• 16.02.2005 19:56

  • von Hust / Helgert

Formel 1 steht vor größtem Machtkampf ihrer Geschichte

Die Automobilherstellern sind einen Schritt weiter, sie konnten die unabhängigen Teams von ihrer Konkurrenzserie scheinbar überzeugen

(Motorsport-Total.com) - Ferrari hat sich bis 2012 an die Formel 1 gebunden, die anderen Teams sind derzeit nicht bereit, das Angebot von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone zu unterschreiben. Die der 'GPWC' angehörenden Automobilkonzerne DaimlerChrysler, BMW und Renault haben sich nun auch noch Honda und Toyota an Bord geholt. Nach einem Treffen am Mittwoch in England veröffentlichten die fünf Hersteller eine gemeinsame Pressemitteilung - nicht unter dem Label der 'GPWC' - in der die Eckpunkte der heute geführten Diskussion festgehalten sind.

Titel-Bild zur News: Formel-1-Kommission

Die Teamchefs verhandeln - mit Ecclestone und den Automobilherstellern

Wie das Meeting tatsächlich verlief, kann nur gemutmaßt werden. Kein Teamchef wollte sich zu dem Treffen offiziell äußern, das viereinhalb Stunden andauerte. Doch scheinbar waren die Hersteller gut vorbereitet, haben ein neues Konzept vorgelegt, das zu überzeugen wusste, was bei den bisherigen Diskussionsrunden ganz offenbar nicht immer der Fall war.#w1#

Die Privatteams mischen mit

Fakt ist: Sauber, Red Bull Racing und Jordan (bzw. Midland) haben sich nun erstmal dem Vorhaben der Automobilhersteller angeschlossen - ob sie es dabei wirklich ernst meinen oder die Verhandlungen nur zum Pokern nutzen wollen, bleibt abzuwarten. Doch die Automobilhersteller wissen zu locken: Zum einen mit günstigen Motoren, zum anderen mit dem Versprechen, dass alle Teams in der neuen Serie gleich behandelt werden sollen - etwas, das Ex-Formel-1-Teamchef Eddie Jordan gerade nicht so recht glauben mag.

Formel 1 steht vor gewaltiger Zerreißprobe

"Das wird einige Leute auf unterschiedliche Art und Weise beeinflussen. Es wird nun wirklich gefährlich, denn es existiert eine lebensfähige Alternative", wird ein Teamvertreter von 'GrandPrix.com' zitiert, dessen Name nicht genannt wird. "Es besteht der große Wunsch, dass es keine zwei Serien geben soll, aber wir haben es hier mit einer Situation zu tun, die die größte Gefahr darstellt, die die Formel 1 jemals gesehen hat."

Sauber, Red Bull Racing und Jordan haben die heute festgehaltenen Punkte nach Angaben der Hersteller "wohlwollend willkommen geheißen" - das Minardi-Team wird nicht genannt. Sie sollen zu den gemachten Vorschlägen Stellung beziehen, wenn sie sich intern noch einmal beratschlagt haben.

Grundsätze der 'GPWC' sollen bestehen bleiben

Heute hat man sich darauf geeinigt, dass man einen neuen Rahmen für die Teilnahme am Grand-Prix-Motorsport nach 2007 aufbauen wird, dabei haben es alle Parteien gutgeheißen, dass man sich an die zuvor von den 'GPWC'-Vertretern entwickelten Prinzipien halten wird, um das Technische und Sportliche Reglement zu verabschieden.

Die kommerziellen Aspekte des Sports soll die 'International Sport and Entertainment AG' ('iSe') unter diesem Namen ausarbeiten, das unterstützen alle Parteien. 'iSe' wird die Arbeit in dieser Beziehung fortsetzen.

Motoren-Support wird zum Kernthema

Die Hersteller haben sich darauf geeinigt, einem zweiten Team konkurrenzfähige Motoren zu einem "erschwinglichen Preis" zur Verfügung zu stellen. Dies sei die notwendige Bedingung für die Schaffung einer neuen Serie, die den verabschiedeten Grundsätzen ("Governing Principles for Grand Prix Motor Racing") genügt.

