• 07.01.2008 18:18

Hamilton: "Bin noch entschlossener"

Lewis Hamilton plauderte in Stuttgart über seinen noch stärkeren Siegeshunger, über Fernando Alonso und seine WM-Gegner für 2008

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Lewis, die vergangene Saison war eine fantastische für dich, es war ja deine Rookiesaison. Aber hast du dich von der Enttäuschung beim Finale, wo du beide WM-Titel im letzten Rennen verloren hast, inzwischen erholt?"
Lewis Hamilton: "Ich würde nicht sagen, dass es niederschmetternd war, aber es war natürlich schon eine Enttäuschung. Wenn man nichts spüren würde, wäre man kein Mensch. Aber ich habe es überwunden und ich fühle mich mental und physisch noch stärker - was zum Teil mit meinem Training für die neue Saison zusammenhängt. Ich bin nur aufgeregt und wahrscheinlich noch entschlossener als in der Vergangenheit. Vielleicht kommt das durch die Erfahrung, den Titel verloren zu haben."

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton freut sich schon auf das Duell mit seinem neuen Teamkollegen

Frage: "Deine zweite Saison war bisher noch in jeder Rennserie besser als die erste. Erwartest du das auch in der Formel 1 oder glaubst du, dass man hier den Plafond sehr schnell erreicht und dann nur noch langsam vorankommt?"
Hamilton: "Heikki (Kovalainen; Anm. d. Red.) hat gesagt, dass ich mich zurückentwickeln sollte (lacht; Anm. d. Red.)! Diese Freude werde ich ihm aber nicht machen. Ich stimme dem ersten Satz zu. Die Saison sollte besser werden."#w1#

Kein neuer Fahrstil notwendig

Frage: "Bei Ferrari glauben sie, dass die neuen Regeln deinem Fahrstil nicht entgegenkommen, weil du härter mit den Reifen umgehst als andere Fahrer. Musst du deinen Fahrstil umstellen?"
Hamilton: "Ich habe meinen Fahrstil nicht umgestellt, aber wenn man ein Auto fährt und dann die Traktionskontrolle abstellt, dann muss man natürlich eine etwas andere Technik verwenden. Was das Fahren angeht, hat sich aber nicht viel geändert. Ich glaube, es wird für alle Fahrer schwierig. Dass es ein Team härter treffen wird als ein anderes, glaube ich nicht, aber für uns Fahrer bedeutet es mehr Kontrolle. Wir müssen einfach das Beste daraus machen - und die besten Fahrer können das am besten. Ich denke, das wird sich im Saisonverlauf herausstellen."

Frage: "Hast du vergangenes Jahr etwas von Fernando Alonso gelernt? Und wenn ja, was?"
Hamilton: "Ich habe von Fernando viel gelernt, genau wie von jedem anderen Teamkollegen, mit dem ich zusammengearbeitet habe. Ich denke, man lernt außerhalb des Cockpits etwas über die Persönlichkeit, wie sich die Leute präsentieren, und als Fahrer will ich natürlich immer professioneller werden und mich in allen Bereichen verbessern. Und jedes Mal, wenn man mit einem neuen Kollegen arbeitet, lernt man neue Facetten kennen. Man kann dies und das mitnehmen - und weil Fernando erfahrener war als ich, konnte ich natürlich etwas von ihm lernen. Fahrerisch gesehen war er fantastisch. Ich konnte mich dank seiner Hilfe verbessern."

"Ich habe von Fernando viel gelernt." Lewis Hamilton

Frage: "2006 bist du noch ohne Traktionskontrolle GP2 gefahren. Ist das für dich ein Vorteil im Vergleich zu anderen Fahrern, die schon seit ein paar Jahren nur noch mit Traktionskontrolle gefahren sind?"
Hamilton: "Das glaube ich nicht. Alle Fahrer - ob sie nun aus der Formel 3000, der Formel Renault oder der Formel 3 kommen - hatten einmal die gleiche Erfahrung; alle haben die Fähigkeit und das Talent. Wie man beim Testen sehen kann, stellen sich alle sehr rasch ein, was unser Job als Rennfahrer ist. Ich glaube nicht, dass ich einen Vorteil habe, aber man wird sehen, dass einige Fahrer besser damit umgehen können als andere."

Frage: "War das heute das beste Geburtstagsgeschenk, das du je bekommen hast? Und was hältst du von deinem neuen Teamkollegen?"
Hamilton: "Was das Geburtstagsgeschenk angeht: Ich habe noch keinen Vertrag unterschrieben, der besagt, dass ich das Auto behalten darf, also kann ich auch nicht sagen, ob es das beste Geburtstagsgeschenk ist. Aber ich arbeite daran! Was Heikki angeht, so kennen wir uns schon eine Weile. Unsere Freundschaft hat sich über die Jahre gefestigt. Wie man sehen kann, verstehen wir einander sehr gut. Wir sind beide sehr ehrgeizig und wir wollen uns gegenseitig schlagen, aber gleichzeitig treibt uns das dazu an, individuell den bestmöglichen Job zu machen, das Team nach vorne zu bringen und das Rennfahren zu genießen. Unterm Strich sind wir ja genau deswegen in der Formel 1."

