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Formel-1-Technik 2015: Antworten auf die wichtigsten Fragen
Was waren die entscheidenen Entwicklungen der Formel-1-Saison 2015? Wie sind die Regeln 2017? Craig Scarborough beantwortet Technikfragen der Fans
(Motorsport-Total.com) - Dan Sainsbury (E-Mail): Welche Einzelentwicklung hat 2015 bei der Performance der Teams den größten Unterschied gemacht?
Craig Scarborough: In diesem Jahr tauchte keine große Neuerung auf, die alle anderen kopieren mussten, was ungewöhnlich für eine Formel-1-Saison ist. Die Konzepte der Teams liefen daher in diesem Jahr auf so ziemlich den gleichen Punkt hinaus.
© xpbimages.com
Die Frontflügel wurden 2015 stetig weiterentwickelt Zoom
Einer der Schlüsselpunkte war der Frontflügel. Seit der Flügel 2014 schmaler wurde, wird ständig an der Endplatte und dem stufenförmigen Bereich herumgespielt, um für einen sauberen Luftfluss rund um den Vorderreifen zu sorgen.
In diesem Jahr kam Mercedes zuerst auf das nach außen geschwungene Flügeldesign und das aggressiv gebogene, äußere Flügelprofil. Bis zum Saisonende war so ziemlich jedes Team, dass noch etwas Budget für die Weiterentwicklung übrig hatte, dieser Idee gefolgt, daher bleibt meiner Meinung nach der Frontflügel für die Teams weiterhin der Schlüsselbereich für die Weiterentwicklung.
@charlieagu (Twitter): Glaubst du, dass wir die Nasenlöcher von Force India 2016 wieder sehen werden?
Scarborough: Das ist eine clevere Idee, welche die Regeln geschickt ausnutzt. Sofern es die Struktur erlaubt, könnte man das bei einer kurzen Nase anwenden. Es ist allerdings aerodynamisch sehr komplex und könnte die Nase schwerer machen. Ich wäre überrascht, wenn ein Team mit einer bereits kurzen Nase diesen Weg einschlagen würde. Force India könnte dieses Konzept aber beibehalten und Ressourcen einsparen, anstatt eine kurze Nase zu entwickeln, die die Crashtests besteht.
@motorsport_geek (Twitter): Ist es irgendwie entschuldbar, dass McLaren trotz des gewaltigen Budgets in diesem Jahr keine deutlichen Fortschritte gemacht hat?
Scarborough: Ich bin mir nicht sicher, ob McLaren ein gewaltiges Budget hat. Aber sie haben sicherlich die Ressourcen und Fähigkeiten, um ein Siegerauto zu bauen. Wir dürfen nicht vergessen, dass sich McLaren zurück kämpfen muss, nachdem die Autos mehrere Jahre lang eine schwache Performance gezeigt haben. Es wird großer Investitionen bedürfen, um das Auto wieder in die Spur zu bringen.
Die Fortschritte im Jahr 2015 waren gewaltig. Das war auf der Strecke nicht immer zu sehen, aber bis zum Saisonende hatten sie das Auto grundlegend umgebaut und eine gute Richtung für 2016 eingeschlagen. Ich denke nicht, dass sich McLaren für sein Programm 2015 entschuldigen muss, aber ein vergleichbares Scheitern 2016 wäre vermutlich weniger leicht zu schlucken.
@Amit_Mandalia (Twitter): Nach allem, was du von den Regeln für 2017 gesehen hast: Wie sehr freust du dich auf diese Autos? Und was würdest du verändern?
Scarborough: Ich muss sagen, dass ich von den Regeln für 2017 und den Zielen, die man mit diesen Änderungen verfolgt, sehr enttäuscht bin. Ich finde kaum etwas daran, auf das ich mich freue. Ich verfolge den Sport seit Ende der 1970er-Jahre und kann mich nicht an Regeln erinnern, die nur das Ziel hatten, die Rundenzeiten zu verbessern (fünf Sekunden war die Vorgabe) und sonst nichts bewirken sollen.
