Formel-1-Autos 2022: Auf diese Designtrends muss man achten!
Was die bisher gezeigten Autos über das neue Formel-1-Reglement für 2022 und das Design der Rennwagen verraten und welche Bereiche besonders spannend werden
(Motorsport-Total.com) - Auch wenn die bisher vorgestellten Autos nicht genau die Autos sind, die in der Formel-1-Saison 2022 auf die Strecke gehen werden: Sie verraten doch einiges darüber, wie die Konstrukteure die neuen Regeln interpretieren. So viel steht fest nach den ersten Fahrzeug-Präsentationen vor Beginn der Wintertests.
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Formel-1-Designstudie für 2022 und das neue Reglement (von Sommer 2021) Zoom
Denn schon der Haas VF-22 als das erste vorgestellte 2022er-Auto hat aufgezeigt: Es gibt einige Bereiche, in denen sich die neue Rennwagen-Generation von der Designstudie unterscheidet, welche die Formel 1 im Sommer 2021 als Vorschau für 2022 präsentiert hat. Doch der Reihe nach.
Radstand
Beim Radstand gab es in der jüngeren Formel-1-Vergangenheit oft große Unterschiede zwischen den einzelnen Fahrzeugen. Unter dem neuen Reglement ab 2022 wird der Abstand zwischen Vorder- und Hinterachse zumindest nicht weiter anwachsen: Es gibt nun einen maximalen Radstand. Das heißt aber auch: Bis zu dieser Grenze haben die Teams freie Hand.
Seitenkästen
Große Unterschiede erwarten wir vor allem beim Design der Seitenkästen, weil die Regeln den Konstrukteuren hier einiges an Spielraum lassen. Eine neue Vorgabe für die seitliche Crashstruktur aber macht ein Umdenken erforderlich: Die hohen Lufteinlass-Öffnungen in den Seitenkästen, wie sie Ferrari in der Saison 2017 eingeführt hat und wie sie zuletzt Formel-1-Standard waren, können nicht mehr in gleicher Form verwendet werden, weil die Sicherheitsstrebe nun 60 Millimeter höher am Chassis angebracht ist.
Hinzu kommen neue Referenzflächen für die Gestaltung von Seitenkästen und Motorhaube. Daraus ergibt sich: In unmittelbarer Nähe zu den Lufteinlässen in den Seitenkästen dürfen keine Winglets oder ähnliche Luftführungsteile angebracht werden.
Und auch wenn der bereits vorgestellte Haas VF-22 nicht dem finalen Fahrzeug entspricht, das Auto hat doch gezeigt, wie weit sich die Formel-1-Teams von der im Sommer 2021 gezeigten Designstudie entfernen könnten.
© Giorgio Piola
Zeichnerische Darstellung möglicher Seitenkästen-Designs für die Formel 1 2022 Zoom
Diese Designstudie nämlich deutete auf lange, hohe und stark eingeschnittene Seitenkästen hin, die teilweise (je nach Streckenprofil) mit zusätzlichen Kühlöffnungen versehen sein könnten. Wahrscheinlich ist aber, dass die Konstrukteure deutlich kürzere Seitenkästen entwerfen, wie schon in der jüngeren Vergangenheit. Denn eine solche Bauweise bringt einige aerodynamische Vorteile mit sich.
Wie immer kommt es bei der Gestaltung der Seitenkästen vor allem darauf an, welche Komponenten darin untergebracht werden müssen. Üblicherweise zieht man die Außenhaut des Fahrzeugs möglichst kompakt um Kühler und Elektronik herum, allerdings so, dass alle Systeme noch genug Frischluft abbekommen.
Getriebe
Beim Getriebe lautet die große Frage: Wie genau soll das Getriebegehäuse aussehen? Denn das kann zum Beispiel einen Einfluss auf den Radstand oder die Positionierung weiterer Komponenten im Auto haben. Und natürlich geben das Getriebe und dessen Form teilweise vor, wie genau das "Cola-Flaschen-Heck" designt werden kann.
Frontpartie
Die Frontpartie der neuen Formel-1-Fahrzeuge ist per Reglement strenger definiert als bisher. Die Regeln zwingen die Teams regelrecht dazu, ästhetische Lösungen zu finden, weil die Nase tief liegen muss. Die Frontpartie geht anschließend sauber auf das Chassis über.
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Wie lange die Nase im Verhältnis zu ihrer Position über dem Frontflügel sein darf, das gibt das Reglement nicht haarklein vor. Klar ist aber: Die Vorderachse muss, von vorne betrachtet, in einem Bereich von 100 Millimetern ab der Vorderkante des Chassis angebracht sein. Auch hier sind unterschiedliche Bauweisen möglich - und ein "Nachrüsten" im Saisonverlauf, sollte sich eine Version als die bessere herausstellen.
Radaufhängung
Zugstange oder Schubstange? Das ist die Frage bei der Vorderrad-Aufhängung der neuen Formel-1-Autos. Es heißt, McLaren werde sich beim Neuwagen auf erstere Variante verlassen, anders als noch 2013. Ferrari war von 2012 bis 2015 ebenfalls mit einer Zugstangen-Aufhängung unterwegs und verfügt damit über Erfahrungsdaten aus der jüngeren Vergangenheit.
Allerdings: Die ersten Bilder des Haas VF-22 legen nahe, dass Haas auf eine Schubstangen-Aufhängung setzt. Bleibt es also bei technisch ähnlichen Konzepten bei Haas und Ferrari oder geht man hier bewusst gegensätzliche Wege? Beides ist denkbar.
