• 25.03.2011 19:24

Glock: "Habe mich immer an Lotus gemessen"

Marussia-Virgin-Fahrer Timo Glock spricht vor dem ersten Rennen des Jahres über seine Aussichten für 2011 und die Situation seines Rennstalls

(Motorsport-Total.com/SID) - Bei Toyota kämpfte er sogar schon um Siege, bei Formel-1-Neuling Marussia-Virgin gelten für Timo Glock jedoch andere Voraussetzungen. 2010 musste der deutsche Rennfahrer in erster Linie einiges an Aufbauarbeit leisten, 2011 soll er den Rennstall näher an das Mittelfeld heranführen. Im Interview erläutert Glock, welche positiven Ansätze er aus dem vergangenen Jahr mitnimmt und wie er sich die neue Formel-1-Saison vorstellt. Der 29-Jährige hofft auf einige Fortschritte bei Marussia-Virgin.

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Timo Glock bestreitet in diesem Jahr seine zweite Formel-1-Saison für Marussia-Virgin

Frage: "Während der Saisonvorbereitung gab es für dich eine kleine Komplikation. Wie viel leichter fühlt man sich jetzt ohne Blinddarm?"
Timo Glock: "Nicht viel leichter. Ich habe ungefähr das gleiche Gewicht wie vorher, so schwer war er offenbar nicht."

Frage: "Hat dich die plötzliche Blinddarm-Operation in der Vorbereitung sehr zurückgeworfen?"
Glock: "Ja, ein bisschen schon. Natürlich ist es nicht optimal, wenn du nicht so trainieren kannst, wie du es sonst immer machst. Es war aber immer noch besser als in der Mitte des Jahres."

Frage: "Fehlt körperlich etwas die Fitness, vielleicht auch ein bisschen Gefühl für das neue Auto, dadurch dass du beim letzten Test in Barcelona nicht mehr dabei warst?"
Glock: "Das sollte kein Problem sein. Körperlich war ich vorher gut vorbereitet."

"Natürlich wirft dich so etwas ein bisschen zurück, aber ich glaube nicht, dass es so extrem sein wird, dass es mich irgendwie benachteiligt. Wenn man natürlich so wenige Tests hat, ist es schon ein kleiner Nachteil, nicht die volle Zeit nutzen zu können - auch mit Blick auf die neuen Reifen."

Frage: "Wo steht Virgin vor dem Start der neuen Saison?"
Glock: "Ich glaube, wir stehen besser da als im vergangenen Jahr. Wir fuhren bei den Tests viele Runden, mehr als einige Topteams oder Lotus. Damit bin ich ganz zufrieden."¿pbvin|512|3539|inside|0|1pb¿

Marussia-Virgin setzt weiterhin nur auf CFD

Frage: "Du kamst im vergangenen Jahr von einem gut finanzierten Werksteam zu einem Formel-1-Neuling. Es gab einige Anlaufschwierigkeiten, das Jahr verlief insgesamt nicht so, wie du dir das vorgestellt hattest. Wie schwierig war diese Saison?"
Glock: "Es ist natürlich nicht einfach, vor allem mit einem so schlechten Anfang, als gar nichts ging."

"Es war mir aber klar, dass wir nicht um Siege mitfahren und dass es ein schwieriges erstes Jahr wird. Deswegen muss man schauen, dass wir uns übers Jahr deutlich verbessert und auch einige Dinge umgestellt haben. Einige neue Dinge hatten wir schon beim Pirelli-Reifentest direkt nach Saisonende in Abu Dhabi probiert."

"Es ist schwierig, so ein Jahr hinter sich zu bringen. Das muss man einfach abhaken." Timo Glock

"Das hat uns in eine bessere Ausgangsposition für dieses Jahr gebracht. Es ist schwierig, so ein Jahr hinter sich zu bringen. Das muss man einfach abhaken. Ich habe mich auf mich konzentriert und versucht, mit den Möglichkeiten, die ich hatte, die beste Leistung zu bringen. Und das habe ich hinbekommen."

Frage: "Das Team hält ja an dem Ansatz fest, das Auto komplett am Computer zu entwickeln. Einige halten das für einen innovativen Ansatz, andere halten es - vorsichtig ausgedrückt - für sehr mutig. Nach der Erfahrung von einem Jahr: Glaubst du, dass man so die Ziele erreichen kann, die man erreichen möchte, oder muss man sich irgendwann doch dem klassischen Rennautobau öffnen?"
Glock: "Im Moment glaube ich, dass das funktioniert."