Die breiteren Autos und bereiteren Reifen sollten eine interessante Veränderung sein. Die Fans haben oft mehr mechanischen Grip gefordert, damit das Überholen einfacher wird. Ich bin mir aber nicht sicher, ob in den langsamen Kurven - wo die breitere Abstimmung am meisten helfen wird - überholt wird oder eher in den schnellen Abschnitten.
Zu diesem Problem wird auch die neue Aerodynamik beitragen, die die Komplexität und Empfindlichkeit der Frontflügel kaum einschränkt. Es scheint das alles, über das sich die Arbeitsgruppe Überholen vor dem Jahr 2009 intensiv Gedanken gemacht hat, im Laufe der Regelfestlegung vergessen wurde. Wenn ich die Regeln bestimmen könnte, würde ich die Komplexität des Frontflügels einschränken und zu einem besser ausbalancierten Aerodynamik-Setup mit einem größeren Diffusor und Unterboden zurückkehren.
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Toro Rosso fährt 2016 mit Vorjahres-Antrieben von Ferrari Zoom
@tyrewear (Twitter): Wie kann ein Team wie Toro Rosso, die 2016 eine Antriebseinheit auf Stand des Vorjahres verwenden, den Motor im Laufe der Saison weiterentwickeln?
Scarborough: Die Spezifikation der Antriebseinheit von Toro Rosse wird das ganze Jahr eingefroren. Teile können nur aus den üblichen drei Gründen Kosteneinsparung, Zuverlässigkeit und Sicherheit ausgetauscht werden, nicht aber aus Gründen der Performance.
Es wird auf die Software-Abteilung ankommen, die Antriebseinheit so effizient wie möglich einzustellen, und auf den Benzin- und Ölpartner, der über neue Formeln zusätzliche Pferdestärken erzeugen kann. Nur diese Wege kann das Team gehen.
Lara Shaw (E-Mail): Wir gehen nun ins dritte Jahr der aktuellen Regeln. Gibt es Anzeichen dafür, dass das Feld aufgrund des stabilen Reglements 2016 enger zusammenrückt? Gehen Mercedes irgendwann die Ideen aus?
Scarborough: Es stimmt, dass die Performance, die man noch aus den Regeln herausholen kann, begrenzt ist. Die Teams verfolgen ähnliche Designs, wodurch das Feld hoffentlich enger zusammenrückt.
Mercedes hat in den vergangenen beiden Jahren zwar sehr viel richtig gemacht, aber es gibt immer noch Spielraum um das Auto zu verbessert. Da sie so sehr dominierten, verlief die Weiterentwicklung des Autos sehr gedämpft. Sie haben ihre Ressourcen um mehr Performance zu finden, noch nicht voll ausgenutzt. Da Ferrari aufholt, wird der Mercedes des Jahrgangs 2016 optisch wahrscheinlich deutlich anders als das Auto der vergangenen beiden Jahre aussehen, damit sie die Nase vorne behalten.
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@LuisFeF1 (Twitter): Glaubst du, dass die Autos durch die neuen Regeln für den Auspuff und den Auslass des Wastegates lauter werden?
Scarborough: Zunächst war ich skeptisch, den die Trennung der Auslässe von Turbo und Wastgate sorgt auf den ersten Blick nicht für mehr Lautstärke. Mir wurde dann aber erklärt, dass der dumpfe Auspuffklang, über den sich viele Leute beschweren, vor allem durch die momentane Anordnung verursacht wird, bei der das Wastegate in das Hauptauspuffrohr mündet.
So wie ich es verstehe, wirken die Auslässe des Wastegates, die in Hauptauspuffrohr münden, als eine Art Schalldämpfer. Die ist auch als Nebenschlussresonator-Effekt bekannt. Nachdem die Auslässe des Wastegates nun getrennt verlaufen, sollte der Lärm durch den Turbo ungehindert ins Ohr der Zuschauer gelangen.
