Force India: Gelungene Premiere für Hülkenberg

Mit einem Tag Verspätung feierte Nico Hülkenberg seine Premiere im VJM05 - Rundenzeiten standen im Hintergrund, das Fazit ist aber positiv

(Motorsport-Total.com) - Jules Bianchis Abflug hatten die Force-India-Strategen nicht auf der Rechnung. Beim Crash des Ersatzpiloten am Donnerstag ging der Frontflügel des VJM05 zu Bruch - das Team hatte keine Ersatzteile an der Rennstrecke. Bitter für Nico Hülkenberg, der gestern Nachmittag den Boliden vom Franzosen übernehmen hätte sollen. Er war somit zum Zuschauen verdammt - seine Premiere im neuen Auto verzögerte sich um einen Tag.

Titel-Bild zur News: Nico Hülkenberg

Neuer Helm - neues Auto: Nico Hülkenberg feierte seinen Testauftakt

Heute Morgen war es aber endlich soweit: Der Mann aus Emmerich konnte seine ersten Kilometer in seinem neuen Dienstauto zurücklegen, nachdem er mehr als zwei Monate lang nicht im Rennauto gesessen war. Zunächst war es für ihn ein Herantasten, doch Hülkenbergs Testtag war glücklicherweise nicht von Problemen gezeichnet und so konnte er insgesamt 90 Runden abspulen.

Das Team konzentrierte sich auf Aerodynamik-Tests, sammelte Erfahrung mit den Reifenmischungen soft und medium und gab Hülkenberg am Nachmittag die Möglichkeit, Longruns zu absolvieren. Der 24-Jährige fuhr eine persönliche Bestzeit von 1:19,977 Minuten. Damit war er um 1,1 Sekunden langsamer als Fernando Alonso, der die schnellste Runde des Tages in den Asphalt brannte und reihte sich im Klassement auf Platz sieben ein. Bruno Senna im Williams und Jarno Trulli im Caterham waren langsamer als der Deutsche.

Kilometersammeln im Vordergrund

Hülkenberg fuhr seine schnellste Zeit im zweiten Umlauf eines Drei-Runden-Runs, hatte also vermutlich wenig Sprit an Bord. Es war seine einzige Runde unter 1:20 Minuten. Im Gesamt-Klassement der vier Testtage in Jerez reiht sich der Force-India-Pilot mit dieser Zeit auf Platz 14 ein. Bianchi (16.) war um zwei Zehntel langsamer, Paul di Resta (12.) um zwei Zehntel schneller.

Nico Hülkenberg

Nico Hülkenberg konnte sich heute endlich an den VJM05 gewöhnen Zoom

Auf die Wochen-Bestzeit von Nico Rosberg im alten Mercedes-Boliden fehlten Hülkenberg 2,364 Sekunden, auf die beste Zeit eines 2012er-Autos - Romain Grosjean im Lotus - sind es eineinhalb Sekunden. Bei den gefahrenen Kilometern rangiert der VJM05 nach den ersten vier Testtagen im Mittelfeld: Die Truppe von Vijay Mallya kam auf 1.363 Kilometer und ist damit Siebter, Lotus sorgte mit 1,788 Kilometern für den Topwert. Ohne Bianchis Crash wäre vermutlich auch Force India in diesem Bereich gewesen.

"Heute ging es nicht so sehr um die Performance, sondern darum, auf Kilometer zu kommen und die verlorene Zeit von gestern etwas aufzuholen", sagt Hülkenberg gegenüber 'Autosport'. "Ich denke, dass wir jetzt eine gute Basis haben und mit dem heutigen Tag zufrieden sein können. Das Chassis fühlt sich gut an und wir haben eine ziemlich gute Basis, die wir jetzt weiterentwickeln können. Insgesamt ist die Lage also ziemlich positiv."

Hülkenberg nicht böse auf Bianchi

Die Zeiten standen für ihn heute auch deshalb nicht im Vordergrund, weil er noch keine Erfahrung im VJM05 hatte: "Am ersten Tag geht es darum, dass ich mich im Auto wohlfühle. Natürlich brauchte es etwas Zeit, mich nach zweieinhalb Monaten Pause wieder einzuschießen, aber man hört nie auf, zu lernen."


Fotos: Force India, Testfahrten in Jerez


Daher ist er froh, heute einige Male für eine längere Zeit ohne Unterbrechung auf dem Kurs gewesen zu sein: "Die Longruns waren sehr nützlich, damit ich mich gewöhne und auf Tempo komme. Dadurch begann ich auch, die neuen Reifen zu verstehen. Es gibt immer noch viel zu lernen und wir müssen uns die Daten noch gut ansehen. Ich habe sie noch nicht mit anderen Autos verglichen - auch nicht mit Paul. Das müssen wir jetzt analysieren. Wir haben auf jeden Fall noch Luft nach oben."

Dass er gestern nicht wie geplant zum Einsatz kam, ist für ihn ärgerlich, dennoch macht er Bianchi keinen Vorwurf: "So etwas kann passieren. Auch mir ist so etwas schon passiert. Natürlich war es frustrierend und so einen Rückstand holt man nie wirklich auf, aber ich verstehe, dass solche Dinge passieren können. Die Formel 1 ist ein kniffliger Sport, da braucht man Erfahrung."

Technikchef Green: Feedback der Fahrer ermutigend

Für Technikchef Andy Green stand heute die Gewöhnung Hülkenbergs an den VJM05 im Vordergrund: "Es war sein erster Tag und wir wollten sicherstellen, dass er glücklich ist und Vertrauen in das Auto gewinnen kann. Gleichzeitig hakten wir aber am Morgen ein paar Setup-Punkte ab und arbeiteten uns durch das Aerodynamik-Programm, mit dem wir gestern begonnen hatten. Am Nachmittag hatten wir die Gelegenheit, dafür zu sorgen, dass Nico ein besseres Gefühl für die 2012er-Reifen aufbauen kann, da wir die Mischungen soft und medium ausprobierten."

Nico Hülkenberg

Hülkenberg hat Verständnis für Bianchis Patzer, der ihn viel Zeit kostete Zoom

Er zieht ein positives Fazit: "Insgesamt reisen wir mit einem positiven Gefühl aus Jerez ab. Das Auto erwies sich als zuverlässig, das erste Feedback der Fahrer war sehr ermutigend und wir haben jede Menge über Setup-Richtungen gelernt, die wir in den kommenden Wochen weiter erkunden wollen. Ich möchte diese Woche auch die großartigen Bemühungen des Teams an der Strecke herausstreichen, das uns - unterstützt von der Mannschaft in Silverstone - dazu verholfen hat, dass wir das Maximum aus unserem ersten Test mit dem neuen Auto herausholen konnten."

In etwas mehr als einer Woche steht der nächste Test in Barcelona auf dem Programm. Es ist geplant, dass Hülkenberg dieses Mal die ersten zwei Testtage bestreitet und in der zweiten Hälfte Paul di Resta im VJM05 sitzen wird.