• 03.12.2015 08:13

  • von Craig Scarborough (Haymarket)

Formel-1-Technik 2015: Teams zeigen Kniffe für 2016

Mercedes will den Vorsprung in der Formel 1 auch im kommenden Jahr wahren - Warum die hydraulische Aufhängung auch nach dem FRIC-Verbot dominiert

(Motorsport-Total.com) - Nachdem die Formel-1-Saison 2015 am Sonntag zu Ende gegangen ist und die Teams den Pirelli-Test komplettiert haben, ist der Start der Vorsaisontests für die Saison 2016 nur elf Wochen entfernt. Da die Zeit nun knapp ist, haben einige Teams Entwicklungen für 2016 bereits nach Abu Dhabi gebracht, um sie im ersten freien Training am Freitag zu testen.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Aber bitte mit Streifen: Mercedes erzeugt künstliche Wirbel unter dem Heckflügel Zoom

Das Ziel ist, wertvolle Daten zu sammeln, um die Programme über den Winter voranzutreiben. Bei Mercedes waren zwei signifikante Entwicklungen zu sehen: Eine veränderte Radaufhängung und ein aerodynamischer Trick mit dem Heckflügel.

Mercedes: Aufhängung

Die Änderungen an der Aufhängung betreffen die Anordnung der inneren Komponenten im Vorderwagen. Teile davon wurden zum ersten Mal an Hamiltons Auto mit dem S-Schacht in Brasilien getestet. Es sieht so aus, dass das Auto nun über einen einzelnen hydraulischen heave damper (die dritte Feder, die die Nickbewegungen des Fahrzeugs kontrolliert; Anm. d. Red.) verfügt, um die Aufhängung zu unterstützen, statt wie zuvor zweier separater Systeme von einer mechanischen Feder und hydraulischen Elementen.

Es ist ein beliebter Irrtum anzunehmen, dass seit dem Bann von miteinander kommunizierenden Vorder- und Hinterradaufhängungen (FRIC) im letzten Jahr hydraulischen Federelementen in der Formel 1 keine Bedeutung mehr zukäme. In Wirklichkeit haben die Teams an den Hydrauliksystemen festgehalten und lediglich die Verbindung von vorne nach hinten gekappt.

Hydraulische Elemente können auch ohne die Verbindung von Vorteil sein, wie die Teams gelernt haben. Sie mussten nur immer komplexere hydraulische Setups programmieren, um sowohl Nick- als auch Rollbewegungen zu kontrollieren. Damit kann der Renningenieur einen besseren Einfluss auf die Aufhängungsmodi nehmen.

Über die gesamte Saison hinweg hatte Mercedes einen einfachen mechanischen Federmechanismus, der als "front coil heave unit" bekannt ist, zwischen den Verbindungsstücken von Pushrods, Stabilisatoren und dem Stabilisator (dem sog. "Rocker", siehe auch Video; Anm. d. Red.) untergebracht. Dieses Gebilde ist durch die Öffnung auf der Oberseite des Chassis sichtbar. Weniger bekannt ist das separate hydraulische Element, das intern "front gas heave unit" genannt wird, und unterhalb der front coil heave unit untergebracht ist.

Dieses zweite Element ist das, was Mercedes eine solch exzellente Kontrolle über die Aufhängung ermöglicht. was sich in Onbardaufnahmen zeigt, wenn das Auto beim Anbremsen kaum nickt, aber trotzdem sehr elegant über Randsteine fährt und sich bei Rollbewegungen angenehm verhält. Da ein hydraulisches System bereits vorhanden war, ist das Abu Dhabi/Brasilien-Design eine Vereinfachung des gesamten Systems. Die hydraulische Vorrichtung sitzt jetzt weiter oben und die mechanische Federeinheit ist verschwunden.

Das Auto wird weiterhin einen mechanischen Federmechanismus erfordern, um das Gewicht abzufedern, aber das kann man auch über die Torsionsfedern erfolgen - oder, was wahrscheinlicher ist - durch ein separates System im Seitenkasten. Ein Vorteil von Hydrauliksystemen gegenüber einfachen Federn ist die Tatsache, dass sie überall platziert werden können und Platz im Fußraum sparen.


Erklärt: Eine Pushrod-Aufhängung

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Mit diesem neuen Aufhängungs-Layout und dem S-Schacht können wir davon ausgehen, dass das 2016er-Auto im vorderen Bereich des Monocoques anders aussehen wird und dass der durch die neue Aufhängung freigegebene Raum für den S-Schacht genutzt werden wird.

Mercedes: Heckflügel

Ebenfalls fiel an diesem Wochenende ein Detail am Heckflügel auf, an dessen Flap ein gezackter Streifen befestigt worden ist. Wir haben bereits ähnliche gezackte Elemente unterm Frontflügel gesehen. Das Design wird als "Trip Strip" beschrieben und ist aus der Luftfahrt bekannt. Es hilft, den Luftstrom an gekrümmten Flächen anliegen zu lassen. Am Heckflügel wurde der Streifen auf der Unterseite des Flaps angebracht - an einer Stelle, an der der Luftstrom in Turbulenzen übergeht.

