• 26.10.2003 10:55

  • von Marco Helgert

Gachot: Habe Schumachers Karriere beschleunigt

Bertrand Gachot wehrte sich in London gegen einen aggressiven Taxifahrer - Michael Schumacher kam so zu seinem Formel-1-Debüt

(Motorsport-Total.com) - Zuweilen führen unorthodoxe Vorfälle zu günstigen Konstellationen. So wäre Michael Schumachers Formel-1-Einstieg ohne einen kleineren Verkehrsunfall von Bertrand Gachot wohl nicht so reibungslos verlaufen. Der Unfall in London hätte wohl kaum Auswirkungen gehabt, doch der belgische Rennpilot fühlte sich vom englischen Taxi-Fahrer, der am Unfall beteiligt war, etwas bedrängt und griff schnell zum CS-Gas. Für diese Art der Selbstverteidigung hatte ein Londoner Gericht dann nicht viel Verständnis ? Gachot landete hinter "schwedischen Gardinen".

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher (Ferrari)

Michael Schumachers Stütze des Erfolgs: Gachots Fehltritt in London

Das alles wäre spurlos an Michael Schumacher vorbei gegangen, wenn Bertrand Gachot nicht Formel-1-Pilot gewesen wäre. Zusammen mit dem Italiener Andrea de Cesaris fuhr er beim jungen Jordan-Team, das nun einen Ersatz für den Belgier benötigt. Mit Rückendeckung von Mercedes wurde Eddie Jordan für den anstehenden Belgien-Grand-Prix ein junger Mann namens Michael Schumacher offeriert ? der Rest der Geschichte dürfte bekannt sein.

Kein Wunder, dass sich Gachot als "Karrierehelfer" von Michael Schumacher betrachtet: "Es wäre einfach auf das zu blicken, was Michael erreicht hat, und zu denken: 'Das hätte ich sein sollen', aber ich war, zusammen mit den Gericht, welches mich verurteilt hat, derjenige, der Michael zu seinem Debüt verholfen hat", so Gachot in 'The Sun'.

Gachot: Karriereabsturz nach Entlassung

Dennoch ist sich der heute 40-Jährige, der auch einen französischen Pass besitzt, sicher, dass Schumacher es auch ohne seine Hilfe in die Formel 1 geschafft hätte. "Er hatte das Talent und die finanzielle Rückendeckung von Mercedes, um das zu erreichen. Ob er es jedoch je zu einem solchen Erfolg geschafft hätte, werden wir nie wissen. Jeder schwärmte von der Leistung in Spa, aber das war einfach gutes Timing, denn dieser Jordan war wahnsinnig gut."

So gut, dass Gachot bei seinem Heimrennen große Pläne hatte: "Ich habe immer geglaubt, dass ich dort die Pole Position erobert hätte, wenn ich gefahren wäre." Doch seine Formel-1-Karriere war nach dem Vorfall in London praktisch beendet. Eine Saison mit Larrousse und zwei Jahre mit Pacific brachten außer einem sechsten Platz in Monaco 1992 keine zählbaren Ergebnisse mehr ein.

"Was Michael erreicht hat, ist wirklich bemerkenswert", so Gachot weiter. "Wenn ehrlich zu mir selbst bin, dann hätte ich das wohl nie erreicht. Als ich wieder aus dem Gefängnis entlassen wurde, war Michael einer der ersten, der mir gesagt hat, wie leid es ihm tut. Wir haben oft darüber lachen müssen, wie ich ihm zu seinem ersten Cockpit verholfen habe."

Erfolgreich und zufrieden auch ohne Formel 1

Die Geschichte soll Geschichte bleiben, nur gegen das britische Justizsystem hegt er noch Groll. "Ich wurde ins Gefängnis geschickt, weil jemand an mir ein Exempel statuieren wollte. Das hat meiner Rennkarriere sicher nicht geholfen, aber es hat mich gelehrt, wie schnell das Leben eine komplette Wende nehmen kann, wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort ist."

"Ich habe den Moment, als ich dem Taxifahrer das CS-Gas ins Gesicht sprühte, oft in Gedanken durchgespielt, und ich denke noch immer, dass ich nichts falsch gemacht habe. Ich hatte es zur Verteidigung bei mir. Der Taxifahrer kam nach dem Unfall im Hyde Park zu mir und drohte mir Schläge an. Ich habe also die Dose ergriffen und gesagt: 'Nimm das!' Ich hatte nie gedacht, dass ich etwas Gesetzwidriges tue, ich habe mich nur verteidigt. Das Gericht sah das nicht so."

Doch das Kapitel Formel 1 liegt hinter dem Belgier, der auch nicht mehr erzürnt auf die Ereignisse zurückblickt. In den Medien bewegt sich Gachot wie ein Fisch im Wasser und auch finanziell feierte er in den letzten Jahren Erfolge, zum Beispiel mit dem Energy-Drink "Hype". "Ich bin ein Millionär, habe eine fantastische Familie und lebe fantastisch. Und, man kann es glauben oder nicht, ich bekomme noch immer E-Mails von Leuten, die sagen, dass sie meine Fans sind."