Frage: "2007 war ein erfolgreiches Jahr für dich, aber am Saisonbeginn warst du noch die Nummer zwei im Team. Jetzt startest du als Nummer eins. Wie viel Druck bedeutet das und wie viel wird sich an deiner Rolle ändern?"
Hamilton: "Ich glaube nicht, dass ich als erster Fahrer starte. Wie Heikki schon gesagt hat, gehen wir beide davon aus, dass wir gleiche Voraussetzungen vorfinden werden. Natürlich werden wir uns als Teamkollegen gegenseitig antreiben, schließlich wollen wir unterm Strich ja beide Weltmeister werden. Wer auch immer bessere Resultate abliefert, konstanter ist oder mehr gewinnt, wird sich durchsetzen, aber es gibt keine Nummer eins. Man konnte das ja auch am Ende der vergangenen Saison sehen, als ich mehr Punkte hatte, aber wir dennoch gleich behandelt wurden. Da kam es nicht darauf an, dass ich vorne lag. Ich musste genauso hart weiterarbeiten, um vorne zu bleiben."

Kein Problem mit erhöhtem Druck

Frage: "Und wie gehst du mit dem Druck um?"
Hamilton: "Kein Problem, kein Problem."

Frage: "Es ist also viel passiert, beinahe wärst du Weltmeister geworden. Wie sehr hat dich das verändert? Und wie anders fühlt es sich jetzt im Vergleich zur Zeit vor einem Jahr an?"
Hamilton: "Wie du weißt ist es eine steile Lernkurve. Wenn überhaupt, dann bin ich nur gewachsen - als Person und als Fahrer, was natürlich das Ziel ist. Mit all den Erfahrungen - ob sie nun gut oder schlecht sind - lernt man etwas dazu und man entwickelt sich weiter. Dieses Jahr fühle ich mich schon mehr zu Hause, ich habe mehr Selbstvertrauen, bin entspannter und weiß noch genauer, was ich will."

Frage: "Hattest du je das Gefühl, dass alles zu schnell ging, denn es war ja wirklich ein unglaubliches Jahr?"
Hamilton: "Ich lebe mein Leben eben auf der Überholspur. Wir sind Rennfahrer - und sicher ist 2007 und in diesem Jahr bisher alles sehr schnell gegangen. Aber andererseits sieht es vielleicht für die Leute draußen sehr schnell aus, nur muss man auch bedenken, dass ich schon seit 15 Jahren Rennen fahre. Da steckt viel harte Arbeit von mir und meiner Familie über einen sehr langen Zeitraum dahinter. So gesehen war es keine massive Überraschung."

"Ich lebe mein Leben eben auf der Überholspur." Lewis Hamilton

Frage: "Du hast gesagt du willst das Rennfahren 2008 einfach genießen. Entspringt diese Aussage der Tatsache, dass es im Vorjahr viele politische Querelen gegeben hat und dass du deswegen nicht ganz so auf deine Kosten gekommen bist?"
Hamilton: "Ich habe die Saison schon genossen, sehr sogar, auch die Zeit um Weihnachten und Neujahr. Es war das beste Jahr meines Lebens. Ich weiß, dass ich noch besser werden kann - da kommt es auf viele Dinge an -, aber vielleicht wird es weniger Probleme und weniger Politik geben, dann könnte ich die Formel 1 noch mehr genießen."

Frage: "Das letztjährige Auto war auf Fernando Alonso zugeschnitten. Welche Änderungen hast du dir vom Team für den MP4-23 erbeten?"
Hamilton: "Zunächst einmal war das Auto nicht auf Fernando zugeschnitten. Es war eine Evolution des MP4-21, die weit zurückreicht. Das Auto wird jedes Jahr weiterentwickelt und ist immer eine Evolution des Vorjahres. Mein Auto war so, wie ich es haben wollte. Er hatte sein Setup und ich hatte meines. Ich habe nicht den Boss angerufen und gesagt, dass ich das Auto bitteschön so oder so haben möchte. Das Team entwickelt das Auto und versucht, das bestmögliche Auto zu bauen, und dann liegt es an mir, Heikki, Pedro (de la Rosa; Anm. d. Red.) und Gary (Paffett; Anm. d. Red.), Kilometer zu absolvieren, das richtige Feedback zu geben und das Team voranzubringen."

Frage: "Wen schätzt du in Sachen Meisterschaft als deine größten Gegner ein?"
Hamilton: "Genau wie im Vorjahr, aber jetzt ist auch noch Heikki neben mir, der eine tolle Chance hat, neben mir in diesem Team seine wahre Stärke zu zeigen. Ich weiß, dass er voll pushen wird, aber das beruht auf Gegenseitigkeit. Wir sind noch nicht einmal beim ersten Test und sind auch noch nie direkt gegeneinander gefahren - und selbst beim ersten Rennen weiß man ja noch nicht immer, wie sehr man sich gegenseitig pushen wird. Ich habe keinen Zweifel, dass Heikki zu den schnellsten Fahrern gehört, aber es gibt auch noch andere Fahrer. Ob Fernando wieder mitmischen kann, werden wir sehen. Aber generell rechne ich mit den gleichen Gegnern wie vergangenes Jahr, also Räikkönen und Massa. Ich würde mir aber wünschen, dass mehr Teams um die Spitze kämpfen, nicht nur zwei."