Fry: Willis weiß mehr über die Formel 1 als Nakamoto

Honda-Teamchef Nick Fry sieht den neuen Technischen Direktor Shuhei Nakamoto als Bindeglied nach Japan, obwohl Geoff Willis mehr über die Formel 1 wusste

(Motorsport-Total.com) - Nach wie vor ist Hondas ehemaliger Technischer Direktor Geoff Willis nur beurlaubt, doch weil Prodrives David Richards inoffiziell bereits Interesse an ihm signalisiert hat, ist eine endgültige Einigung auf Trennungsmodalitäten nur noch eine Frage der Zeit. Willis' Aufgaben hat inzwischen der Japaner Shuhei Nakamoto übernommen.

Titel-Bild zur News: Nick Fry und Geoff Willis

Nick Fry ist momentan damit beschäftigt, in Brackley Feuerwehrmann zu spielen

Nakamoto verfügt zwar ebenfalls über reichlich Formel-1-Erfahrung, galt aber bisher eher als Organisations- und Motorenmann und keineswegs als Chassiskonstrukteur im klassischen Sinne. Allerdings hatte man in Brackley kurzfristig keinen geeigneteren Kandidaten zur Hand, als man auf Wunsch des Vorstands in Japan hin Willis entmachten musste. Teamchef Nick Fry, der gerne an seinem Landsmann festgehalten hätte, kann aber auch der neuen Personalkonstellation etwas abgewinnen.#w1#

Nakamoto genießt in Japan mehr Ansehen als Willis

"Offensichtlich verfügt Shuhei über andere Fähigkeiten als Geoff." Nick Fry

Seiner Meinung nach berge die neue Struktur "Vor- und Nachteile", wie er in einem Interview mit dem Fachmagazin 'F1 Racing' verriet: "Offensichtlich verfügt Shuhei über andere Fähigkeiten als Geoff. Sein größtes Plus ist, dass er die japanische Arbeitsweise kennt, so dass er die Ingenieure in Japan optimal zu unseren Gunsten ausschöpfen kann. Was das angeht, ist er mit Sicherheit in einer besseren Position als jeder andere Mitarbeiter."

Aber: "Sein Wissen über die Formel 1 ist eindeutig nicht so weit fortgeschritten wie jenes von Geoff", schränkte Fry ein, "aber wie in den meisten Teams ist die Technik ja bei weitem keine Einmannabteilung mehr. Natürlich bringen die Veränderungen eine gewisse Störung mit sich, aber wir haben diese Entscheidung im Hinblick auf unsere langfristige Zukunft getroffen, weil wir bei Honda vorhaben, langfristig in der Formel 1 zu bleiben."

Gleichzeitig beschrieb der Brite den Druck aus Japan als "riesig", was ihn übrigens auch selbst den Kopf kosten könnte: Weil Aerodynamiker Willem Toet bei seinem Abgang zu BMW in Form einer Rundmail Stimmung gegen ihn gemacht hat und weil der Vorstand in Japan lieber Otmar Szafnauer an der Spitze des Teams sehen würde, ist Frys Kredit bald aufgebraucht. Gerüchten zufolge soll er im internen Machtpoker neuerdings auch Jenson Buttons Vater John gegen sich haben.

Belegschaft in Brackley gibt nicht auf

"Die Leute lassen ihre Köpfe nie hängen." Nick Fry

Ungeachtet dieser Querelen bezeichnete Fry die Atmosphäre im Team als "gut. Die Leute lassen ihre Köpfe nie hängen. Das würde ihnen niemand übel nehmen, aber was ich so bemerkenswert finde, ist, dass alle immer weiterkämpfen." Was er damit verschweigt: Nach einem Unfall im Windkanal, bei dem ein rennfertiges Chassis verschrottet und die 40-Millionen-Euro-Anlage so stark beschädigt wurde, dass sie vorübergehend stillgelegt werden musste, gab es gegenseitige Schuldzuweisungen.

Immerhin versteht man es bei Honda einigermaßen, die Machtkämpfe hinter verschlossenen Türen auszutragen, so dass die Öffentlichkeit nicht allzu viel Wind davon bekommt. Für Verwunderung unter Journalisten sorgte nur, als Sportchef Gil de Ferran in Silverstone dezidiert bestätigte, dass es keine personellen Veränderungen geben soll - bis Willis ein paar Tage später entlassen wurde. Fry: "Keine Ahnung, welche Gründe er hatte, das zu sagen..."