"Die Updates, die gekommen sind, haben funktioniert. Auch andere Teams gehen immer mehr den Weg in Richtung CFD, können aber dazu ihr Auto auch in den Windkanal stellen. In meinen Augen ist beides möglich. Beides sind Werkzeuge, wie man ein Formel-1-Auto bauen kann. Du brauchst halt dementsprechend Leute mit viel Erfahrung, die das Ganze umsetzen können."

Glock orientiert sich an seinen direkten Gegnern

Frage: "Erfahrung war auch der Grund, warum das Team im vergangenen Jahr auf dich gesetzt hat und du auch in diesem Jahr wieder die Konstante bist. Du bekommst einen neuen Teamkollegen. Ist es eine zusätzliche Bürde, dass bei den Fahrern die Entwicklungsarbeit allein auf deinen Schultern liegt?"
Glock: "Das freut mich. Ich glaube, das hat im vergangenen Jahr sehr gut funktioniert."

"Wir haben uns gut verstanden. Ich hatte die Möglichkeit, offen zu sagen, was ich denke und wo wir uns verbessern müssen. Wir haben einen guten Weg gefunden - und deshalb habe ich auch meinen Spaß mit den Leuten. Jetzt müssen nur noch Ergebnisse her."

"Meine Aufgabe lag darin, diese drei, vier Zehntel zu überdecken." Timo Glock

Frage: "Mit einem Auto, das nicht konkurrenzfähig ist, um vorne mitzufahren, muss man sich andere Vergleichsmöglichkeiten suchen. Was war dabei für wichtiger dich: Der Vergleich zu den anderen Neulingen oder die Tatsache, dass du deinen Teamkollegen so deutlich dominiert hast wie sonst im Fahrerfeld nur Robert Kubica bei Renault Witali Petrow?"
Glock: "Das war ein Punkt. Und ich habe mich immer an Lotus gemessen."


Fotos: Timo Glock, Großer Preis von Australien


"Das war meine Herausforderung. Die habe ich immer vor uns gesehen. Drei bis vier Zehntel waren die immer schneller. Meine Aufgabe lag darin, diese drei, vier Zehntel zu überdecken oder aus mir herauszuholen. Das habe ich öfter geschafft. Meinen Teamkollegen zu schlagen, war natürlich auch ein Punkt, an dem ich mich messen konnte. Aber mein Hauptaugenmerk hatte ich immer auf Lotus gerichtet."

Das Ziel ist die zweite Einheit der Qualifikation

Frage: "Wie sehen jetzt die Ziele für 2011 aus?"
Glock: "Die Ziele sind, einen Schritt nach vorne zu machen und näher an die Mittelfeld-Teams heranzukommen. Wie weit wir davon weg sind, ist nach den Tests noch ziemlich schwierig zu beurteilen. Ich würde aber sagen, da fehlt schon noch ein kleiner Schritt. Für uns ist die zweite Qualifyingrunde ein Ziel, und bei den ersten Rennen starke Ergebnisse einzufahren, weil wir da vielleicht auf Ausfälle hoffen können."

Frage: "Ist es für die kleinen Teams eine Chance, dass die neuen Reifen stark abbauen und es während der Rennen starke Unterschiede und Verschiebungen geben könnte?"
Glock: "Das könnte ganz interessant werden. Ich baue aber eher auf die technischen Probleme, die einige Teams noch hatten."

"Ich glaube, wenn du den ersten WM-Titel eingefahren hast, dann geht es immer einfacher." Timo Glock

Frage: "2010 hast du die hessische Meisterschaft ziemlich deutlich verloren, Sebastian Vettel ist Weltmeister geworden. Gönnst du ihm den Erfolg?"
Glock: "Ja klar. Er ist verdient Weltmeister geworden. Ich glaube, er hätte es etwas einfacher haben können, aber 'hätte, wäre, wenn' ist im Rennsport nicht wirklich vorauszusagen. Zum Ende hin hat er aber alles richtig gemacht."

Frage: "Traust du ihm zu, dass er diesen Erfolg in diesem Jahr wiederholt oder es sich vielleicht sogar ein bisschen einfacher macht?"
Glock: "Absolut. Ich glaube, wenn du den ersten WM-Titel eingefahren hast, dann geht es immer einfacher. Das hat die Vergangenheit oft gezeigt. Das Auto muss halt stimmen, und ich glaube, das passt im Moment. Deshalb sehe ich keinen Grund, wieso er das nicht wiederholen sollte."

Frage: "Wie schätzt du die Chancen von Michael Schumacher ein, in diesem Jahr weiter vorne mitzufahren?"
Glock: "Wenn er ein Auto hat, das vorne reinfahren kann, gibt es keinen Grund, warum er nicht wieder ganz vorne mitfahren sollte."