Formel 1: Warum sich der US-Nachwuchs in Grenzen hält

Mit Alexander Rossi und Conor Daly sind nur zwei US-Youngsters auf dem Weg in die Formel 1 - Die Gründe, warum der Traum vom US-Champion in weiter Ferne liegt

(Motorsport-Total.com) - Europa ist Bernie Ecclestone zu klein geworden. Der Brite vergleicht den alten Kontinent gerne mit der dritten Welt - er hat seine Fühler in den vergangenen Jahren längst nach Asien ausgestreckt, um neue Märkte zu erschließen. Denn in Europa - so Ecclestone - sei nichts mehr zu holen. Anders verhält sich die Situation im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, den USA. Die Formel 1 hat es nie wirklich geschafft, in den Vereinigten Staaten Fuß zu fassen - sie sind für Ecclestone eine besonders harte Nuss. Aber so gut wie alle in der Formel 1 tätigen Unternehmen sind auch in den USA aktiv - eine Eroberung der "neuen Welt" wäre daher ein großer Vorteil.

Titel-Bild zur News: Alexander Rossi

Der 21-jährige Alexander Rossi ist die größte Formel-1-Hoffnung der USA Zoom

Die Motorsport-Tradition ist in Nordamerika zwar weitaus größer als in Nationen wie Südkorea oder Indien, doch die Formel 1 muss den dortigen Markt nicht nur erobern, sondern sich darüber hinaus auch noch gegen starke Konkurrenzmarken wie NASCAR und IndyCar durchsetzen. Obwohl man seit 2012 mit dem Grand Prix auf dem Circuit of The Americas immerhin wieder ein Rennen in den USA austrägt, ist es für die Formel 1 dort noch ein weiter Weg.

Das zeigt sich vor allem daran, dass der US-amerikanische Rennsport-Nachwuchs kaum Interesse an der "Königsklasse" des Motorsports hat. "Die USA hinter sich zu lassen und nach Europa zu gehen erfordert Mut und Hingabe", weiß Fahrer-Manager Nicolas Todt, Sohn von FIA-Boss Jean Todt. "Das haben nur wenige Amerikaner gewagt."

Nur zwei US-Youngsters auf dem Weg in die Formel 1

Doch ohne Lokalmatador wird es für die Formel 1 schwierig, sich gegen die etablierten Serien durchzusetzen, in denen es vor heimischen Piloten nur so wimmelt. Der letzte US-Formel-1-Pilot war Scott Speed, der von Red Bull gefördert wurde, aber keinen einzigen WM-Punkt an Land ziehen konnte.

Conor Daly

Conor Daly will in die Fußstapfen von Vater und Ex-Formel-1-Pilot Derek Daly treten Zoom

Mit GP2-Pilot Alexander Rossi, der auch als Caterham-Formel-1-Tester fungiert, und GP3-Fahrer Conor Daly gibt es derzeit nur zwei Youngster in den Formel-1-Nachwuchsklassen. Und beide haben durch ihre Eltern einen Bezug zur Formel 1: Rossi verfolgte schon als Sechsjähriger die Rennen mit seinem Vater, nachdem es zur Spaltung der einst so populären IndyCar-Serie gekommen war.

"Meine Aufmerksamkeit wurde dadurch automatisch auf die Formel 1 gelenkt - und das hat sich seitdem nicht verändert", blickt Rossi, der mit 16 Jahren nach Italien übersiedelte, um Kart zu fahren, zurück. Bei Daly war der Sprung nach Europa noch naheliegender, schließlich war sein Vater Derek Daly von 1978 bis 1982 selbst Formel-1-Pilot.

Woran US-Piloten scheitern

Doch warum entscheidet sich der klassische US-amerikanische Nachwuchs-Rennfahrer nicht für die Formel 1? "Die Formel 1 flirtet bereits seit einigen Jahren mit Nordamerika, aber die Formel 1 wird wird von den Youngsters in Nordamerika nicht als 'Königsklasse' des Motorsport angesehen", sagt McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh gegenüber der 'Press Association'.

"Warum sollte ein amerikanisches Unternehmen die Summe x in der Formel 1 ausgeben, wenn es die zehnfache Wirkung in der NASCAR-Serie erzielt?" Scott Speed

"In Nordamerika gibt es kein Kartsport-Programm", deutet er zudem an, dass die US-Talente gegenüber ihren europäischen Pendants im Nachteil sind. "Ausnahmslos jeder Formel -1-Fahrer beginnt mit acht oder neun Jahren mit dem Kartsport und nimmt dann an Wettbewerben teil. Der Kartsport ist das Karriere-Sprungbrett."

Doch auch die finanzielle Seite macht es den US-Youngster nicht einfach, den Sprung über den großen Teich zu wagen. "Für einen Amerikaner ist es extrem schwierig, denn von US-Unternehmen gibt es keine Unterstützung", verweist Ex-Formel-1-Pilot Speed gegenüber der 'Press Association' auf ein weiteres Problem. "Warum sollte ein amerikanisches Unternehmen die Summe x in der Formel 1 ausgeben, wenn es die zehnfache Wirkung in der NASCAR-Serie erzielt? Das ergibt aus finanzieller Sicht überhaupt keinen Sinn."

Daly hofft auf Inflation US-amerikanischer Formel-1-Piloten

Caterham-Tester Rossi hat aber den Eindruck, dass das Interesse der US-Wirtschaft nun größer wird: "Es gibt mit GE, Dell, AMD und AT&T bereits einige große Marken aus den Vereinigten Staaten, die in der Formel 1 präsent sind." Er sieht sich als US-Amerikaner gegenüber seinen europäischen Rivalen sogar im Vorteil: "Es ist eine Seltenheit, wenn ein Amerikaner Formel 1 fährt - und alles, was selten ist, sorgt für Aufmerksamkeit. Das zieht Sponsoren an. Und die Formel 1 wird von über 600 Millionen Menschen auf der ganzen Welt verfolgt."

"Es ist wie bei Olympia. Wenn man Olympia schaut, dann will man, dass sich die Amerikaner gut schlagen." Conor Daly

An Selbstbewusstsein mangelt es den beiden US-Hoffnungen nicht. Beide glauben an ihre Chance in der Formel 1. "Als wir hierher kamen, Rennen gewannen und im Qualifying auf die Pole fuhren, da gab uns das die Bestätigung, dass wir das auch können", erklärt Conor Daly gegenüber der 'Press Association'. "Das war ermutigend." Und das soll erst der Anfang sein, hofft Daly: "Wir wollen nicht, dass es nur ein Amerikaner in die Formel 1 schafft, sondern so viele wie möglich. Derzeit sind es nur wir zwei, die es zumindest in Formel-1-Autos geschafft haben und am Weg dorthin sind."

Dies sieht er als elementaren Faktor, will es der Grand-Prix-Sport in den USA zu größerer Popularität schaffen: "Jetzt haben wir ein Rennen in den USA. Haben wir einen Fahrer? Nein. Waren die Besucherzahlen gut? Absolut, es handelt sich um einen tollen Austragungsort und die Strecke ist unglaublich. Aber in Wahrheit muss man sich die Frage stellen, für wen die Amerikaner die Daumen drücken sollen? Es ist wie bei Olympia. Wenn man Olympia schaut, dann will man, dass sich die Amerikaner gut schlagen."