@Tomek_94 (Twitter): "Aus welchem Grund gibt es in der nächsten Saison zwei zusätzliche Auslässe des Wastegates und nicht nur einen?
Scarborough: Die Teams setzten zwei Wastegates ein, normalerweise eins pro Zylinderbank. Daher sind separate Auslässe beim Einbau und Betrieb der Wastegates deutlich einfacher.
Ollie Stavrinou (E-Mail): Die Leute sagen, dass Haas konkurrenzfähig sein wird, weil sie alles von Ferrari bekommen, aber solche Partnerschaften zwischen großen Teams und anderen, die trotzdem hinten fuhren, gab es doch schon. HRT fuhr mit einem Getriebe von Williams und Caterham mit Teilen von Red Bull. Was soll bei Haas anders sein?
Scarborough: Die Teams, von denen du sprichst, verwendeten Getriebe oder die Hydraulik eines anderen Team. Haas hingegen übernimmt so gut wie alles, was sie einkaufen dürfen, selbst Pedale oder die Lenkung.
Daher muss Haas nur die von der FIA aufgeführten Teile selbst herstellen, vor allem das Chassis, die Crashstrukturen und die Aerodynamik-Bauteile. Dadurch kann sich Haas auf die Bauteile konzentrieren, die wirklichen Einfluss auf die Performance haben, wird die Saison mit gut entworfenen Teilen beginnen und im ersten Jahr in der Formel 1 eine Menge lernen.
Als 2010 die drei neuen Teams in die Formel 1 einstiegen, mussten die Designer hunderte von Bauteilen entwerfen, die nur wenig zur Rundenzeit des Autos beitragen. Selbst Jahre später liefen die Designbüros diesem Rückstand noch hinterher. Haas kann hingegen die richtigen Prioritäten setzen und sollte daher in seiner ersten Saison mehr Erfolg haben als andere Teams.
© Haas
Das Haas-Team bedient sich großzügig bei Ferrari Zoom
@atticvs2 (Twitter): Was meinst du, wie sehr kann Renault die Antriebseinheit mit Hilfe von Ilmor verbessern? Können sie die Leistung von Ferrari aus der Saison 2015 erreichen?
Scarborough: Wir dürfen nicht vergessen, dass Ferrari im Winter 2014/15 große Fortschritte gemacht hat und ihre Performance im vergangenen Jahr auf dem Niveau von Renault war. Wenn man das im Hinterkopf behält, ist es es für Renault sicherlich möglich, Fortschritte zu machen.
Die Aufgabe ist für sie sogar noch einfacher als für Ferrari, denn bei ihnen ist der Verbrennungsmotor die Schwachstelle der Antriebseinheit. Nachdem sich Renault durch den Kauf von Lotus neu zur Formel 1 bekannt hat, sollten die entsprechenden Ressourcen vorhanden sein. Ilmor bringt zudem sein Wissen von den IndyCars ein, wo ähnliche Motoren eingesetzt werden. Alle Zutaten für eine Aufholjagd sind vorhanden.
Holly Drysdale (E-Mail): Lewis Hamilton hat darüber gesprochen, dass Mercedes nach den Problemen in Singapur Änderungen vorgenommen hat, nach denen das Auto Nico Rosberg besser gelegen hat als ihm. Was haben sie verändert?
Scarborough: Hamiltons Aussagen sind verwirrend. In Italien wurden die Regeln hinsichtlich Reifendruck und -temperaturen verändert, und beim nächsten Rennen in Singapur hatten sie Probleme mit den Reifen.
Die Abstimmung wurde zweifellos verändert, aber es ist noch nicht klar, was genau verändert wurde und warum das solche Auswirkungen auf Hamiltons Pace hatte. Er hat in den USA noch gewonnen, aber nachdem er die Meisterschaft in der Tasche hatte, fiel er einige Zehntel zurück. Das kann Kopfsache sein, aber auch am Auto liegen, doch niemand bei Mercedes hat eine richtige Erklärung dafür.