• 05.03.2009 18:32

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

FOTA-Präsentation: Vive la Révolution?

Die unspektakulären Reformpläne der FOTA könnten der Vorläufer einer Revolution sein - Loslösung von CVC/Ecclestone nach 2012?

(Motorsport-Total.com) - Die Formula One Teams Association (FOTA) hat heute in Genf präsentiert, wie sie sich die Zukunft der Formel 1 in den nächsten beiden Jahren vorstellt. Zahlreiche Journalisten sind extra deswegen angereist - und waren anschließend bitter enttäuscht. Denn was FOTA-Chef Luca di Montezemolo lang und breit erklärt hat, war keine Revolution, sondern bestenfalls ein Reförmchen.

Titel-Bild zur News: Luca di Montezemolo

Luca di Montezemolo ist als FOTA-Chef der Robin Hood der Formel-1-Teams

Die FOTA will das Produkt Formel 1 richtigerweise nicht von Grund auf erneuern, sondern Gutes bewahren und weniger Gutes durch gezieltes Feintuning optimieren. Doch das Erdbeben spielt sich nicht auf der Ebene ab, ob die TV-Stationen nun von jedem Team einen Pressemann zur Verfügung gestellt bekommen oder nicht, sondern im kommerziellen Umfeld. Denn die Antwort auf 99 Prozent aller Fragen lautet bekanntlich: Geld.#w1#

Neues Concorde-Agreement

Seit dem Verständnismemorandum von Mai 2006 erhalten die Teams 50 Prozent aus dem kompletten Einnahmentopf des Formula One Managements (FOM), während es davor nur etwa 23 Prozent waren (genauer gesagt 47 Prozent aus dem TV-Topf). Dieser Deal soll in Form eines bis Ende 2012 gültigen Concorde-Agreements schon bald formalisiert werden, wodurch eine einmalige Unterschriftsprämie von 200 Millionen US-Dollar fällig und unter den zehn Teams aufgeteilt werden würde.

Bis Ende 2012 gelten also die aktuellen Bestimmungen. Doch mehr Geld im Topf bedeutet schon jetzt mehr Geld für alle: "Wir können die Einnahmen mit einigen Aktivitäten erhöhen", erklärt di Montezemolo. "Eine Einnahmequelle könnten die Neuen Medien sein." Gleichzeitig deutete er an, dass sich die Teams für die Zeit nach 2012 eine höhere Beteiligung an den Einnahmen erwarten - laut FIA-Präsident Max Mosley könnten es bis zu 92 Prozent sein.

Und wenn nicht? "Wir sind bis 2012 gebunden, danach werden wir sehen", droht di Montezemolo indirekt mit der Gründung einer eigenen FOTA-Rennserie ohne die Investmentgesellschaft CVC und Bernie Ecclestone. "Bernie hat in der Vergangenheit einen fantastischen Job gemacht. Das FOM gehört heute einer Investmentgesellschaft, nämlich CVC, nicht mehr Bernie. Das ist der Grund, weshalb ich heute sage, dass wir erst einmal abwarten wollen."

Vive la Révolution!

Die verhältnismäßig unspektakuläre FOTA-Präsentation in Genf könnte also in Wahrheit der erste Schritt in eine Revolution sein: Das arme Fußvolk, die Teams, übernimmt selbst die Macht und stürzt die reiche Elite, also CVC und Ecclestone. Zugegeben, der Vergleich hinkt: Die Teams sind trotz der Weltwirtschaftskrise keineswegs arme Kirchenmäuse und die Ideale, um die es geht, sind ganz andere als früher auf politischer Ebene.

FOTA-Meeting in Genf

Die FOTA-Teams lehnen sich auf und fordern für die Zukunft mehr Geld Zoom

Apropos Weltwirtschaftskrise: Gerade die Automobilindustrie ist davon massiv betroffen - und die Formel 1 ist so etwas wie ein verlängerter Arm der Automobilindustrie. Trotzdem glaubt di Montezemolo nicht, dass Ferrari und Co. Existenzängste haben sollten. Denn auch wenn die letzte Krise natürlich in den Köpfen immer am präsentesten ist, so hat die Königsklasse in der Vergangenheit schon viel schlimmere Phasen überstanden.

"Ich bin in der Formel 1 schon ziemlich alt", grinst di Montezemolo, ein Ferrari-Urgestein. "Ich erinnere mich an die Ölkrise in den 1970er-Jahren, die für die Formel 1 eine Katastrophe war. 1975 war ein besonders schwieriges Jahr. Anfang der 1990er-Jahre hatten wir eine schwierige Zeit mit dem Tiefpunkt 1993. Aber die Sponsoren sind schon immer gekommen und gegangen. In Krisenzeiten kommen vielleicht neue Sponsoren, die dafür weniger ausgeben. So ist das Leben."

Krise eine Einstiegschance für Sponsoren

"Ich sehe jetzt große Chancen für Sponsoren aus verschiedenen Ländern, für unterschiedlich große Sponsoren, für Sponsoren mit unterschiedlichen Aktivitäten", so der Italiener weiter. "Wir erleben gerade, dass ein Wirtschaftssektor in eine große Krise schlittern kann, zum Beispiel die Banken, die in den vergangenen zwölf Jahren unsere wichtigsten Sponsoren waren. Aber so schauen wir uns eben nach neuen Branchen um. Das ist der Lauf der Dinge."

Klar ist eines: Die Teams haben mit ihrer heutigen Demonstration an interner Einigkeit klargemacht, dass sie in Zukunft mehr Einfluss auf die Gestaltung des Sports, an dem sie teilnehmen, nehmen wollen. Das betrifft nebst den kommerziellen Belangen natürlich auch das Reglement. Alleingänge der FIA wird es von nun an jedenfalls nicht mehr geben, stellt di Montezemolo klar - und schickt eine unmissverständliche Begründung hinterher.

Letzte Instanz: FIA

"Die Hersteller und Teams sind unterm Strich diejenigen, die das Geld auf den Tisch legen und in die Formel 1 investieren. Wir sind uns einig geworden, dass die Kosten ab 2010 noch einmal sinken müssen. Für 2009 sind wir uns bereits ohne Druck von außen einig geworden, weil es ein entscheidendes Jahr ist. Hätten wir diese Maßnahmen nicht durchgesetzt, dann wären einige Teams aus der Formel 1 ausgestiegen", glaubt der 61-Jährige.

Max Mosley und Flavio Briatore

FIA-Präsident Max Mosley hat sich noch nicht zu den FOTA-Plänen geäußert Zoom

Nun sollen die FOTA-Vorschläge der FIA vorgelegt werden, die erst noch zustimmen muss. Di Montezemolo: "Wir werden uns innerhalb der nächsten paar Tage mit dem Präsidenten der FIA treffen und wir werden den Weltrat über unsere wichtigen Entscheidungen informieren, denn unsere Entscheidungen wurden in sehr kurzer Zeit getroffen und beinhalten wichtige Kosteneinsparungen." Die FOTA geht davon aus, dass die FIA zustimmen wird.

Die FOTA selbst bezeichnet ihre Maßnahmen als "vernünftig" und "detailliert" und findet, dass das heute präsentierte Paket wesentlich mehr Substanz hat als die meisten Vorschläge der Vergangenheit. Also sei di Montezemolo abschließend ein kleiner Seitenhieb auf die FIA gestattet: "Ich glaube, wir haben gute Arbeit geleistet. So können wir Maßnahmen setzen, ohne die DNA der Formel 1 durch Standardisierung zu zerstören."