• 22.01.2014 15:41

Force India: Mercedes als langfristiger Vorteil

Force-India-Betriebsdirektor Otmar Szafnauer erklärt, wieso der Wechsel von McLaren auf Mercedes von Vorteil ist und wieso man manchmal einfach raten muss

(Motorsport-Total.com) - Bei Force India herrscht so etwas wie Aufbruchstimmung. Mit dem neuen VJM07 bricht der Rennstall in eine neue Ära auf, für die man sich dank der langen Vorlaufzeit gut gerüstet sieht. Force Indias Betriebsdirektor Otmar Szafnauer ist dennoch vorsichtig, da die Hersteller seiner Meinung nach einen großen Vorteil haben. Wie schwierig der Winter für das kleine Team war und was man sich von der Zusammenarbeit mit Mercedes erhofft, das erzählt er im Interview.

Titel-Bild zur News: Otmar Szafnauer

Otmar Szafnauer ist mit den Vorbereitungen im Winter sehr zufrieden Zoom

Frage: "Wie würdest du die Arbeit des Teams vor der neuen Saison zusammenfassen?"
Otmar Szafnauer: "Wir hatten einen fruchtvollen Winter, was auch der Tatsache geschuldet war, dass wir unsere Ressourcen frühzeitig auf die Entwicklung des 2014er Autos gelegt haben. Das hat sich vielleicht auf unsere Performance 2013 niedergeschlagen, aber ich denke es war die richtige Entscheidung. Über den konkurrenzfähigen Standpunkt lässt sich schwerlich diskutieren, weil wir nicht wissen, was die anderen Teams gemacht haben. Die Reglementänderungen sind die größten der letzten Jahrzehnte, was unterschiedliche Lösungen erlauben sollte. Es ist schwierig zu sagen, wessen Lösung das Paket mit der besten Performance herausbringt, bis wir zu den Tests gehen."

Frage: "Wie schwierig war es als kleines Team, die Ressourcen zu verteilen?"
Szafnauer: "Das Chassis ist komplett neu und auch alle Systeme sind neu. Als kleineres Team hat man nicht die Ressourcen, um alle notwendigen Experimente durchzuführen, um die besten Lösungen für einige Probleme herauszubekommen. Manchmal mussten wir einfach nach bestem Gewissen schätzen, wie die Lösungen aussehen sollten - das waren aber fundierte und wissenschaftliche Vermutungen. Wenn man nicht alle Daten hat und so einige Entscheidungen trifft, dann könnte man in den Vermutungen richtig liegen. Wenn man aber im Vergleich zur Konkurrenz viele davon hat, dann erhöht es einfach das Risiko."

Frage: "Sind die Regeländerung aber auch eine Chance für die kleineren Teams, einen besseren Job als manch anderer zu machen?"
Szafnauer: "Wie so immer im Leben, gewinnt am Ende normalerweise der mit den größeren Ressourcen. Wir treten gegen Herstellerteams mit dicken Budgets an, von daher würde man erwarten, dass ihre fundierten Nachforschungen dabei helfen werden, die optimalen Lösungen zu finden. Aber man weiß nie: Wir haben uns seit Langem auf 2014 fokussiert und sine mit unserem Auto zufrieden, also gibt es immer eine Möglichkeit."


Fotostrecke: Jahresrückblick: Force India

Frage: "Bist du zufrieden mit den Fortschritten durch Mercedes?"
Szafnauer: "Ich denke, wir haben mit Mercedes einen starken Partner. Ich freue mich schon darauf, dass sie eine sehr konkurrenzfähige Lösung präsentieren werden, und sie arbeiten immer noch hart. 2014 sollte die Antriebseinheit einen größeren Anteil an der Performance des Autos haben. Wenn sie einen guten Job gemacht haben - und ich glaube, das haben sie - dann sollte das auch für uns Gutes bedeuten."

Frage: "Das Team hat beim Getriebe von McLaren auf Mercedes gewechselt. Braucht es Zeit, sich an diese neue Verbindung zu gewöhnen?"
Szafnauer: "Zu Beginn ist das ein zusätzliches Hindernis, aber schlussendlich wird es für uns und Mercedes nützlich sein, wenn Motor, Getriebe und der gesamte Antriebsstrang von derselben Quelle kommen. Brackley (Standort der Mercedes-Fabrik; Anm. d. Red.) ist nur sieben Meilen (rund elf Kilometer; Anm. d. Red.) von unserer Fabrik in Silverstone entfernt, und das hilft, wenn noch einmal Veränderungen vorgenommen werden müssen oder wenn es Upgrades gibt. Aber die Vorzüge sind mehr als nur logistischer Natur, und die Tatsache, dass Antrieb und Getriebe von derselben Quelle kommt, wird helfen. Es ist eine bessere Lösung."

Frage: "Das Team hat bei den Vorbereitungen 2013 verstärkt auf die Reifen geschaut, was geholfen hat. Habt ihr das Gefühl, ein wenig im Nachteil zu sein, weil ihr im Dezember nicht am Pirelli-Test in Bahrain teilgenommen habt?"
Szafnauer: "Es ist schwierig zu wissen, was die anderen gelernt haben, aber ich bin mir sicher, dass sie etwas gelernt haben, was wir nicht gelernt haben. In der Hinsicht sind wir ein wenig im Hintertreffen. Im vergangenen Jahr waren die Reifen zu Beginn der Saison unsere große Stärke - und das nicht durch Zufall. Ich denke, dass wir die richtigen Ressourcen beisammen haben, um auf die neuen Reifen reagieren zu können."

Force India VJM07

Der Force India VJM07 ist das Ergebnis langer harter Arbeit Zoom

Frage: "Welche Schritte habt ihr unternommen, um das Team über den Winter aufzubauen?"
Szafnauer: "Wir haben einen Simulator, der ein immer nützlicheres Entwicklungs-Tool wird, zudem mussten wir uns durch die neuen Tests innerhalb der Saison nach neuem Personal umsehen. Daher haben wir ein paar Ressourcen in diesem Bereich hinzugefügt. Wir haben auch strategisch in anderen Bereichen zugenommen - wie Fahrzeugwissenschaft - und wir haben unsere Aero-Abteilung neu organisiert und ein paar Kapazitäten hinzugefügt."

Frage: "Zuverlässigkeit wird ein großer Punkt in diesem Jahr. Wie wichtig ist es, frühzeitig Punkte zu holen?"
Szafnauer: "Ich denke, es wird ein Jahr mit Variabilität von Rennen zu Rennen. Wir haben viele Jahrzehnte keine Veränderungen wie diese erlebt, darum werden die Teams, die es schnell in den Griff bekommen, einige Möglichkeiten bekommen. Wenn die Zeit fortschreitet, werden wir alle lernen, wie wir mit den neuen Antrieben Rennen fahren. Es gibt viel, an das wir denken müssen: Wie man ins Ziel kommt, wie man Sprit spart, und wie man die Strategien im Qualifying und im Rennen perfekt nutzt. Wir werden voneinander lernen, genau wie von der Rennerfahrung. Diejenige, die es frühzeitig in den Griff bekommen, werden einen Vorteil haben."