Friesacher: "Will mich für ein besseres Team empfehlen"
Im Interview spricht Minardi-Pilot Patrick Friesacher unter anderem über seinen Einstand in der Formel 1 und seine Zukunftsperspektiven
(Motorsport-Total.com) - Nach drei eher ernüchternden Rennen in der Königsklasse des Motorsports macht sich Österreichs derzeit einziger Fixstern am Formel-1-Himmel, Patrick Friesacher, Hoffnungen auf einen etwas besseren Verlauf der nun bevorstehenden Europasaison. In Imola wird bekanntlich der neue Minardi-Cosworth PS05 debütieren.

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Patrick Friesacher setzt seine Hoffnungen in den neuen Minardi-Cosworth PS05
Der junge Kärntner, der neuerdings einen 500 PS starken Lamborghini fährt und spätestens ab Barcelona mit dem hinteren Mittelfeld fighten möchte, spekuliert noch diese Saison mit dem einen oder anderen Punkt und für 2006 dann einem Wechsel in ein größeres Team. Darüber und über vieles mehr sprach er heute in der TV-Sendung 'Sport am Sonntag'. Das dort aufgezeichnete Interview kann dank der freundlichen Genehmigung des 'ORF' nun auch bei 'F1Total.com' nachgelesen werden.#w1#
Friesacher "recht zufrieden" mit seinem Saisonauftakt
Frage: "Patrick, wie sieht deine Bilanz nach den ersten drei Rennen aus?"
Patrick Friesacher: "Es ist ganz gut gelaufen und ich bin recht zufrieden mit den ersten drei Rennen. Nur das erste Rennen war ziemlich schwierig, denn ich hatte davor nur 95 Runden auf dem Buckel. Am Freitag sind wir im Freien Training wegen den Problemen des Teams nicht gefahren. Gott sei Dank hat sich das dann geregelt, ist in rechte Bahnen gekommen. Im Qualifying habe ich mir entsprechend schwer getan, weil ich die Strecke nicht kannte. Das Auto war ziemlich schwierig zu kontrollieren. Im Großen und Ganzen habe ich aber sehr viel dazugelernt, das Rennen beendet - und das war schon einmal sehr positiv."
Frage: "Der Schritt von der Formel 3000 in die Formel 1 ist ein großer. Welche Umstellung ist dir am schwersten gefallen?"
Friesacher: "Dass man in der Formel 1 so viel Elektronik hat, was in der Formel 3000 noch nicht so der Fall gewesen ist. Man muss in Dinge wie die Traktionskontrolle erst einmal Vertrauen aufbauen. Außerdem waren in der Formel 3000 vielleicht zehn Leute um mich herum, aber jetzt sind es auf einmal 50 oder 60. Daran habe ich mich erst einmal gewöhnen müssen, aber inzwischen habe ich mich ganz gut eingelebt. Ich fühle mich sehr wohl im Team."
"In der Formel 1 schaut jeder auf sich selbst"
Frage: "Wie bist du von den anderen Fahrern in der Formel 1 aufgenommen worden und gibt es da überhaupt Kontakt untereinander?"
Friesacher: "Schwer zu sagen. In der Formel 1 schaut jeder auf sich selbst. Das finde ich traurig, denn jeder ist eigentlich nur im eigenen Team, bei den eigenen Ingenieuren. Die einzige Gelegenheit, bei der wir uns über den Weg laufen, ist das Fahrerbriefing, wo wirklich alle anwesend sind."
Frage: "Wie zufrieden ist dein Teamchef Paul Stoddart nach den ersten drei Rennen?"
Friesacher: "Er ist mit uns beiden bis jetzt recht zufrieden. Ganz klar, man wird zuerst einmal am Teamkollegen gemessen. Mehr ist für Albers und mich auch gar nicht möglich, weil die Jordans einfach noch zu weit vorne gelegen sind bis jetzt. Bis auf beim Qualifying in Bahrain hatte ich Albers recht gut im Griff. Dort habe ich zwei Fehler gemacht und dadurch war ich hinter ihm. Ansonsten war ich immer schneller als er."
Am Mittwoch testet Friesacher erstmals den PS05
Frage: "Hast du euer neues Auto, das in Imola debütieren wird, schon gesehen? Konntest du es auch schon testen?"
Friesacher: "Ja, ich war deswegen diese Woche in Italien. Das Auto für Albers ist schon fertig geworden. Er hat am Freitag in Mugello getestet. Mein Auto wird am Mittwoch fertig. Am Dienstag machen wir eine Sitzprobe und am Mittwoch findet am Flughafen eine Ausfahrt statt. Das wird zehn Kilometer entfernt von Faenza sein, einfach nur ein Funktionstest. Dann geht es schon zum Rennen."