Er sorgt für weitere Turbulenzen, die aber kontrolliert werden können. Jeder Zacken bringt neue, kleine Wirbel hervor. Damit wird der Luftstrom vorhersehbarer gemacht und es hilft insbesondere, den Luftstrom wieder in geordnete Bahnen zu leiten, wenn das DRS schließt. Diese Hilfe für den Luftstrom ähnelt dem "Monkey Seat" (der kleine zentrale "Y-100"-Flügel, der das Auspuffrohr umgibt und im Eingangsbild sichtbar ist; Anm. d. Red.): Er bringt keinen neuen Abtrieb, aber hilft der Luft, sich so zu verhalten wie sie soll.

Es wurde spekuliert, dass der Streifen die Luft für nachfolgende Fahrzeuge noch mehr verwirbelt. Es gibt zwar mehr Turbulenzen, aber auf diesem geringen Niveau ist es unwahrscheinlich, dass ein nachfolgendes Fahrzeug sie überhaupt spürt.

McLaren

McLaren hat seinen widerspenstigen MP4-30 in Abu Dhabi mit weiteren Updates ausgestattet und arbeitet weiter hart daran, zu evaluieren, in welche Richtung es beim Fahrzeug für 2016 gehen soll. Wieder einmal konzentriert sich die Arbeit darauf, das Auto schärfer anstellen zu können. Das Team hat darüber hinaus ein modifiziertes Lenkrad eingesetzt, das bereits früher zu sehen gewesen war.

Ein Teil der Philosophie des frühen Designs des Fahrzeugs war, die Verkleidung für die Hinterradaufhängung von 2014 beizubehalten, was aber Kompromisse bei der Anordnung der Querlenker erforderlich gemacht hat, weil die einzelnen Arme oberhalb des Diffusors sitzen mussten. Das erforderte eine ungewöhnliche Position für den unteren Querlenker, der hinter der Antriebswelle sitzt (was ein einzigartiges Layout darstellt).

Eine konventionellere Position des Querlenkers, um einen aerodynamischen Vorteil zu erzielen, kann teuer werden. Das Getriebe muss völlig neu designt werden, um einen Anlenkpunkt bereitzustellen, der mit den Kräften klarkommt.

Es scheint, als hätte McLaren diesen Weg eingeschlagen. Der untere Querlenker ist am selben Ort am Ende der Crashstruktur befestigt, aber der vorwärts gerichtete Arm erstreckt sich nun bis zum Getriebe hin und öffnet somit ein weites "V". Somit bestehen keine Zweifel, dass McLaren eine konventionellere Anordnung der Hinterradaufhängung für 2016 anstrebt.

Lotus

Während die Zukunft des Teams noch immer unsicher ist, worunter die Weiterentwicklung in der zweiten Saisonhälfte sehr gelitten hat, wartete Lotus mit einem unerwarteten Entwicklungsschritt auf, bei dem eine neue Nase nach Abu Dhabi gebracht wurde. Ähnlich wie Mercedes verfügt Lotus über eine stromlinienförmige und schmale Nase, die nahe an der Grenze dessen ist, wie kurz eine Nase sein darf.

Die neue Nase beschreitet einen ähnlichen Weg, doch jetzt ist die Spitze daumenförmig und nicht mehr abgerundet. Der Unterteil der Nase erscheint auf den ersten Blick dickbäuchig, aber das sind höchstwahrscheinlich lediglich die Pylonen, die sich nach hinten erstrecken und dort in ein Paar Vanes (die schwarzen Flügel unterhalb des Fußraums des Fahrers; Anm. d. Red.) übergehen - diese Idee wurde vom "Team Enstone" bereits in den Jahren 2009, 2010 und dann wieder im letzten Jahr mit dem doppelten Stoßzahn erfolgreich adaptiert.

Obwohl die Dimensionen der Nase ähnlich denen der vorherigen Lösung am E23 sind, ist es eine völlig neue Struktur, die einen eigenen Crashtest erfordert, um auf der Strecke eingesetzt werden zu dürfen. Das erfordert eine signifikante Investition und ist möglicherweise ein Zeichen dafür, dass die Zukunft des Teams jetzt etwas sicherer aussieht.

Force India

Da das Team mit gleich drei grundlegenden Frontflügel-Designs operiert, haben einige Beobachter fälschlicherweise gedacht, sie hätten einen neuen Frontflügel nach Abu Dhabi gebracht. Wie dem auch sei, einer der Flügel war mit kleinen an der Endplatte befestigten Kästen versehen. Dies sind keine aerodynamischen Bauteile, sondern Gehäuse für einen Laser-Sensor, der die Bodenfreiheit misst.

Mehrere Teams haben diese Sensoren in den letzten Jahren genutzt. Die Idee dahinter ist, dass die Lage des Flügels zur Strecke auf diese Weise stets überwacht werden kann, da der Abstand des Flügels zum Boden ein wichtiges Puzzleteil ist, damit Fronflügel funktionieren.