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  • 02.11.2015 08:35

  • von Craig Scarborough (Haymarket)

Formel-1-Technik Mexiko 2015: Die Luft wird dünn

Die dünne Luft, eine lange Gerade und wenig Grip stellten die Formel-1-Teams in Mexiko vor eine Herausforderung: Craig Scarborough erklärt, wie sie darauf reagierten

(Motorsport-Total.com) - Die Höhenlage, eine lange Gerade und eine Oberfläche mit wenig Grip: Die von Hermann Tilke umgebaute Strecke in Mexiko-Stadt stellte die Formel-1-Teams vor ungewöhnliche Herausforderungen. Daher konzentrierten sie sich am vergangenen Wochenende nicht auf Upgrades, sondern vielmehr darauf, die Autos an diese einzigartige Strecke anzupassen.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Nicht nur am Überrollbügel von Mercedes sah man zusätzliche Lufteinlässe Zoom

Auf 2.240 Metern über dem Meeresspiegel ist die Luft dünner als bei jedem anderen Rennen, was Einfluss auf die Motorleistung, die Kühlung und den Abtrieb hat. Da weniger Sauerstoff in der Luft ist, müssen die Motoren härter arbeiten, um Leistung zu erzeugen. Das ist mit einem Turbomotor möglich, dazu muss man lediglich die Leistung des Turboladers erhöhen, um mehr Ladedruck zu erzeugen.

Durch das Reglement wird die Drehzahl der MGU-H, die von der Welle des Turboladers angetrieben wird, jedoch auf 125.000 Umdrehungen pro Minute begrenzt. Viele Teams haben dieses Limit fast schon erreicht. Daher war es nicht möglich, einfach die Drehzahl zu erhöhen, sodass die Motorleistung sank.

In der dünneren Luft arbeiten auch die Kühler weniger effektiv, was sowohl Einfluss auf die Leistung als auch auf die Zuverlässigkeit hat. Um die Antriebseinheit ausreichend zu kühlen, mussten die Kühlluft-Öffnungen vergrößert und die Luftschächte überarbeitet werden. Mehrere Teams entschieden sich daher, die Luftschächte am Überrollbügel zu verändern.

Die Kühlung stand im Mittelpunkt

Oft nutzen Team die Airbox zur Kühlung des Getriebes oder des Ölkühlers. Unter normalen Umständen ist diese Anordnung effektiv. In der dünnen Atmosphäre von Mexiko ist die Maximierung des Luftflusses durch die Airbox besonders wichtig. Daher wird ein speziell dafür vorgesehene, ohrenartige Öffnungen an der Seite der Airbox ein separater Luftstrom zu den Kühlern geführt. Diese Anordnung ist zwar aerodynamisch ein kleiner Nachteil, optimiert aber die Motorleistung und Kühlung.

Abtrieb und Luftwiderstand sinken in der dünnen Luft ebenfalls, weshalb die Teams deutliche größere Flügel fahren mussten, um den Verlust in der Höhe auszugleichen. Trotz der langen Geraden fuhren die meisten Teams daher Flügel wie in Monaco, mit denen sie aber nur in etwa so viel Abtriebe wie in Monza erzeugten.

Trotz des Leistungsnachteils erreichten die Autos aufgrund des geringeren Luftwiderstands auf der langen Geraden größere Höchstgeschwindigkeiten als in Monza. Das Abbremsen aus diesen hohen Geschwindigkeit sorgt für Probleme mit den Bremsen. Viele Teams hatten die Anforderungen an die Bremsen und die geringere Kühlwirkung der dünnen Luft unterschätzt.

Mercedes
Eine speziell für Mexiko ausgelegte Kühler-Konfiguration war in den USA an Nico Rosbergs Auto getestet worden und wurde am vergangenen Wochenende an beiden Autos eingesetzt. Bei genauerer Betrachtung zeigte sich, dass die Luft der ohrenartigen Einlässe wahrscheinlich zum Getriebeölkühler führt, der von der Airbox ins Heck des Autos verlegt wurde.

Das Bremsproblem von Nico Rosberg im Freien Training entstand, weil das Team zu kleine Bremsbelüftungen gewählt hatte und die Bremsen deshalb überhitzten. Größere Einlässe lösten dieses Problem.

Ferrari
Abgesehen von einem größeren Kühlluftauslass sah man an den Ferrari keine offensichtlichen Änderungen an der Kühlung, was zeigt, dass die jalousienartige Anordnung der Kühler die Antriebseinheit sehr effektiv kühlt. Am Heck wurde zusätzlich zum großen Heckflügel ein neuer Mokey-Seat-Flügel eingesetzt. Dieser war in Singapur getestet, aber nicht im Rennen eingesetzt worden. Der Flügel ist etwas größer und hat längere Endplatten. Zudem wurde die seit dem Rennen in Austin veränderte hintere Kante des Diffusors etwas überarbeitet.

Force India
Das indische Team mit Sitz in Großbritannien wurde am vergangenen Wochenende um ein weiteres multinationales Element erweitert, denn Mexiko war das Heimrennen von Fahrer Sergio Perez. Aufgrund des großen Erwartungshaltung, entwickelte Force India einen neuen Heckflügel, der neben dem in Austin eingeführten Frontflügel erstmals im Rennen eingesetzt wurde.

Wie viele Updates, die Force India seit der Saisonmitte eingeführt hat, wurden diese im Windkanal von Toyota entwickelt und zeigten Anleihen zum Design der Flüge von Red Bull. Da nur die beiden Flügelelemente und nicht die Endplatte verändert wurden, ist die Führungskante des Flügels nun nicht mehr so stark abgestuft. Auch das Flügelblatt wurde fast unmerklich verändert.

Eine weitere Detailänderung betrifft die äußeren zehn Millimeter des Flügelprofils. Dort gelten die Einschränkungen auf die zwei Flügelelemente nicht, weshalb die Teams diesen Bereich in verschiedenste Profile aufteilen. Das ist nützlich, denn zwischen Flügel und Endplatte besteht in diesem Bereich ein Winkel von 90 Grad, in dem der Luftstrom nur schwierig zu beruhigen ist. Mehrere Profile in diesem engen Bereich helfen dabei, den Luftstrom anliegen zu lassen, wodurch der Flügel effektiv arbeitet.

Toro Rosso/Sauber
Wie Mercedes, hatten auch Toro Rosso und Sauber an den Seiten des Überrollbügels "Ohren" installiert, welche Kühler im Heck des Autos mit Luft versorgten.

Manor-Marussia
Das kleinste Team der Formel 1 hat mit der Einführung einer neuen Bremsbelüftung an der Vorderachse eines seiner seltenen technischen Updates gebracht. Während die alten Belüftungen eine abgestufte Vorderkante hatten, die um die innere Seitenwand des Reifens nach vorne führte, ist die Kante der neuen Belüftung einfacher und gerader. Die Innenseite scheint ähnlich angeordnet zu sein, aber das flachere Profil erlaubt nun die Anbringung eines Luftleitblechs, welches die Luft um die Innenseite des Rades herumführt.