Frage: "Richtig testen kannst du das neue Auto also nicht mehr?"
Friesacher: "Nein. Das werden wir erst im Freien Training in Imola machen. Natürlich wird das schwierig, denn es ist ein komplett neues Auto - speziell von der Aerodynamik, dem Motor und dem Getriebe her. Wir müssen aber einfach das Beste daraus machen und schauen, dass alles so läuft, wie wir uns das vorstellen."
Frage: "Wie viel schneller ist das neue Auto als das alte?"
Friesacher: "Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Dazu müsste ich schon einmal damit gefahren sein."
Minardi möchte ab Barcelona die Jordans schlagen
Frage: "Ist es das Ziel des Teams, vor Jordan-Toyota zu kommen?"
Friesacher: "Ob wird das in Imola schon schaffen können, wird sich weisen, aber in Barcelona und Monte Carlo werden wir vor denen sein, glaube ich."
Frage: "Was hast du dir eigentlich für diese Saison vorgenommen? Womit wärst du nach dem letzten Rennen zufrieden?"
Friesacher: "Es wäre schon, beim einen oder anderen Rennen mit ein bisschen Glück in die Punkte zu fahren. Das wäre ein Traum. Bei den letzten Rennen waren aber immer ziemlich wenige Ausfälle, daher wird es schwierig. Ich muss schauen, dass ich ständig meinen Teamkollegen schlage - darauf liegt mein Hauptaugenmerk."
Friesacher würde nicht mit Klien tauschen
Frage: "Würdest du gerne mit deinem Landsmann Christian Klien tauschen? Einerseits sitzt er im viel besseren Auto, andererseits darf er aber nicht alle Rennen bestreiten. Welche Situation ist dir lieber?"
Friesacher: "Mir ist lieber, ich kann die ganze Saison zu Ende fahren. Ich glaube auch, dass das Minardi-Team zum Anfangen genau das Richtige ist. Ich bin sehr gut aufgenommen worden und hätte mir kein besseres Team wünschen können. Die Erwartungen sind auch nicht so hoch, ich muss nur kontinuierlich dazulernen. Für nächstes Jahr möchte ich mich für ein besseres Team empfehlen."
Frage: "Ist gewährleistet, dass du diese Saison alle Rennen fahren wirst?"
Friesacher: "Das ist fixiert, ja."
Frage: "Ist auch alles ausfinanziert?"
Friesacher: "Das steht alles, ja."
Hohes Medieninteresse: "Mein Telefon läutet jetzt in einer Tour!"
Frage: "Du bist jetzt natürlich ungleich populärer als vor einem Jahr. Wie hat sich dein Leben verändert, seit du in die Formel 1 gekommen bist?"
Friesacher: "Speziell das Medieninteresse ist gewachsen. Das kann man mit der Formel 3000 überhaupt nicht vergleichen. Mein Telefon läutet jetzt in einer Tour! Ich habe mich ganz gut eingelebt. Es gibt auf der ganzen Welt nur 20 Plätze in der Formel 1, aber da bin ich dabei. Jetzt muss ich natürlich schauen, mich mit guten Leistungen zu beweisen, damit ich nächstes Jahr in einem Mittelfeldteam fahren kann."
Frage: "Geändert hat sich auch dein Privatauto. Von Lamborghini hast du ein wunderschönes Auto mit 500 PS zur Verfügung gestellt bekommen. Wie kommt es dazu und was hat Minardi mit Lamborghini zu tun?"
Friesacher: "Das hat mit Minardi gar nichts zu tun. Die Partnerschaft mit Lamborghini Wien ist vor drei Wochen entstanden. Die haben mich kontaktiert. Ich bin natürlich sehr froh darüber, so ein Auto fahren zu dürfen. Für jeden jungen Burschen ist das ein Traum!"
Zum 'ORF' fuhr Friesacher nicht im Lamborghini...
Frage: "Bist du heute mit dem Lamborghini in die Sendung gekommen?"
Friesacher: "Nein."
Frage: "Nach den ersten drei Rennen sieht es so aus, als ginge der Formel-1-Titel dieses Jahr an Renault. Was glaubst du?"
Friesacher: "Momentan ist Renault gegenüber den anderen Teams überlegen. Da stimmt einfach das ganze Paket, das sie zurzeit haben. Man darf aber Ferrari nicht vergessen, denn die haben in letzter Zeit wie die Bösen getestet. Ferrari darf man nie aus den Augen verlieren, denn sie haben das Potenzial und werden es wieder an die Spitze schaffen."

