• 15.03.2015 12:01

  • von Dieter Rencken & Ryk Fechner

Force India: Zuverlässigkeit als Schlüssel zum Erfolg

Nico Hülkenberg und Sergio Perez haben beim Formel-1-Auftakt 2015 in Melbourne von Fehlern der Konkurrenz profitiert und sind in die Top 10 gefahren

(Motorsport-Total.com) - "Mit beiden Autos in den Punkten zu landen, ist ein guter Anfang, um in die Formel-1-Saison zu starten", sagt Vijay Mallya nach dem Saisonauftakt im australischen Melbourne. Erleichterung schwingt mit. Denn der Force-India-Teamchef sah ein turbulentes Rennen, bei dem seine Fahrer Nico Hülkenberg und Sergio Perez von den Startplätzen 13 und 14 die Zielflagge als Siebter und Zehnter sahen.

Titel-Bild zur News: Jenson Button, Sergio Perez

Kamen sich öfter nahe: Sergio Perez (rechts) setzte sich gegen Button durch Zoom

Das bedeutet sieben Punkte für die Konstrukteurswertung. Zwar ist das Auto zuverlässig, allerdings sieht Force India vor allem auf der Performance-Seite Handlungsbedarf - wohl auch, weil man mit mehr als einer Runde Rückstand ins Ziel kam.

Während Hülkenberg ein eher unscheinbares, aber effizientes Rennen fuhr, hatte sein Teamkollege Perez alle Hände voll zu tun: Zu Beginn des Rennens traf es den Mexikaner hart. Er musste nach der frühen Safety-Car-Phase auf Anweisung der Rennleitung seine Position an Marcus Ericsson (Sauber) zurückgeben. Perez, der zuvor an der Box von weichen auf harte Reifen gewechselt hatte, hatte den Schweden in der Startphase regelwidrig überholt. Zum Zeitpunkt der Anweisung lag Jenson Button zwischen den beiden, also musste Perez gleich zwei Kontrahenten passieren lassen. "Das hat meinem Rennen geschadet", meint er.

Button macht Perez das Leben schwer

Fehlerfrei blieb Perez unter dem Druck der Anfangsphase nicht. In Runde sieben ging beim Versuch, sich das Abreißvisier zu entfernen, in Kurve drei die Straße aus, als er den Bremspunkt verpasste. Auch aus seinem Mercedes-Antrieb konnte Perez gegen McLaren-Fahrer Button kaum Profit schlagen, obwohl dieser mit dem kränkelnden Honda-Aggregat unterwegs war.

"Button war auf weichen Reifen und obwohl ich schneller war, war es nicht einfach, ihn zu überholen. So habe ich auf der Strecke viel Boden verloren", schildert Perez die Situation aus seiner Sicht. Auch McLaren war nicht entgangen, dass durch die hohe Ausfallquote im Rennen Punkte in Reichweite waren. "Mach' es ihm nicht zu leicht", funkte der McLaren-Kommandostand dem Briten, als Perez auf ihn aufschloss und ihn wild attackierte.

In Runde 14 setzte Perez dann zum Überholversuch an und kollidierte mit Buttons McLaren. "Er war noch nicht auf gleicher Höhe", kommentiert Formel-1-Experte Marc Surer das Geschehen bei 'Sky'. Der Dreher und abgefallene Kleinteile trugen wohl weiter zum Zeitverlust für Perez bei. Zur Halbzeit des Rennens fand der Force-India-Pilot dann einen Weg vorbei an seinem Rivalen, da Button von Reifenproblemen geplagt wurde.

Jenson Button, Sergio Perez

Bei der Kollision mit Button lässt der Force India von Sergio Perez Federn Zoom

Hülkenberg schleicht sich auf Rang sieben

"Sergio hatte ein ereignisreiches Rennen und erholte sich später von einer Berührung und einem Dreher, die er frühzeitig hatte", sagt Teamchef Mallya. "Er machte in einem sehr langen Stint das Beste aus seiner Fähigkeit, gut mit den Reifen umzugehen. Damit konnte er Positionen gutmachen", fährt der Inder fort. Perez ergänzt: "Ich war im Vergleich zu Nico auf einer anderen Strategie, um die Chancen des Teams zu maximieren. Deshalb sei er neben Verstappen und Ericsson der einzige im Feld gewesen, der das Rennen auf der mittleren Reifenmischung begonnen habe.

Angetan ist Teamchef Mallya von Hülkenbergs klammheimlichen Marsch nach vorn: "Nico hat ein exzellentes Rennen hingelegt. Vom Start bis zur Zielflagge hat er keinen Fahrfehler gemacht. Es sah aus, als habe er alles kontrolliert."

Dass Hülkenberg punkten würde, stand für Mallya früh im Rennen außer Frage. Dabei hatte der Deutsche selbst zu Beginn des Wochenendes seine Zweifel gehabt. Als er von 'SkySports F1' gefragt wird, ob er zu Beginn des Wochenendes Punkte für möglich gehalten habe, sagt er: "Eigentlich nicht! Ich bin sehr erfreut und stolz darauf, was wir heute erreicht haben. Offensichtlich haben wir viel von den Ausfällen profitiert", meint Hülkenberg und stimmt damit in den allgemeinen Tenor des Teams ein.

Force India auf der Suche nach Abtrieb

"Vor dem Wochenende haben wir gesagt, dass wir nicht die schnellsten Jungs da draußen sind. Aber da draußen gibt es Rookies, es gibt Teams, die mit dem Motor Probleme haben. Also mussten wir nur bereit sein und daraus Kapital schlagen, wenn sie Probleme haben. Und das ist, was wir heute getan haben", berichtet "Hulk". Mit einer Zweistopp-Strategie gelang es dem Emmericher, sich aus allen Scharmützeln auf der Strecke herauszuhalten.

Nico Hülkenberg

Unauffällig aber schnell: Nico Hülkenberg machte das Beste aus seinen Möglichkeiten Zoom

Auch der stellvertretende Teamchef Robert Fernley kann den glücklichen Einstand kaum fassen. Er sei überrascht, sagt er. "Wir hatten schon vor dem Rennen gesagt, dass wir die Chance ergreifen müssen. Zuverlässigkeit war für uns der Schlüssel und wir haben die Chancen ergriffen", meint er auf Nachfrage von 'Motorsport-Total.com'.

Dass man auch gepunktet hätte, wenn es ein volles Fahrerfeld und ein Rennen unter normalen Umständen gegeben hätte, glaubt Fernley dagegen nicht. "Wir haben im Moment nicht die Pace. Daran müssen wir arbeiten, das ist der Schlüssel. Aber die Punkte, die wir in der Tasche haben, sind es wert, dass man sie hat. Das ist eine Erleichterung", so Fernley.


Großer Preis von Australien

Dass es noch viel Arbeit am VJM08 gibt, weiß die Truppe nur zu gut. Der Wagen war erst spät fertig geworden, entpuppte sich aber als zuverlässig. Jetzt muss am aerodynamischen und mechanischen Grip gearbeitet werden. Denn das ist erforderlich, wenn es das Team mit der direkten Konkurrenz von Toro Rosso und Sauber aufnehmen will. Der Sauber von Felipe Nasr verfüge beispielsweise über "deutlich mehr Abtrieb", meint Hülkenberg erkannt zu haben.