• 20.08.2004 09:32

Fournigault: Als Kind vom Motorsound infiziert

Seit 1990 arbeitet Fournigault an Renault-Rennmotoren. Von den Nachwuchsklassen arbeitete er sich bis in die Formel 1 hoch

(Motorsport-Total.com) - Wer in Hörweite der weltberühmten Mulsanne-Geraden von Le Mans groß wird, für den ist eine Motorsport-Laufbahn praktisch vorbestimmt. Auch Sylvain Fournigault lauschte seit Kindertagen dem Kreischen der ausgedrehten Sportwagen-Triebwerke, das der Wind alljährlich am zweiten Juni-Wochenende vom 24-Stunden-Rennen zu seinem Elternhaus herübertrug. Und wer zudem einen Cousin hat, der Renault-Renner für nationale Meisterschaften vorbereitet und dich in seiner Werkstatt mit den Feinheiten der Boliden vom Schlage eines Renault 5 Turbo vertraut macht, bevor du lesen kannst, für den ist auch die Verbindung zu einer ganz bestimmten Marke vorherbestimmt.

Titel-Bild zur News: Der Renault-RS24-Motor

Fournigault ist bei Renault für den Betrieb von Trullis Motoren verantwortlich

"In den Schulferien half ich immer in der Werkstatt aus", erinnert sich Sylvain, der heute in Viry-Châtillon für das RenaultF1-Team arbeitet. "Ich glaube, ich habe mich ganz gut angestellt und schnell gelernt." Sylvain und sein Cousin bereiteten auch Autos vor, die bei Grand Prix-Rahmenrennen starteten. "So konnte ich in den Truck springen, zu den Rennen fahren und meine Idole aus nächster Nähe bewundern. Meine eindrücklichsten Erinnerungen stammen aus Monaco: Ich weiß noch genau, wie ich Jean Alesi am Steuer seines blau-weißen Tyrrell bewundert habe, oder wie einst Gerhard Berger und Alain Prost in der Mirabeau-Kurve kollidierten."#w1#

Treuer Renault-Mitarbeiter seit 1990

Nach Abschluss seines Ingenieursstudiums an der Universität von Le Mans kehrte Sylvain als Angestellter in den Rennstall seines Cousins zurück und kümmerte sich um den Einsatz der Formel-Renault-Monoposti. Schnell machte er sich durch sein Geschick und seine routinierte, professionelle Arbeitsweise einen Namen. Als Fournigault erfuhr, dass der französische Hersteller für sein Formel-1-Engagement noch auf der Suche nach fähigen Leuten war, schickte der junge Mann aus dem Departement Sarthe unverzüglich eine Bewerbung nach Viry-Châtillon. Im Oktober 1990 folgte dann die gute Nachricht: ein Job-Angebot.

Sylvain begann im Motorenbau, wo die überaus erfolgreichen Zehnzylinder komplettiert wurden, die in den 90er-Jahren den Grand-Prix-Rennsport geradezu dominierten. "Pro Aggregat haben wir gut 14 Tage benötigt, bis es einsatzbereit vor uns stand", so der Franzose. "Danach stellten wir die Maschine sofort auf den Motorenprüfstand - für das Feintuning der elektronischen Kennfelder zum Beispiel. Das war für uns immer ein ganz besonderer Moment, wenn ein V10 zum ersten Mal aufbrüllte. Eigentlich schade, dass wir heute anders arbeiten..."

Zwei Jahre später fand der junge Ingenieur plötzlich ein Flugticket auf seinem Schreibtisch. Zielort: Kyalami, der Austragungsort des damaligen Grand Prix von Südafrika. Sein Arbeitgeber schickte ihn als Ansprechpartner zum Ligier-Team, wo er für die Wartung und den Einsatz der Renault-Motoren verantwortlich zeichnete. "Ich überwachte die Vorbereitung und den korrekten Einbau der Aggregate", so Fournigault. "Nach drei Jahren mit diesem Rennstall schickte mich Renault zu Benetton." Eine glückliche Entscheidung, wie sich herausstellen sollte - denn dort betreute Sylvain einen gewissen Michael Schumacher, der sich mit Renault-Power im Rücken unverzüglich auf den Weg machte, seinen zweiten Fahrer-Titel einzufahren. Und als verantwortlicher Motoren-Ingenieur gehörte der Mann aus Le Mans automatisch mit zum WM-Team.

Unvergleichliche Erinnerungen

"Das war ein ganz außergewöhnliches Erlebnis", gesteht Sylvain. "Benetton-Teamchef Flavio Briatore organisierte am Ende dieser so erfolgreichen Saison eine Fete, die wohl niemand vergessen wird, der dabei war." Als Renault einige Jahre später den Benetton-Rennstall übernahm und daraus das neue Werksteam formte, war Fournigault natürlich wieder mit von der Partie. In diesem Jahr zum Beispiel zeichnet er für die Motoren von Jarno Trulli verantwortlich. "Ich stelle sicher, dass der Zehnzylinder und alle Nebenaggregate richtig zusammengesetzt und eingebaut werden. Zugleich verfolge ich die Betriebsdauer aller Komponenten und behalte die Telemetrie-Daten im Blick, sobald der Motor im Einsatz ist." Dazu steht eine ganze Batterie von Computern und Bildschirmen zur Verfügung, auf denen unzählige Diagramme und Anzeigen auftauchen.

Die Übersicht zu behalten, dafür ist auch Sylvains Kollegin "Alice" zuständig: eine spezielle Software, die in Echtzeit alle Parameter des V10 überwacht und auf Probleme bereits dann hinweist, wenn diese sich noch in der Entstehungsphase befinden. "Dabei verfolgen wir nur ein einziges Ziel", gesteht Fournigault mit einem Lachen auf seinem Gesicht: "Am Ende des Rennens wollen wir die 'Marsellaise', die französische Nationalhymne, bei der Siegerehrung hören - so wie in Ungarn im vergangenen Jahr, als Fernando Alonso gewann, oder in Monte Carlo, als Jarno Trulli dort im Frühjahr siegreich blieb. Davon werden wir niemals genug bekommen!"