Pikant: Sollte eines der Privatteams sich der Konkurrenzserie verschreiben, würde der betreffende Rennstall schon 2006 Motoren zu diesen Konditionen erhalten! Also eine Art "Köder" der Automobilhersteller. Formel-1-Boss Bernie Ecclestone hat Ferrari angeblich 100 Millionen Dollar für die Vertragsverlängerung gezahlt, auch die anderen Teams sollen mit einer Sonderzahlung "geködert" werden.

Alle Parteien werden zusammen Arbeitsgruppen im Bereich Technik, Sport und Management mit den passenden Spezialisten aufbauen. Diese sollen innerhalb eines definierten Zeitrahmens handeln und eine neue Struktur und ein Reglement erarbeiten, sodass die Teams in der Lage sind, sich ordentlich und rechtzeitig auf 2008 vorzubereiten.

Ecclestone steht vor einer großen Herausforderung

In den kommenden Wochen muss Formel-1-Boss Bernie Ecclestone versuchen, die Teams wieder näher auf seine Seite zu bekommen. Sie sind von dem Angebot des Briten weiterhin nicht überzeugt oder könnten die Arbeit der Automobilhersteller dazu nutzen, um sich selbst in eine bessere Verhandlungsposition zu bekommen, denn durch die Masse der "Abtrünnigen" werden die anderen Teams für "Mister E" so wertvoll wie der klingende Name Ferrari.

Alleine mit Ferrari, ganz ohne die Automobilhersteller, wäre auch die Formel 1 nicht überlebensfähig. Auch das hochstilisierte Thema des Begriffs "Formel 1" ist wohl kein ganz so heißes Eisen. Der 'Daily Telegraph' berichtet, dass die 'GPWC' die Konkurrenzserie Formel 1 nennen darf, dies bestätigt sogar ein Sprecher des Patentamts. So sei die Markenregistrierung nur für eine bestimmte 'Formula One' gültig, nämlich die 'FIA Formula One World Championship'.

"Krieg" zwischen FISA und FOCA war "ein kleiner Fisch"

Nach Einschätzung des Insiders sei der "Krieg" zwischen der FISA und FOCA dagegen "ein kleiner Fisch" gewesen. Beim Streit FISA gegen FOCA ab 1980 organisierten nicht die Hersteller den Widerstand, sondern die in der FOCA - welche von Bernie Ecclestone geführt wurde - zusammengeschlossen Teams. Der damalige FISA-Präsident Jean-Marie Balestre wollte Reglementänderungen unter Umgehung der zugesicherten Zwei-Jahres-Frist durchsetzen und die kommerziellen Rechte der FOCA wieder entreißen.

Die Teams der FOCA, in der nicht alle Teams organisiert waren, schlossen sich daraufhin in der 'World Federation of Motor Sport' ('WFMS') zusammen. Der Streit dauerte mehrere Jahre. Im Mittelpunkt standen die kommerziellen Rechte, die Ecclestone halten wollte. Zudem standen einige Entscheidungen der FISA in der Kritik, die mit aller Gewalt versuchte, die durch die Turbomotoren immer schnelleren Autos einzubremsen.

1982 gipfelte der Streit darin, dass der Grand Prix von Südafrika keinen WM-Status mehr erhielt und in Imola nur die Teams fuhren, die nicht in der FOCA tätig waren. Auch wenn der Streit nie zum Bruch führte, so plante auch die FOCA eine 'FOCA World Professional Drivers Championship', schlussendlich musste die FISA jedoch zurückstecken.

Ganz ohne Ferrari geht es nicht...

Bei dem Treffen in Cliveden sollen sich die Hersteller übrigens dafür ausgesprochen haben, dass Ferrari zu einem späteren Zeitpunkt der Konkurrenzserie zur Formel 1 beitreten kann, aber nur zu den Bedingungen, wie sie für alle Teams gelten - "Extrawürste" soll es keine geben. "Alle Parteien haben sich darauf geeinigt, dass alle Teams eingeladen sind, zu gleichen Bedingungen beizutreten", heißt es in der heutigen Mitteilung.