Gelassenheit und technische Lösungen für Massa
Rob Smedleys Aufgaben als Renningenieur von Ferrari-Pilot Felipe Massa gehen weit über Einstellungen am Auto hinaus - Ferrari für Silverstone gut gerüstet
(Motorsport-Total.com) - Felipe Massa gehört mit seinen 25 Jahren noch zu den eher unerfahrenen Piloten im Fahrerfeld der Formel 1, auch wenn der Brasilianer bereits einige Formel-1-Saisons absolviert hat. Seit diesem Jahr ist Massa als Teamkollege von Michael Schumacher bei Ferrari zum ersten Mal in einem Top-Team unterwegs. Zur Seite gestellt wurde ihm mit Rob Smedley ein sehr erfahrener Renningenieur, dessen Aufgaben weit über das reine Einstellen des Boliden für den Brasilianer hinausgehen.

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Felipe Massa wird bei Ferrari von einem erfahrenen Renningenieur unterstützt
Seinen Piloten beschreibt Smedley als "sehr talentierten jungen Kerl, er ist sehr schnell, aber man muss richtig mit ihm umgehen. Er ist noch relativ unerfahren, und mein Job besteht vorrangig darin, sein Wochenende zu managen", erklärt er. "Mein Job beinhaltet dabei auch, ein Gespür für eine gewisse Gelassenheit in seine Arbeit zu bringen und sicherzustellen, dass die technische Seite seines Wochenendes optimal bewerkstelligt wird."#w1#
Kleine Schritte zum Erfolg
Dennoch ist er mit den Fortschritten, die Massa bereits in der laufenden Saison in seinen Leistungen erzielen konnte, sehr zufrieden: "Felipe lernt schnell, und solange man ihm ein Verständnis für etwas mehr Ruhe einflößen kann, versteht er seine Ziele und Anforderungen, die wir ihm begonnen haben zu geben", deutet er an, dass Massa in seiner Karriere bereits ab und an durch unüberlegte Aktionen aufgefallen war, was Smedley zu verhindern versucht.
Daher bestehen die Zielvorgaben, die er seinem Fahrer in den vergangenen Rennen immer wieder gab, zum großen Teil aus mehr Konstanz: "Wir haben begonnen, ihm an den vergangenen Rennwochenenden ganz spezifische Ziele vorzugeben. Am Nürburgring haben wir ihm beispielsweise gesagt, dass er im Rennen einen konstanten Level erreichen soll. Damit haben wir in Barcelona weitergemacht, und nun erwarten wir von ihm einen konstanten Level seiner Performance, wenn er auf neuen Reifen unterwegs ist."
So baut man Massa Schritt für Schritt auf und führt ihn an seine Möglichkeiten heran. Dass man dabei sorgfältig mit kleinen Schritten vorgeht, ist für Smedley enorm wichtig: "Wenn man das in kleinen Schritten macht und das Talent des Fahrers vorhanden ist, dann wird man an den Punkt kommen, den man erreichen will. Meine Erfahrung ist jedenfalls, dass man dies nie erreicht, wenn man versucht, große Sprünge zu machen."
Massa gibt gutes Feedback
Das Gespür des Brasilianers für seinen Boliden ist allerdings bereits sehr gut, wie sein Renningenieur berichtet: "Sein Feedback ist sehr gut", erklärt er. Dabei gehört Massa nicht zu den Fahrern, die den Ingenieuren neben Rückmeldungen über das Verhalten des Autos auch eigene Verbesserungsvorschläge zur Lösung von Problemen geben.

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Felipe Massa bekommt viel Lob von seinem erfahrenen Renningenieur Zoom
Doch Smedley bevorzugt es ohnehin, aus den Erklärungen des Piloten zusammen mit seinen Ingenieuren selbst an Lösungen zu feilen: "Ich bevorzuge das, denn es ist mein Job, und der der anderen Jungs, die mich unterstützen, Lösungen für Probleme zu finden", erklärt er. "Fairerweise muss man auch sagen, dass wir mit den uns zur Verfügung stehenden Werkzeugen und dem ganzen Wissen die richtigen Lösungen leichter finden können, als der Fahrer das mit seinem Gespür kann."
