Formel-1-Technik 2017: Führt McLarens Detailliebe zum Erfolg?

Der neue McLaren im Technikcheck: Wieso beim MCL32 von Ex-Red-Bull-Mann Peter Prodromou die Liebe zum Detail sichtbar ist und auf welche Konzepte man setzt

(Motorsport-Total.com) - McLaren-Honda befindet sich in einer Selbstfindungsphase: Mit dem MCL32, der mit seiner ungewöhnlichen schwarz-orangen Lackierung auffällt, will das einstige Topteam wieder zu alten Glanzzeiten zurückkehren. Auch wenn man sich mit Saisonzielen bei der Präsentation zurückhält, heißt es hinter vorgehaltener Hand, dass selbst Platz vier eine Enttäuschung wäre.

Titel-Bild zur News: McLaren, MP4-23

Der MCL32 ist ein ambitioniertes Auto, an dem 18 Monate lang gefeilt wurde Zoom

Doch hat der neue Bolide von Fernando Alonso und Rookie Stoffel Vandoorne das Zeug, McLaren und Honda im Jahr 1 nach Ron Dennis aus der Krise zu katapultieren? Der Testauftakt in Barcelona lässt das Schlimmste befürchten, denn der Spanier kam nach nur einer Runde mit einem Ölleck beim Honda-Motor zurück an die Box und musste sich auf eine lange Zwangspause einstellen. Dass so etwas ausgerechnet am ersten Testtag passiert, an dem es nur um Funktionstests geht, spricht nicht gerade für die neue Honda-Antriebseinheit.

Der Bolide besticht jedoch durchaus mit interessanten Details. Das beweist schon ein Blick auf die Nase. Die Frontflügel-Halterung ist mit drei Schlitzen versehen., die den Luftstrom zum Splitter unter dem Auto führen soll. Die Nasenspitze erinnert an das Vorjahr. Aerodynamiker Peter Prodromou ist dabei den gleichen Weg gegangen wie die meisten seiner Kollegen.

Ungewöhnliche Frontpartie

Der Frontflügel, der von der Nase kaum überragt wird, fällt mit einer zusätzlichen, vierteiligen Kaskade auf, die die Luft an den Vorderrädern vorbeischaufeln soll. Der Flügel selbst wirkt komplex und verfügt über zwei Hauptelemente und vier verstellbare Flügelblätter.

McLaren, Frontflügel

Der komplexe Frontflügel hängt an einer vierteiligen Halterung Zoom

Beim S-Schacht folgt McLaren dem allgemeinen Trend: Auch der MCL32 wurde mit der Entwicklung versehen, die verwirbelte Luft vom Frontflügel aufsaugen soll, die auf der Nase wieder austritt.

Interessanter ist da schon der Weg, den man bei den überdiemensionalen Leitblechen auf Cockpit-Höhe geht. Im Gegensatz zum simplen Red Bull hat Adrian Neweys ehemaliger Kollege Prodromou viel Liebe zum Detail bewiesen. Alle Elemente sind miteinander verbunden und sollen den Lufstrom in einer Art Tunnel über den unteren Bereich der Seitenkästen ins Heck leiten, wo er für Abtrieb sorgen soll.

Ausgefeiltes Leitblech-Konzept

"Zwischen den Vorderrädern und dem Lufteinlass beim Seitenkasten haben wir mehr Freiheiten", gibt Technikchef Tim Goss zu Protokoll. "Daher wird man dort sehr unterschiedliche Lösungen finden. Es gibt zwei oder drei Teams, darunter auch wir, die in diesem Bereich sehr stark ins Detail gegangen sind." Man darf gespannt sein, ob auch andere Teams dem Weg von McLaren und Ferrari folgen werden.

Bei den Seitenkästen bleibt Mclaren seiner seit zwei Jahren propagierten Zerosize-Philosophie treu. Die Heckpartie fällt daher sehr schmal aus und macht Red Bull durchaus Konkurrenz. Man muss also hoffen, dass die Honda-Antriebseinheit nicht unter Kühlproblemen leidet. Hinter der dieses Jahr bereits zum Standard gewordenen Finne, die bei McLaren besonders mächtig ausfällt, sorgt der Heckflügel bei Technikfreaks für neugierige Blicke.

Der komplizierteste Heckflügel der Formel 1

Vor allem die Endplatten sind so komplex wie bei keinem anderen Boliden. Neben den Lamellen an der Unterseite ist die Endplatte auch in dem Bereich mit Schlitzen versehen, in der er sich unten verjüngt. Mit diesem Trick, den man bereits im Vorjahr mehrmals ausprobierte, will McLaren einerseits den Diffusor beeinflussen, aber auch den Luftwiderstand des Heckflügels verringern, indem man die enstehenden Luftverwirbelungen abschwächt.

McLaren, MCL-32

Beim Heckflügel ist McLaren einen ungewöhnlichen Weg gegangen Zoom

Das könnte die Auswirkungen des Honda-Leistungsdefizit etwas weniger spürbar machen. Und damit konkurrenzfähiger werden, denn im Vorjahr schwächelte man vor allem in schnellen Kurven, während man bei harten Bremsmanövern und langsamen Kurven bei der Musik war.