• 20.08.2008 19:19

  • von Christian Nimmervoll & Roman Wittemeier

Für Heidfeld geht es in die heiße Phase

Nick Heidfeld muss im letzten Saisondrittel beweisen, dass er die Probleme im Qualifying im Griff hat, wenn er im BMW Sauber F1 Team bleiben will

(Motorsport-Total.com) - Im Vorjahr hat das BMW Sauber F1 Team seine Fahrerpaarung für 2008 am 21. August offiziell bestätigt - das wäre schon morgen. Es gilt jedoch als unwahrscheinlich, dass BMW Motorsport Direktor Mario Theissen mit der Entscheidung so bald an die Öffentlichkeit gehen wird. Stattdessen ist bis spätestens Ende September mit einer Bekanntgabe zu rechnen.

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Für Nick Heidfeld stehen nun einige Wochen der Entscheidung bevor

Dann verstreicht nämlich jene Option auf eine automatische Vertragsverlängerung, die BMW im Vorjahr im Zuge der neuen Deals mit Nick Heidfeld und Robert Kubica vereinbart haben soll. Kubicas Vertrag wurde gleich nach dem schweren Unfall in Kanada verlängert, mit Heidfeld folgte die Einigung etwas später vor dem Grand Prix von Ungarn. Allerdings waren damals beide Fahrer gesetzt, was man derzeit nur von Kubica behaupten kann.#w1#

Im Vorjahr war noch alles anders...

Dabei ist es rein von den Zahlen her etwas paradox, dass Heidfeld um seinen Verbleib im Team bangen muss, denn der Deutsche hat nur acht WM-Punkte Rückstand auf Kubica - vor einem Jahr lag er umgekehrt 14 Zähler voran, ohne dass über seinen polnischen Stallgefährten diskutiert wurde. Ausschlaggebend für die Zweifel an "Quick Nick" ist aber seine miserable Bilanz im Qualifying: 10:1 steht es da gegen ihn.

"Es geht um die Fähigkeit, ein Auto über eine Runde zum Funktionieren zu bringen." Marc Surer

"Es geht immer um dasselbe, nämlich die Fähigkeit, ein Auto über eine Runde zum Funktionieren zu bringen", analysiert 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer. "Das ist etwas, was ihm im letzten Jahr gelungen ist. Das gelingt ihm in diesem Jahr überhaupt nicht mehr." Seit Magny-Cours schien Heidfeld die Qualifyings etwas besser in den Griff zu bekommen; in Silverstone war er sogar schneller als Kubica, dann folgte aber ein Patzer in Hockenheim und eine fahle Performance in Budapest.

Tatsache ist, dass einige Fahrer mit der Formel 1 anno 2008 nicht mehr so gut zurechtkommen wie im Vorjahr. Ohne elektronische Fahrhilfen hatte zum Beispiel auch Felipe Massa schon so manches Mal Mühe, sein "Cavallino Rampante" zu bändigen. 2009 könnte sich jedoch wieder alles auf den Kopf stellen, denn dann kommen die Slicks zurück und die Aerodynamik wird massiv beschnitten. Welche Fahrer sich dann durchsetzen werden, kann momentan niemand vorhersagen.

Neue Formel 1 als Wurzel allen Übels?

An Heidfelds Fahrkönnen und Routine zweifelt eigentlich niemand, auch Surer nicht, denn: "Zum Glück hat er zwischendurch immer wieder solche Resultate wie in Silverstone, wo er gezeigt hat, dass er vom Talent her absolut zur Spitze gehört. Ich hoffe einfach, dass er mindestens noch einmal so ein Rennen hat und er wirklich überzeugen kann. Es liegt wirklich an einem Detail und nicht an seiner gesamten Leistungsfähigkeit."

"Es liegt wirklich an einem Detail und nicht an seiner gesamten Leistungsfähigkeit." Marc Surer

An und für sich hätte der 31-Jährige trotz seiner nicht immer ansprechenden Samstagsleistungen nichts zu befürchten, wäre da nicht ein gewisser Fernando Alonso, der angeblich vom Hinterherfahren nach nur einer Saison schon wieder die Nase voll hat. Am intensivsten bemüht sich Honda-Teamchef Ross Brawn um den zweifachen Weltmeister, doch auch mit BMW wird er immer wieder spekulativ in Verbindung gebracht.

Antwort muss auf der Strecke kommen

Heidfeld kann all diesen Gedankenspielen einen Riegel vorschieben, indem er am kommenden Wochenende mit einer durchgängig konkurrenzfähigen Performance in Valencia antwortet. Sollte er nämlich in Schlagdistanz zu Kubica bleiben, dann wäre es höchst unverständlich, ihn nach Jahren der teaminternen Dominanz wegen einer halbstarken Saison rauszuschmeißen - noch dazu, wo er so wichtige Aufbauarbeit geleistet hat.

Nick Heidfeld und Timo Glock

Eines kann Nick Heidfeld immer noch wie ein Weltmeister: Überholen! Zoom

Aber warum kommt der Deutsche mit dem F1.08 eigentlich nicht mehr so gut zurecht wie mit den Boliden in der Vergangenheit? Oder ist es tatsächlich so, dass Kubica einfach über den Winter schneller geworden ist? Wir wissen: Der Pole hat sieben Kilogramm abgespeckt und härter denn je an sich gearbeitet. Sobald es bei Heidfeld jedoch einmal nach Plan läuft, schenken sich die beiden Teamkollegen nicht viel.

"Das Auto ist jetzt, nachdem BMW einen Schritt nach vorne gemacht hat, etwas empfindlicher geworden", sucht Experte Surer nach einer Erklärung. "Da geht es um Abstimmung, Reifendruck, Reifentemperatur. Es reagiert giftiger auf alles, was nicht ganz stimmt. Kubica kann das offensichtlich überfahren. Nick leidet darunter, daher ist der Abstand entstanden. Im Rennen fährt er ja genauso schnell wie Kubica, aber er startet zu weit hinten und kann daher das Resultat selten einfahren."

Gute Bilanz bei den schnellsten Rennrunden

Surers Behauptung lässt sich mit Zahlen belegen: Bei den schnellsten Rennrunden steht es 6:5 für Heidfeld, im Durchschnitt war er nur um etwa fünf Hundertstelsekunden langsamer als Kubica. Lässt man den nicht repräsentativen Wert von Monaco, wo der Deutsche um mehr als zwei Sekunden langsamer war, außen vor, dann hat er beim Durchschnitt sogar um anderthalb Zehntelsekunden die Nase vorne.

"Das Auto ist etwas empfindlicher geworden." Marc Surer

Doch wie man es auch dreht und wendet: "Quick Nick" muss im letzten Saisondrittel zu seiner früheren Form anschließen, um sich erstens seinen Spitznamen zu verdienen und zweitens das Cockpit für 2009 zu sichern. Und dann ist da ja ganz nebenbei auch noch sein persönliches Ziel für dieses Jahr, nämlich der vierte Platz in der Fahrer-WM. Im Moment fehlen darauf acht Punkte - und der Gegner heißt Kubica...