Günther Steiner über Haas-Formtief: "Luft ist hier oben dünner"

Teamchef Günther Steiner erklärt, warum die Haas-Performance nach dem starken Saisonstart in der Formel 1 2022 eingebrochen ist und wie er das Problem lösen will

(Motorsport-Total.com) - Die Realität hat das Haas-Team wieder eingeholt: Nach der Pleitensaison 2021 konnte das amerikanische Team zu Saisonbeginn 2022 mit einem guten Auto zurückschlagen und mit Kevin Magnussen beim Saisonauftakt in Bahrain den fünften Platz holen, doch obwohl man schon von Podestplätzen träumte, ging es im weiteren Saisonverlauf wieder rückwärts.

Titel-Bild zur News: Günther Steiner, Simone Resta

Teamchef Günther Steiner und Haas-Technikdirektor Simone Resta im Gespräch Zoom

Aktuell liegt das Team mit 34 Zählern an achter Stelle in der Konstrukteurswertung, jedoch ist man punktgleich mit AlphaTauri auf Platz neun, die in den vergangenen Rennen einen etwas stärkeren Eindruck machten.

Seit Österreich blieb man dabei komplett ohne Punkte, was zeigt, dass Haas im Saisonverlauf im Vergleich zur Konkurrenz zurückgefallen ist. Nur ein Update gab es für Magnussen und Teamkollege Mick Schumacher in der aktuellen Saison, doch auch damit konnte man zumindest ergebnistechnisch keinen Schritt nach vorne erzielen.

Steiner: "Ist bald nicht mehr akzeptabel"

Teamchef Günther Steiner erklärt, warum sein Team trotz des zu Saisonbeginn so guten Autos, nur so wenige Zähler auf dem Konto hat: "Wir waren manchmal zur falschen Zeit am falschen Ort. Ich führe es darauf zurück, dass die letzten zwei Jahre schwierig waren, und man kann nicht von dem Niveau, wo wir waren, plötzlich mit den besten der Welt herausgehen."

"Es wird ein etwas holpriger Weg sein, aber wir müssen ihn irgendwann stabilisieren. Dieser holprige Weg ist aber nicht mehr akzeptabel. Man kann es aber eine Zeit lang machen, um wieder nach oben zu kommen."

"Dieses Jahr ist für uns wie ein zweiter Start, denn im letzten Jahr haben wir uns nicht weiterentwickelt und die Konkurrenzfähigkeit war nicht groß. Wie ich immer sage: 'Je weiter man nach oben kommt, desto dünner wird die Luft.' Desto schwieriger wird es für die Fahrer, für das Team, für alle. Jedes kleine bisschen zählt", so Steiner.

Erwartungen von außen an Haas überzogen?

Zudem deutet der Haas-Teamchef an, dass die Erwartungen von außen überzogen waren, nachdem Magnussen bei seinem Comeback in Bahrain völlig überraschend "Best of the Rest" wurde und in der Anfangsphase des Rennens sogar mit den Mercedes kämpfen konnte.

"Es könnte sein, dass die Leute die Messlatte höher gelegt haben, als sie sein sollte", meint Steiner. "Wir haben in den ersten beiden Rennen einen sehr guten Job gemacht, und jeder dachte, [wir würden ab jetzt immer in die Top acht fahren]."

"Und wenn man ein paar nicht so gute Ergebnisse einfährt, nimmt jeder das Negative und meint, es sei alles schiefgelaufen. Für mich ist es ein schwieriges Publikum hier. Wir haben zehn sehr gute Teams, und man muss gegen alle kämpfen. Man weiß, dass man gegen einige nicht ankommen kann, und einige sind da, um einem die Punkte wegzunehmen."


Ralf Schumacher: Lieber Mick als Hülkenberg!

Ja, Mick hat Fehler gemacht, sagt Ralf Schumacher. Aber jetzt sollte Günther Steiner langsam zuschnappen, bevor es ein anderer tut! Weitere Formel-1-Videos

"In Monza war Williams sehr gut, Nyck hat einen fantastischen Job gemacht. Es ist hart. Wenn man nicht 100 Prozent seines Könnens abruft, wird man keine Punkte mehr holen", so der Haas-Teamchef.

