Gillan: "Bruno wurde von Vettel getroffen"
Williams-Chefingenieur Mark Gillan schildert seine Eindrücke vom Grand Prix von Brasilien und beurteilt die Leistung des Teams in der Saison 2012
(Motorsport-Total.com) - Für Willams war das Saisonfinale 2012 eine Enttäuschung. Nach zwei Runden des Grand Prix von Brasilien waren sowohl Bruno Senna als auch Pastor Maldonado unfallbedingt zum Zuschauen verdammt. Im Falle von Senna wäre im Zuge der Kollision in Kurve vier der ersten Runde um ein Haar auch das Rennen des späteren Weltmeisters Sebastian Vettel (Red Bull) zu Ende gewesen.

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Mark Gillan hat seine eigene Sichtweise auf die Vorkommnisse in Sao Paulo
Im Interview spricht Chefingenieur Mark Gillan über das frühe Aus der beiden Williams-Piloten, über die Erkenntnisse im Verlauf des Brasilien-Wochenendes, über die Strafe für Maldonado im Anschluss an das Qualifying, über die Performance des Teams im Saisonverlauf und über den Entwicklungsstand des 2013er-Autos.
Frage: "Mark, der Grand Prix von Brasilien war für beide Williams-Piloten früh gelaufen. Was glaubst du, welches Ergebnis anhand der Eindrücke aus den Freien Trainings und dem Qualifying unter normalen Umständen im Rennen möglich gewesen wäre?"
Mark Gillan: "Unser Ziel war, beide Autos in die Punkteränge zu bringen. Pastor und Bruno hatten beide einen hervorragenden Start. Bruno fuhr in der ersten Kurve schon in den Top 10. Pastor lag nach einer Runde auf Platz acht. Leider war das Rennen für beide aufgrund nachhaltiger Beschädigungen ihrer Fahrzeuge früh beendet. Bruno wurde in Kurve vier der ersten Runde von Vettel getroffen und Pastor verlor den Wagen in Runde zwei am Ausgang von Kurve drei, nachdem er in einer Runde acht Positionen gewonnen hatte. In einem derart spannenden Rennen beide Autos so früh zu verlieren, war enttäuschend."
Frage: "Pirelli brachte erneut die Mischungen Medium und Hard an die Strecke. Wie verhielten sich die Reifen während der Trainingssitzungen?"
Gillan: "Bei den extrem hohen Temperaturen im Bereich von über 50 Grad am Freitag registrierten wir bei beiden Mischungen hohe Verschleißerscheinungen, die durch die Hitze bedingt waren. Dies war das größere Problem als der eigentliche Abbau der Reifen, der in der Lebensdauer begründet liegt."
Frage: "Welche Erkenntnisse nimmt das Team aus den Runden mit dem Pirelli-Prototypen für die Saison 2013 mit?"
Gillan: "In Bezug auf die Hard-Mischung erkannten wir einige interessante Unterschiede zwischen dem Prototyp für 2013 und der entsprechenden Konstruktion des Jahres 2012. Angesichts der am Freitag vorherrschenden höchsten Streckentemperaturen im gesamten Saisonverlauf sind die Ergebnisse aber mit Vorsicht zu genießen."
Frage: "Pastor Maldonado verpasste am Samstag in Q2 die Aufforderung zum Wiegen und kassierte dafür eine Verwarnung, die letztlich in einer Rückversetzung in der Startaufstellung um zehn Plätze mündete. Was sagst du zu diesem Vorfall?"
Gillan: "Pastor hat einfach die Ampel übersehen und nicht damit gerechnet, mitten in Q2 zum Wiegen beordert zu werden. Es ist Fakt, dass er die rote Ampel überfahren hat. So gesehen war die Verwarnung unvermeidbar. Da es seine dritte Verwarnung war, ließ sich auch die Rückversetzung um zehn Positionen nicht vermeiden. Das Team hat die Strafe akzeptiert."
Frage: "Wie beurteilst du die Performance des FW34 jetzt, da die Saison 2012 beendet ist?"
Gillan: "Wir sind mit der Performance des Autos in dieser Saison zufrieden. Der FW34 ist im Vergleich zum FW33 ganz klar ein Schritt nach vorn. Die abgelaufene Saison war eine der am härtesten umkämpften überhaupt. Das Entwicklungstempo war sehr hoch und der Wettbewerb war sehr hart. Von der reinen Performance her dürften die Teams ihre Autos seit Saisonbeginn um mehr als eine Sekunde pro Runde verbessert haben. Den eigentlichen Unterschied machten in diesem Jahr aber das Verständnis der Reifen und die Optimierung der Fahrzeugbalance im Hinblick auf die Reifen aus. Das galt sowohl für die Qualifyings als auch für die Rennen selbst."
Frage: "Wie beurteilst du die Leistungen der drei Williams-Piloten in diesem Jahr?"
Gillan: "Die Arbeit mit unseren drei Fahrern (Maldonado, Senna und Valtteri Bottas; Anm. d. Red.) hat Spaß gemacht. Als Team hatten wir ganz sicher unsere Höhen und Tiefen, aber jeder Fahrer hat dem Team etwas gebracht. Das detaillierte Feedback und die Interaktion zwischen dem Rennteam und den Mitarbeitern in der Fabrik stellte sich als äußerst nutzbringend heraus."
Frage: "Wie würdest du die Herausforderungen des bevorstehenden Winters beschreiben und in welchem Entwicklungsstadium befindet sich das Auto für 2013?"
Gillan: "Im Hinblick auf die Saison 2013 wollen wir in allen Bereichen des Teams Verbesserungen sehen. Aus den Fehlern und Erfolgen der Saison 2012 müssen wir lernen und sicherstellen, dass alles was wir tun, so effizient wie möglich gestaltet wird. Sowohl beim Entwurf des Autos für 2013 als auch bei der Erstproduktion der Großbauteile liegen wir derzeit im Soll."

