Geht Glocks Poker mit Virgin auf?

Timo Glock fiebert nach seiner Zwangspause den ersten Tests entgegen und freut sich schon auf die Arbeitsweise seines neuen Teams Virgin

(Motorsport-Total.com) - Trotz anderer Angebote - eines davon kam von Renault - hat Timo Glock die mutige Entscheidung getroffen, 2010 für eines der vier neuen Teams an den Start zu gehen. Der Ex-Toyota-Pilot hat bei Virgin unterschrieben, also bei jenem Team, das sich damit brüstet, mit dem kleinsten Budget (45 Millionen Euro) auskommen zu wollen.

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Born to be wild: Timo Glock und Virgin wollen 2010 bestes der neuen Teams sein

Als Glock der britischen Truppe zugesagt hat, war Virgin noch nicht Virgin, sondern Manor. Das Team war und ist in zahlreichen Nachwuchsmeisterschaften sowie in der A1GP-Serie aktiv und erinnerte Glock beim ersten Kennenlernen prompt ein wenig an seine GP2-Meistercrew von iSport, mit der er am allerliebsten gleich direkt in die Formel 1 aufgestiegen wäre. Mit den iSport-Jungs und Teamchef Paul Jackson verbindet Glock noch heute eine enge Freundschaft.#w1#

Etwas Neues ausprobieren

Doch die "No-Bullshit-Mentalität" von Manor-Boss John Booth imponierte ihm ebenfalls, sodass es ihm und seinem Manager Hans-Bernd Kamps nicht allzu schwer fiel, sich früh vom aufgeblähten Herstellerteam Toyota zu verabschieden, Renault und Qadbak abzusagen und sich stattdessen für einen neuen, innovativen und auf Effizienz getrimmten Ansatz zu entscheiden. Somit war Manor die logische Wahl. Als später auch noch Virgin an Bord kam, rundete dies die Sache nur zusätzlich ab.

"Ich habe die Manor-Jungs schon lange vor der Übernahme durch Virgin getroffen und mich da im Grunde auch bereits entschieden, auch wenn der Vertrag noch nicht unterschrieben war", wird Glock von 'GPUpdate.net' zitiert. "Dann flogen wir rüber und schauten uns alles an und dann hatte ich das Gefühl im Bauch, dass ich diese Chance ergreifen muss, weil die Sache hier anders ist als alle anderen Teams."

Das gilt einerseits für die beiden Chefs, Milliardär Richard Branson und Old-School-Racer John Booth, die gegensätzlicher kaum sein könnten, andererseits aber auch für Konstrukteur Nick Wirth, der den ersten Virgin-Formel-1-Boliden komplett ohne Windkanal nur mit CFD-Software entwickeln will. Dieser neuartige Ansatz kann kräftig in die Hose gehen, aber auch für eine Überraschung sorgen. Dass es geht, hat Wirth schon mit dem von ihm designten Acura-Sportwagen bewiesen.


Fotos: Virgin-Präsentation in Notting Hill


"Nick Wirth entwickelt das Auto nur mit CFD", erzählt Glock und fügt an: "Die Zukunft der Formel 1 sieht anders aus: kleinere Budgets, kleinere Teams. Wir haben viele erfahrene Ingenieure wie zum Beispiel Christian Silk, der lange bei Renault war." Letzterer war beim französischen Weltmeisterteam jahrelang Leiter des Testteams und bringt das Wissen zu Virgin, wie bei einem erfolgreichen Formel-1-Rennstall gearbeitet wird. Das weiß Wirth nämlich zum Beispiel noch nicht.

March, Simtek, Benetton, Virgin

Der 43-Jährige stieg Mitte der 1990er-Jahre mit seinem eigenen Team Simtek in die Formel 1 ein, erlitt aber einen herben Rückschlag, als in Imola 1994 Roland Ratzenberger in einem seiner Autos ums Leben kam. Ein paar Jahre später heuerte er bei Benetton an, ehe er vorläufig aus der Grand-Prix-Szene verschwand. Seine bisher größte Errungenschaft war aber wohl sein Beitrag zur aktiven Radaufhängung für March im Jahr 1989.

Wirths Idee für Virgin ist, quasi mit einem "begehbaren" virtuellen Modell zu arbeiten, an dem Designänderungen binnen weniger Minuten umgesetzt und neu berechnet werden können. Das ist in der Theorie eine Revolution im Vergleich zum konventionellen Prozess, mit dem es von der Zeichnung bis zum Windkanalmodell und der fertigen Komponente mehrere Wochen dauern kann. Das große Fragezeichen ist aber die Genauigkeit der Wirth-Methode.

Nick Wirth

Ex-Benetton-Aerodynamiker Nick Wirth baut das Virgin-Auto ohne Windkanal Zoom

Unabhängig davon ist Glock heiß darauf, Anfang Februar erstmals in seinem neuen Arbeitsgerät Platz zu nehmen: "Alle freuen sich schon darauf, mit dem Auto testen zu gehen, mich selbst eingeschlossen, denn es ist schon eine Weile her, dass ich in einem Formel-1-Auto gesessen bin. Ich freue mich darauf, so früh wie möglich mit der Arbeit zu beginnen", so der 27-Jährige, der seit seinem Qualifyingunfall in Suzuka pausieren musste.

Die dabei erlittenen Verletzungen seien inzwischen aber "kein Problem" mehr: "Ich habe schon vor ein paar Wochen mit dem Training begonnen", relativiert Glock, der übrigens Respekt, aber keine Angst vor seinem brasilianischen Teamkollegen Lucas di Grassi hat: "Er ist ein Rookie, aber er hat schon Formel-1-Erfahrung, also sehe ich ihn nicht als Rookie. 2007 war er mein Hauptgegner um den GP2-Titel. Er weiß schon, was er zu tun hat."

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