In jedem Fall gibt die Aerodynamik hier den Weg vor. Sollten die Konstrukteure den Eindruck haben, eine der beiden Vorgehensweisen erlaube mehr Designfreiheit an anderer Stelle (zum Beispiel rund um die Seitenkästen oder an der Vorderkante des Unterbodens), dann wird man sich für diese Lösung entscheiden - und etwaige Nachteile in Kauf nehmen.
Wer mit Zugstangen an der Vorderachse operiert, bekommt dafür einen besseren Fahrzeug-Schwerpunkt. Weil bei dieser Konfiguration manche Teile für die Mechaniker aber nicht besonders leicht zu erreichen sind, kann sich das nachteilig auswirken, wenn beispielsweise Set-up-Änderungen vorzunehmen sind. Hier gilt es abzuwägen.
Front- und Heckflügel
Das Design des Frontflügels wurde noch einmal vereinfacht. Den "neutralen Bereich" in der Mitte des Hauptprofils gibt es nun nicht mehr. So wird man den sogenannten Y250-Luftwirbel los, den sich die Teams seit 2009 verstärkt zunutze gemacht hatten. Der Frontflügel sitzt zudem 25 Millimeter höher als bisher, also 100 Millimeter über der Fahrbahn statt nur 75 Millimeter.
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Zeichnerische Darstellung von Front- und Heckflügel unter dem Formel-1-Reglement ab 2022 Zoom
Es sind maximal vier Elemente erlaubt. Diese werden eingerahmt von jeweils seitlich angebrachten Endplatten, die nun direkt aus dem Hauptprofil nach oben gebogen werden, und von der Nase des Fahrzeugs.
Die Endplatten an sich verfügen jetzt nicht mehr über waagrechte Unterkanten. Diese Kanten sind bisher dazu verwendet worden, den Luftstrom seitlich an den Vorderrädern vorbeizulenken. Das ist so nicht mehr möglich. Ebenfalls verschwunden sind die Luftleitstreben, die bisher unterhalb des Frontflügels angebracht waren. Auch damit haben die Teams versucht, die Luft um die Vorderräder herumzuleiten und Verwirbelungen zu minimieren.
Die Gesamtbreite des Frontflügels liegt weiterhin bei 2.000 Millimetern, aber nur aufgrund der seitlichen Winglets an den Endplatten, die links und rechts um 25 Millimeter über die Endplatten hinausragen.
Auch der Heckflügel ist in der Saison 2022 höher angebracht, wenn auch nicht so hoch wie in der Zeit von 2009 bis 2016. Damals betrug die Höhe der Heckflügel 950 Millimeter. Jetzt sind es 910 Millimeter, was einer Erhöhung um 40 Millimeter ausgehend von 870 Millimetern in der Saison 2021 darstellt.
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Zeichnerische Darstellung von Diffusor und Heckflügel unter dem Formel-1-Reglement ab 2022 Zoom
Diese Anpassung kommt nicht überraschend: Beim neuen Formel-1-Reglement geht es schließlich darum, das Racing zu verbessern. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Luftwirbel hinter dem vorausfahrenden Fahrzeug anders gestaltet werden. Deshalb die neue Höhe des Heckflügels.
Doch da passiert noch mehr: Der obere Bereich des Heckflügels darf ab sofort 1.230 Millimeter breit sein statt nur 950 Millimeter wie bisher. Das bedeutet: Der obere Teil des Heckflügels mit den Flügelprofilen ragt seitlich über die Hinterräder hinaus.
All diese Änderungen haben sicherlich einen Einfluss auf die Luftverwirbelungen hinter dem Fahrzeug. Dass die Flügelprofile nun direkt in die seitlichen Endplatten übergehen, dürfte ebenfalls einen gehörigen Teil dazu beitragen, den Luftwirbel zu verändern.
Unterhalb des Hauptprofils am Heckflügel gibt der sogenannte Beam-Wing sein Comeback in der Formel 1, nachdem er ab 2014 verboten gewesen war. Auf den Bildern des Haas VF-22 war in diesem Bereich nur ein Element zu sehen, möglich sind aber bis zu zwei.
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Und auch wenn es bisher weder bei der Formel-1-Designstudie noch auf den Bildern zum Haas VF-22 zu sehen war: Das Drag-Reduction-System (DRS) bleibt. Allerdings klappt künftig nicht mehr das komplette obere Flügelprofil nach oben, sondern nur der innere Teil davon - weil das Flügelprofil außen in die seitlichen Endplatten übergeht, was bisher nicht der Fall war.
Bis 960 Millimeter darf der DRS-relevante Abschnitt des oberen Flügelprofils breit sein. Und wie bisher darf die Lücke im aufgeklappten Zustand bei aktiviertem DRS nicht mehr als 85 Millimeter betragen.
Diffusor
Große Neuerungen gibt es beim Diffusor im Heck des Fahrzeugs, natürlich im Zusammenspiel mit den neuen Venturi-Kanälen unterhalb des Autos. Beim Diffusor haben die Konstrukteure 2022 einen kleineren Spielraum: Statt bisher 1.050 Millimetern sind in der Breite nur noch 750 Millimeter erlaubt. Dafür darf der Diffusor bis 310 Millimeter hoch reichen, wo bisher die Grenze bei 175 Millimetern angesetzt war.
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