• 28.08.2006 10:43

  • von Inga Stracke

Glock: "Einen Handschlag sollte man nicht überbewerten"

Der GP2-Pilot im 'F1Total.com'-Interview über seine Saison, seine Zukunftspläne und die Gerüchte um einen Vertrag in der Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Wie ist das GP2-Rennen für dich gelaufen?"
Timo Glock: "Es war definitiv sehr heiß, wobei es gestern noch ein bisschen heißer gewesen ist. Das Rennen war ganz in Ordnung. Ich war lange Zeit über Dritter bis dann Hamilton an mir vorbeigekommen ist. Uns hat es einfach ein bisschen an der Geschwindigkeit gefehlt. Er ist doch relativ schnell zu mir aufgeschlossen, ich habe versucht, mich auf der Geraden in seinem Windschatten zu halten, bin aber nicht einmal mitgekommen."

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Timo Glock will sich einen Platz in der Formel 1 mit guten Leistungen verdienen

"Wir wissen nicht, was los gewesen ist. Das Team schaut, ob vielleicht der Motor etwas nachgelassen hat. Es war einfach zu viel, uns haben knapp acht Stundenkilometer auf der Geraden gefehlt. Da kann ich mich lange wehren. Das habe ich zwar auch getan, und es war meiner Meinung nach auch ein guter Zweikampf mit Hamilton und mit Piquet. Ich habe mich solange wie möglich gewehrt, aber schlussendlich sind sie dann doch vorbei."#w1#

"Er war schon verdammt schnell, das muss man sagen. Es ist schon komisch, wenn man wie er am Samstag eine, sagen wir, durchschnittliche Geschwindigkeit hat und er dann am Sonntag solch ein Feuerwerk abbrennt. Das ist schon etwas komisch, dass man von heute auf morgen so ein Ding raushauen kann."

Frage: "Wie läuft es sonst für dich in dieser Saison?"
Glock: "Nach Silverstone, als wir das Team gewechselt haben, läuft es um 100 Prozent besser. Seitdem haben wir konstant Punkte geholt und auf dem Podium gestanden. Definitiv war dies der richtige Schritt. Am Anfang hatten wir das Problem, dass sich das BCN-Team nicht richtig auf die Saison vorbereitet hatte. Sie hatten keine gute Basis-Arbeit geleistet, das Auto stand mehr als es gefahren ist."

"Irgendwann haben wir dann gesagt, dass es so nicht weitergehen kann. Wir hatten dann die Chance, für iSport zu fahren, mit denen wir eigentlich von Anfang an des Jahres fahren wollten. Nur war dort Gommendy eine Woche früher da als ich und hatte angeblich einen großen Sponsor dabei. Der war dann Mitte der Saison anscheinend doch nicht mehr so groß und dadurch haben wir dann die Chance bekommen."

Frage: "Gefällt dir die GP2?"
Glock: "Ja, auf jeden Fall. Das Rennen hat es heute wieder gezeigt. Viele sagen sogar, dass das Formel-1-Rennen dagegen langweilig werden wird. Die Serie war schon im vergangenen Jahr mit Rosberg, Kovalainen und Speed gut, die auch den Sprung in die Formel 1 gemacht haben. Die Serie ist gut und auf dem aufsteigenden Ast. Und ich glaube auch, dass man in ihr fahren sollte, um den Sprung in die Formel 1 zu schaffen."

Frage: "Es ist also die 'Fütter-Serie' für die Formel 1, so wie das auch gedacht war?"
Glock: "Ja, sie ist definitiv besser als die Vorgängerin Formel 3000. Da sind die Tore zugegangen und niemand hat zugeschaut. Heute weiß ich, dass die Ingenieure alles stehen und liegen lassen und zuschauen und sich auch die Teamchefs das Rennen anschauen. Das zeigt, dass die Rennserie anerkannt ist."

Frage: "Was glaubst du, woran liegt das?"
Glock: "Die Rennen sind einfach spannend und die Autos sind auf einem guten Niveau. Wir sind nur sechs bis sieben Sekunden langsamer als die Formel 1. Es sind ziemlich viele gute Fahrer dabei und die Rennen sind einfach spannend. Jene Fahrer, wie Rosberg und Kovalainen, die in die Formel 1 gekommen sind, zeigen einfach, dass sie stark sind und gute Arbeit leisten können."