"Das ist ein extrem wichtiger Teil unserer Arbeit, das Feedback des Piloten zu erhalten, bezüglich der Balance, und ob er durch Veränderungen am Auto mehr Haftung spürt", berichtet Smedley. "Letztendlich kann das dann alles zu der einfachen Frage führen, ob er schneller fahren kann oder nicht. Aber um das zu erreichen, müssen wir all unsere Erfahrung und Daten einbringen, um geeignete Lösungen für jegliche Probleme zu finden, denen wir gegenüberstehen könnten."
Smedley begann im Testteam
Im Vergleich zu Smedley ist Massa in der Formel 1 noch recht unerfahren: "Mein Job ist im Wesentlichen das selbe, was ich nun bereits seit fast zehn Jahren getan habe, daher habe ich mehr Erfahrung als Felipe", stellt der Brite fest. Angefangen hatte Smedleys Motorsportkarriere als Designer und Ingenieur in Tourenwagen- und Formel-3000-Teams, bevor er dann als Dateningenieur bei Jordan in der Formel 1 anheuerte.
An diese Zeit erinnert sich der Brite noch immer gerne: "Als ich Dateningenieur war, steckte diese Rolle noch in den Kinderschuhen. Das machte großen Spaß, denn 2000 und 2001 war die Pionierzeit, in der mit der Arbeit von Kontrollsystemen an den Autos begonnen wurde. Inzwischen spielt sich das alles auf einem wesentlich höheren Niveau ab."
Erst im Jahr 2003 wechselte Smedley dann zu Ferrari. Er begann bei den "Roten" im Testteam und schlug dafür einige andere Angebote aus: "Das war eine gute Wahl. Ich hatte einige Möglichkeiten bei anderen Teams, aber ich habe diese gewählt, weil es die beste Option war. Ich wollte mich voll und ganz der Testarbeit widmen, einfach aufgrund des technischen Inputs, den man dann geben kann. Dieser ist wesentlich höher als im Rennteam."
Große Unterschiede zwischen Arbeiten bei Tests und Rennen
"Denn Testen und Rennen sind zwei sehr unterschiedliche Disziplinen", erklärt er weiter. "Wenn man als Renningenieur arbeitet, spielt die Psychologie eine wesentlich bedeutendere Rolle. An einem Rennwochenende hat man keine Zeit, das Auto zu verbessern, man sucht einfach nach einer guten Balance und versucht, im Lauf des Wochenendes die richtigen Entscheidungen zu treffen." Dies führe dann hoffentlich zu einer guten Position.
"Als Testingenieur entwickelt man das Auto dagegen beständig weiter, und man arbeitet wesentlich mehr mit den Leuten in der Fabrik zusammen", fährt er fort. Dennoch haben laut Smedley beide Bereiche ihren eigenen Reiz: "Auch wenn Testen und Rennen sehr verschieden sind, finde ich doch beide Disziplinen sehr interessant und genieße beides, um ehrlich zu sein."
Ferrari für Silverstone gut gerüstet
So bereitet ihm auch seine Arbeit mit Massa an der Rennstrecke großen Spaß: "Die Arbeit der Renningenieure in der Formel 1 ist eine ganz spezielle Kunst, die eine Hälfte besteht aus Technologie, die andere aus Psychologie, und das ganze beruht auf logischem Denken", philosophiert er. "Manchmal kann man Dinge tun, die technisch gesehen nicht immer das Optimum sind, aber in Bezug auf das angestrebte Ziel an einem Rennwochenende dennoch effektiv funktionieren."
Mit dem Grand Prix von Großbritannien am kommenden Wochenende steht für den Briten Smedley nun ein persönliches Heimrennen an. Dabei ist er bezüglich der Chancen Ferraris durchaus zuversichtlich: "Das Streckenlayout sollte unserem Paket aus Auto und Reifen entgegen kommen. Der 248 F1 hat auf Strecken, die eine gute Effizienz erfordern, bislang sehr gut funktioniert, und Silverstone ist eine weitere Strecke dieser Art. Daher denke ich, dass wir die Chance haben werden, uns sehr gut zu schlagen."