Warum Punkte für Haas immer schwieriger werden

Auf die Frage, warum Haas die ganzen Punkte durch die Lappen gegangen sind, sagt er: "Ich denke einfach, dass die starken Teams jetzt zuverlässig sind. Sie sind immer sehr gut in der Ausführung. Die ersten vier Teams machen ihre Sache sehr gut, und dann sind es die anderen sechs Teams, die sich um Platz neun und zehn streiten."

Während die Top-Teams Red Bull, Ferrari und Mercedes in der Regel die ersten sechs Plätze unter sich ausmachen, kommen dahinter Alpine und McLaren, die von der Performance auch etwas vor den restlichen Teams liegen. Die ersten zehn Plätze und damit die Punkteränge sind daher von Vornherein meist schon belegt.

"Es ist einfach der Wettbewerb", sagt Steiner. "Sie haben es besser gemacht, da gibt es nichts zu verbergen. Was man mitnehmen kann, ist, dass die Budgetbegrenzung funktioniert, weil die Teams so eng beieinander liegen wie nie zuvor."

"Die sechs Teams hinter den vier Teams liegen sehr dicht beieinander. Jeder kann jeden Moment punkten. Wenn jemand ausscheidet, rückt man natürlich ein bisschen weiter nach vorne, aber das zeigt, dass alles funktioniert. Ich denke, in ein paar Jahren wird es noch enger werden, und dann werden alle noch mehr mitmischen."

Steiner will Personal bei Haas aufstocken

Zu große Veränderungen will Steiner bei Haas jedoch nicht durchführen, was Personalien im Team betrifft, um die Konkurrenzfähigkeit zu erhöhen: "Wir müssen nur darüber nachdenken, wie wir alles ein wenig detaillierter angehen. Ich glaube nicht, dass es nötig ist, dass wir viel Personal austauschen oder so."

"Wir müssen vielleicht ein bisschen was hinzufügen. Aber im Moment geht es darum, das Vertrauen zurückzugewinnen, dass wir immer auf diesem Niveau spielen können", sagt Steiner.

"Aber das sind Dinge, die man lernt. Das Wichtigste ist, den Fehler nicht ein zweites Mal zu machen. Wenn man einmal einen Fehler macht, kann man ihn beheben, beim zweiten Mal ist er nicht mehr gut. Beim dritten Mal ist man meiner Meinung nach ein Idiot."


So sieht eine Formel-1-Fabrik von innen aus!

Inside AlphaTauri: Noch nie eine Formel-1-Fabrik backstage gesehen? Dann kommt jetzt mit auf eine Werkstour mit Teamchef Franz Tost! Weitere Formel-1-Videos

Haas strebt trotz Formtief P7 in der Teamwertung an

Neben dem Haas-Team allgemein ist es auch um Kevin Magnussen ruhig geworden. Der Däne nutzte zu Saisonbeginn seine Erfahrung aus, um mit dem guten Auto einige Punkte zu holen, doch zuletzt geriet er immer mehr ins Hintertreffen von Mick Schumacher.

"Es ist schwierig, weil wir im Moment ein bisschen kämpfen, die Punkte zu holen", sagt er. "Auch wenn nicht so viele Punkte zwischen uns Teams liegen, ist es schwer, diese Punkte zu holen und die anderen Teams zu schlagen."

"Wir werden aber eine Chance haben, und ich denke, wir fahren jetzt auf Strecken, die uns besser liegen sollten. Wir waren die meiste Zeit des Jahres auf P7 in der Konstrukteurswertung und das wäre eine großartige Position, um nach einigen Saisons, in denen Haas das letzte Team in der Konstrukteursmeisterschaft war, ein paar Plätze gut zu machen. Das werden wir also versuchen."

Auf dem siebten Platz, den aktuell Aston Martin belegt, fehlen Haas elf Punkte. Zu Alfa Romeo auf Rang sechs sind es auch nur 18, weshalb ein Überraschungsergebnis in den letzten vier Rennen zu großen Veränderungen in der Rangliste führen kann.


Fotos: Haas, F1: Grand Prix von Japan (Suzuka) 2022


Darauf hofft auch Haas-Teamchef Steiner: "Ganz genau. Hoffentlich sind wir die Glücklichen, die in einem Rennen Vierter oder Fünfter werden. Wir haben noch vier Rennen vor uns, in denen es sehr spannend sein wird."