Frage: "Kommst du manchmal in das Fahrerlager der Formel 1 oder bleibst du hier in deiner Welt?"
Glock: "Ich versuche mich meistens auf das zu konzentrieren, was ich mache. Aus diesem Grund bin ich meistens hier im GP2-Fahrerlager. Ich bin die meiste Zeit über mit meinen Ingenieuren und meinen Mechanikern zusammen. Natürlich habe ich auch die Chance, mal rüber zu gehen, ich kenne den Norbert Haug und den Mario Theissen ganz gut, Leute von Midland, ehemals Jordan, da hat man doch immer mal wieder eine Chance. Aber ich versuche immer, dort zu bleiben, wo meine Aufgabe ist. Und das ist das GP2-Fahrerlager."

Frage: "Aber dein Ziel ist weiterhin die Formel 1? Es wurde ja berichtet, dass du als Testfahrer zu Williams gehst?"
Glock: "Natürlich, die Gerüchte sind immer groß, vor allem, da der Jonathan Williams mit dem Team iSport verbunden ist. Er ist Mitbesitzer des Teams und dadurch natürlich auch oft hier und hat dadurch natürlich auch den Kontakt zu Williams."

"Wenn man mal einem die Hand gibt, wie dem Norbert Haug oder dem Mario Theissen, dann sollte man dies nicht überbewerten. Daraus sollte man dann nicht interpretieren, dass der Glock bereits einen Vertrag in der Formel 1 unterschrieben hat, weil er einen riesigen Sponsor hinter sich stehen hat. Soweit sind wir noch lange nicht."

"Fakt ist, dass meine Leistung mit Sicherheit aufgefallen ist. Ich hoffe natürlich, dass ich durch meine Leistung in die Formel 1 kommen kann. Aber natürlich werden solche Gerüchte gemacht, dann heißt es, die 'Deutsche Post' steigt in die Formel 1. Das ist aber weit gefehlt, das wird nicht passieren."

"Ich fahre kein gelbes Auto, habe nur einen gelben Frontflügel. Aber die 'Speed Academy' hat ebenfalls ein gelbes Logo. Deswegen sollte man dies nicht alles überbewerten. Aber wie gesagt, die Kontakte sind da, das kann ich nicht abstreiten."

Frage: "Du bist ja auch in der GP2, um wieder in die Formel 1 zu kommen?"
Glock: "Ja klar, mein Ziel ist es, wieder in die Formel 1 zu kommen. Aber ich möchte durch Leistung auffallen und ich glaube, dass ich dies in den letzten paar Rennen auch ganz gut hinbekommen habe. Deswegen hoffe ich, dass die Chance dann auch irgendwann einmal kommt."

Frage: "Was hat dir das Jahr in Amerika gebracht?"
Glock: "Ich habe einfach viel gelernt, ich war dort auf mich alleine gestellt. Mein Vermarkter Hans-Bernd Kamps ist ein guter Freund von mir, der mich schon seit vielen Jahren unterstützt. Ohne ihn hätte es auch nicht geklappt, dorthin zu kommen, wo ich jetzt bin. Er hat relativ viel in Europa zu tun und ist aus diesem Grund nicht immer bei den Rennen dabei gewesen. Ich war dort also häufig selbst auf mich gestellt, was mir gut getan hat, was mir Selbsterfahrung verliehen hat."

"Ich habe in den Rennen, die in Amerika zwei Stunden lang sind, viel Erfahrung sammeln können, was die Strategie angeht. Ich hatte teilweise ein Rennen, wo ich am Anfang eine Runde zurücklag und nach 60 Runden lagen wir plötzlich wieder auf den dritten Rang. Er war also immer alles möglich. Dies zeichnet mich vielleicht auch aus, weil ich nie aufgebe."

"Wenn ich im Rennauto setze, dann gebe ich immer 110 Prozent. Auch wenn ich eine Runde zurück liege, gebe ich nicht auf. Das hat mich in Amerika glaube ich geprägt. Wir haben aber festgestellt, dass die GP2 der bessere Weg ist, um in die Formel 1 zurückzukehren."

"Vielleicht schaue ich aber auch wieder nach Amerika, wenn es mit der Formel 1 nichts wird, speziell wenn es dort kommendes Jahr das neue Auto gibt. Da muss man mal abwarten, wie das einschlägt. Das ist mit Sicherheit eine Option, da habe ich immer noch ein Auge drauf."

Frage: "Deine Kontakte in die Formel 1 scheinen ja nicht schlecht zu sein, da hast du einigen etwas voraus..."
Glock: "Es ist immer wichtig, Kontakte zu haben. Kontakte schaden nur, wenn du keine hast, sagt man ja immer. Ich versuche natürlich, mich immer blicken zu lassen. Das funktioniert ganz gut. Wie gesagt, ich kenne den Norbert Haug durch die Formel-3-Zeit damals, den Herrn Theissen kenne ich über die Formel BMW ADAC und beide über die Formel 1 2004. Deswegen ist es ganz gut, wenn man die Kontakte hat, aber die Leistung muss natürlich auch stimmen, die Leute müssen aufmerksam darauf werden. Das ist das Hauptthema."

