• 22.07.2001 14:51

  • von Marcus Kollmann

Gibt Ferrari für Hockenheim mehr Motorenpower frei?

Obwohl bislang nicht offiziell bestätigt, könnte die Scuderia eine Ausbaustufe des 050 Aggregats in Hockenheim einsetzen

(Motorsport-Total.com) - Schaut man sich nicht nur einmal den WM-Stand an, sondern vergleicht auch die Zuverlässigkeitsrate von McLaren und Ferrari, so fällt auf, dass das Team aus Maranello auch in dieser Kategorie derzeit unangefochtener Spitzenreiter ist. Untermauert wird dies von den nüchternen Fakten. So hielten die Silberpfeile von Häkkinen und Coulthard in dieser Saison bislang sieben Mal auf Grund technischen Defekts nicht bis ins Ziel durch, während Schumacher und Barrichello jeweils nur einem technischen Problem zum Opfer fielen und den jeweiligen Grand Prix nicht beenden konnten. Im letzten Jahr kamen übrigens beide Teams auf jeweils vier verpasste Zielankünfte bedingt durch technische Defekte bei 17 Grand Prix. In der Saison 1999 hatten die Silberpfeile insgesamt acht technisch bedingte Ausfälle gegenüber zwei bei Ferrari zu beklagen.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher (Scuderia Ferrari)

Treibt Schumacher und Barrichello in Hockenheim der 050B im Heck an?

Nun stellt sich die Frage, was hat dies mit der möglicherweise von Ferrari geplanten Benutzung einer Ausbauversion des Motors vom Typ 050 in Hockenheim zu tun? Ganz einfach, bislang verzichtete die Scuderia auf den Einsatz eines leistungsstärkeren Motors in den Rennen, da man so nicht die hart erarbeitete hohe Zuverlässigkeitsrate aufs Spiel setzen wollte.

Nachdem man bereits in Kanada einen benzinsparenderen Motor einsetzte, am Ende gegen den BMW-Williams von Ralf Schumacher trotzdem das Nachsehen hatte, scheint es so, als ob man rechtzeitig zum zweiten Heim-Grand-Prix von Michael Schumacher ein paar PS mehr zur Verfügung stellen wird. Die Testfahrten letzte Woche in Monza benutzte das Team zumindest auch zu einem Dauertest der neuen Ausbaustufe 050B, welche in einer simulierten Grand-Prix-Distanz gut funktionierte, wie Rubens Barrichello im Nachhinein befand: "Ich denke, dass wir diesen Motor im Rennen in Hockenheim verwenden können, wo Höchstgeschwindigkeit sehr wichtig ist", hatte der Brasilianer gegenüber englischen und italienischen Medien am Rande der Testfahrten durchblicken lassen, dass die Ausbaustufe von ihm jedenfalls grünes Licht zu einem Renneinsatz erhält.

Neben dem optimierten "Durst" des Motors, was Ferrari mit einer ungewöhnlichen Ein-Stopp-Strategie in Silverstone zuletzt unter Beweis stellte, hat man nun anscheinend auch die Standfestigkeit des Aggregats so weit hinbekommen, dass man einen Einsatz im Rennen wagen kann. Allerdings dürfte diese Entscheidung erst kommendes Wochenende fallen, denn während der Einsatz in den Freien Trainings und in der Qualifikation unproblematisch ist, so werden die Motoren in Hockenheim im 45 Runden langen Rennen auf eine wahre Belastungsprobe gestellt. Auf Grund der langen Geraden drehen die Zehnzylinder dort nämlich nicht nur ziemlich lange, sondern auch lange im höchsten Drehzahlbereich.

Offensichtlich ist aber auch, dass neben den widererstarkten McLaren vor allem die BMW-Williams, welche schon in Imola und Kanada sehr stark waren, eine Gefahr für die Scuderia darstellen, denn auf den Geraden konnten Ralf Schumacher und Juan-Pablo Montoya bislang zumeist die Topspeeds für sich verbuchen und an ein Vorbeikommen an ihnen war auf Grund des bärenstarken V10 aus München nicht zu denken.

Ross Brawn erklärte vor kurzem, dass man beide Weltmeisterschaftstitel möglichst frühzeitig sichern möchte, sodass man in den letzten Rennen der Saison weniger Druck hat - ein weiteres Indiz dafür, dass der 050B bei sichergestellter Standfestigkeit sein Renndebüt in Deutschland geben könnte.

Paolo Martinelli, der Motorenchef bei Ferrari, erklärte, dass man die Saison mit einem neuen Motorenkonzept begonnen hatte, welches sich hauptsächlich darum drehte, die Standfestigkeit zu garantieren, während man sich später um die Leistungsfähigkeit kümmern wollte. Bislang ist dieses Konzept auch voll aufgegangen. Übrigens, seit dem Großen Preis von Frankreich hatten die Roten keinen Motorenschaden im Rennen mehr zu beklagen. Letztendlich bleibt aber nur das kommende Rennwochenende abzuwarten, denn erst dann wird sich herausstellen, ob die Scuderia weiterhin auf den 050 im Rennen vertraut oder aber den 050B einsetzt.