten lassen, oder man kann sich selbst antreiben."
"Die Leute fragen mich, woher der meiste Druck kommt: Ist es McLaren? Sind es die Sponsoren? Nein, ich setze mich selbst unter großen Druck. Der Wille zu Siegen ist stark, unglaublich", beschreibt der Brite seinen Ehrgeiz. "Wenn man dann einen Fehler macht, und man weiß, dass man keinen Fehler hätte machen dürfen oder dass man es eigentlich besser kann, dann schmerzt das. Aber dann geht man ein bisschen zurück und verwandelt all diese negative Energie in etwas Positives", philosophiert er.
Professionelle Herangehensweise
Durch seine besonnene und professionelle Herangehensweise hat sich der junge Brite auch in schwierigen und ärgerlichen Momenten gut unter Kontrolle. Erinnert sei in diesem Zusammenhang beispielsweise an das GP2-Rennen in Barcelona, wo Hamiltons Teamkollege Alexandre Premat ihn in einen Dreher schickte und ihm so den Sieg entriss. Anschließend stand Hamilton dennoch lächelnd auf dem Podest, auch wenn er innerlich verständlicherweise aufgebracht war.

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Lewis Hamilton dominiert die GP2 derzeit fast nach Belieben Zoom
"Ich bin auch nur ein Mensch. Ich war natürlich nicht glücklich darüber, das ist klar", beschreibt er und fügt hinzu: "Ich denke, dass ich ein sehr fairer Pilot bin. Niemand mag es, zu verlieren, und natürlich bedeuten Siege alles für mich. Aber mich kümmern keine Niederlagen, wenn dem ein fairer Kampf vorausgeht. Aber wenn es unfair zugeht, dann ist es wesentlich schwerer, damit umzugehen."
"Aber ich denke, der Schlüssel ist, sich professionell zu verhalten, und ich lasse meine Leistungen auf der Strecke sprechen. Es ist wichtig, sich selbst im Griff zu haben und professionell an die Dinge heranzugehen. Man muss immer vorwärts gehen und aus jedem Rennen das Maximum mitnehmen", sinniert er.
Familie gibt Halt und Kraft
Kraft zieht der 21-Jährige dabei vor allem aus seinem familiären Umfeld. Von Beginn an stand seine Familie hinter seiner Karriere. "Ich denke, das Wichtigste ist, dass ich eine fantastische Familie habe, die immer hinter mir stand, mein Vater Anthony, meine Stiefmutter Linda, und mein Bruder Nicholas." Vor allem sein Vater Anthony habe großen Einfluss auf seine Herangehensweise gehabt.
"Ich hatte sehr viel Glück, dass ich die ganze Zeit die Unterstützung meines Vaters hatte. Er ist vor allem mental sehr stark. Er hatte großen Einfluss auf meine mentale Vorbereitung und meine Art zu Denken", meint Hamilton, der mit seinen 21 Jahren bereits erstaunlich professionell auftritt - ähnlich wie Rosberg.
Gerade in schwierigen Situationen hilft Hamilton oftmals sein Bruder Nicholas, der spastisch gelähmt ist: "Nicholas und ich kommen sehr gut miteinander aus, er ist ein großartiges Kind. Er ist nicht nur für mich eine Inspiration, sondern auch für eine Menge anderer Leute", zeigt er sich überzeugt. "Er hat immer ein Lächeln im Gesicht. Er denkt immer positiv, beschwert sich nie darüber, was er hat."
Hautfarbe zieht Aufmerksamkeit auf sich
"Immer wenn ich das Gefühl habe, Probleme zu haben, dann denke ich an ihn, wie viele Probleme er in seinem Leben hat. Er kann nicht die Hälfte der Dinge tun, die ich tun kann, und dennoch ist er immer glücklich. Ich denke, das ist eine starke Botschaft", erzählt er. "Ihn als Bruder zu haben hat sicherlich einen großen Einfluss auf meine Denkweise."
Sollte Hamilton in der kommenden Saison tatsächlich in der Formel 1 an den Start gehen, so würde er wohl nicht nur wegen seines enormen Talents und seiner bisherigen Erfolge viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sondern auch aufgrund seiner Hautfarbe. Jedoch hält der farbige Brite dieses Thema für weniger wichtig: "Das ist eine Geschichte für die Medien", meint er.
"Ich bekomme nicht viel davon mit, dass ich ein Vorreiter sein soll", bleibt er bescheiden. "Ich fühle mich normal, nicht anders als die anderen Piloten, abgesehen von einem gewissen Level an Zuversicht in dem, was ich tue." Wenn seine Hautfarbe jedoch eine Rolle spielen sollte, sieht er dies als positiv: "Wenn überhaupt, dann ist meine Hautfarbe positiv. Hoffentlich kann dies in Zukunft auch Türen für andere Kulturen öffnen", äußert Hamilton abschließend nachdenklich.