Frage: "Was hast du während deiner Formel-1-Saison gelernt, wo kannst du sagen, dass du einen Vorteil gegenüber jemandem hast, der noch nicht in der Formel 1 war?"
Glock: "Ich glaube, dass ich die Arbeitsweise gut kennen gelernt habe. Ich hatte natürlich mit dem Nick Heidfeld ein gutes Beispiel, der extrem konzentriert gearbeitet hat. Am Anfang war es für mich schwierig, Fuß zu fassen und mit den ganzen Themen in der Formel 1 zurechtzukommen. In den ersten zwei oder drei Rennen haben wir recht schnell festgestellt, dass es ein knochenharter Job ist."

"Und wenn du vorne dabei sein willst, dann musst du 24 Stunden dafür arbeiten. Das ist das Thema, von dem ich weiß, und auf das ich mich vorbereitet habe. Sollte es wieder aktuell werden, werde ich alles geben, um wieder ganz vorne dabei zu sein. Diese Erfahrung habe ich 2004 mitgenommen und da bin ich vielleicht dem einen oder anderen voraus."

"Aber irgendwo wissen alle Rennfahrer, dass sie 100 Prozent geben müssen. Aber die Formel 1 ist noch mal ein Schritt, da muss man wirklich 24 Stunden am Tag arbeiten. Man sieht es an Michael Schumacher oder Fernando Alonso, die wirklich selbst verdammt hart an sich arbeiten und deshalb so erfolgreich sind."

Frage: "Jetzt gibt es schon sieben Fahrer, die in der Formel 1 ihre Runden drehen, wenn du dann noch dazu kommst, dann wären es acht. Dann wären die Deutschen definitiv in der Überzahl..."
Glock: "Dann könnten wir vielleicht sogar langsam eine interne deutsche Meisterschaft austragen... Aber man muss man abwarten."

Frage: "Es gab ja auch Zeiten, da waren unheimlich viele Engländer dabei, ist dies jetzt die Zeit der Deutschen?"
Glock: "Ich glaube einfach, dass Michael Schumacher damals einen riesigen Boom ausgelöst hat. In Deutschland sieht man auch im Fernsehen extrem viel über die Formel 1. Sie wird extrem gut vermarktet und deshalb glaube ich, dass den jungen Fahrern mehr Möglichkeiten geboten werden."

"Aber das macht es mit Sicherheit nicht viel einfacher, wenn auf einmal sieben Deutsche da sind. Irgendwann werden sie auch sagen, dass wir ein paar Italiener brauchen oder irgendetwas anderes (lacht). Ich arbeite hart an mir, ich kann nicht mehr geben als 100 Prozent und der Rest ergibt sich."

Frage: "Es soll ja in Zukunft keine Testfahrten mehr am Freitag geben, das wäre natürlich schade, oder?"
Glock: "Ich fände es speziell für die Zuschauer schade. Es würde glaube ich der Formel 1 schaden, wenn am Freitag überhaupt keine Autos mehr fahren. Man sollte es sich schon noch einmal genau überlegen, was man da macht. Wenn die Formel 1 nicht mehr fährt, was fährt denn dann am Freitag? Dann kann es natürlich sein, dass die GP2 noch mehr in den Mittelpunkt rückt..."

"Sie werden sich schon überlegt haben, was sie da alles im Reglement ändern. Es ist vielleicht aber auch zu konfus, dass man in jedem Jahr etwas ändert, speziell für den Zuschauer. Man sollte vielleicht eher auf das zurückgehen, was man vor zehn oder 15 Jahren hatte, denn da war die Formel 1 wirklich verdammt spannend."

"Da gab es auch viele Autos, die gefahren sind. Klar wollen die Hersteller ihre Technik verkaufen, aber man sollte vielleicht das eine oder andere Aerodynamik-Teil an den Autos entfernen, dann würden die Rennen deutlich spannender werden.

Frage: "Wie geht es bei dir jetzt weiter?"
Glock: "Ich hoffe, dass wir für Monza noch ein wenig Speed finden werden. Wir werden jetzt den Motor einmal überprüfen lassen, sodass wir in Monza vielleicht noch den dritten Platz in der GP2 erreichen können. Das wäre natürlich optimal aber es wird schwierig. Ansonsten müssen wir einmal schauen, was sich danach ergibt. Ich werde mich mit Sicherheit vorbereiten, sollte ich die Chance erhalten, einen Formel-1-Test zu fahren."