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Ferrari: "Wir haben wichtige Punkte verloren"
Teamchef Jean Todt und Sportchef Stefano Domenicali analysieren im gemeinsamen Presseinterview die Ferrari-Niederlage beim Grand Prix von Kanada
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Jean, wie lautet dein Fazit nach dem Grand Prix von Kanada?"
Jean Todt: "Natürlich sind wir sehr enttäuscht, denn wir haben wichtige Punkte verloren. Kimi kam als einziger Ferrari auf Platz fünf ins Ziel, aber wir hatten das Gefühl, mit allen anderen als mit dem Siegerteam mithalten zu können. Zum zweiten Mal hintereinander wurden wir von einem Team geschlagen, das konkurrenzfähiger war als wir. Schade, dass ein Auto disqualifiziert wurde, aber wir beschweren uns darüber nicht. Wenn die Ampel auf Rot ist, dann fährt man nicht raus, sonst wird man disqualifiziert. Ganz einfach, aber wir müssen die Situation sorgfältig analysieren. Hoffentlich können wir bald wieder einen besseren Job machen."

© xpb.cc
Jean Todt glaubt, dass Ferrari durchaus noch Weltmeister werden kann
Frage: "Warum war die Boxengasse geschlossen, als Felipe Massa rausfuhr, und habt ihr ihn über die rote Ampel informiert?"
Todt: "Er hat nicht darauf geachtet, konzentrierte sich auf das Rausfahren, weil ihn kein Auto überholt hat, und wir sagten ihm nichts."#w1#
Ampel vom Kommandostand nicht zu sehen
Frage: "Renault behauptet, man kann die Ampel vom Kommandostand aus nicht sehen. Trifft das auch auf euch zu?"
Stefano Domenicali: "Von unserer Position aus kann man sie nicht sehen."
Todt: "Aber das ist gar keine Frage, denn so sind die Regeln einmal. Wenn es eine solche Prozedur gibt, in der man dem Fahrer sagt, er soll aufmerksam sein und auf die Ampel achten, dann muss man die nicht sehen. Wir haben es ihm nicht gesagt und er hat nicht darauf geachtet."
Frage: "Ihr hattet am Saisonbeginn und bis Spanien einen klaren Vorteil, aber auf einmal scheint ihr eine halbe Sekunde langsamer zu sein als McLaren-Mercedes..."
Todt: "Es ist keine Sekunde, es sind vier Zehntel. Vier Zehntel. Es war in Monaco vor zwei Wochen auch schon so, also haben sie definitiv einen großen Fortschritt gemacht. Vielleicht waren die Strecken nicht günstig für unser Auto, aber ich denke, wir haben eine gute Antwort für nächste Woche. Ich sage nicht, dass wir dann vorne sein werden, aber es ist ein anderer Streckentyp. Zwischen Monte Carlo und Kanada gibt es viele Parallelen, aber nächste Woche werden wir auf einer anderen Strecke mehr wissen."
Frage: "Bist du zuversichtlich, dass ihr in der zweiten Saisonhälfte genauso schnell oder schneller entwickeln könnt als McLaren-Mercedes?"
Todt: "Ich weiß es nicht, kann ja nicht sagen, was sie vorbereiten. Ich weiß, dass wir einige Neuerungen haben werden. Was wird das bringen? Wird es reichen oder nicht? Das wird die Zeit zeigen."
Frage: "Montréal ist sehr hart zu den Bremsen und es gibt viele Richtungswechsel. Sind das eure schwachen Bereiche?"
Todt: "Vor allem fehlte es uns an Traktion in den langsamen Kurven."
Frage: "Glaubst du, dass das BMW Sauber F1 Team zu euch aufgeschlossen oder euch sogar überholt hat?"
Todt: "Es war wegen der Safety-Cars ein merkwürdiges Rennen, das half unserer Strategie nicht. Wir mussten früher als geplant an die Box kommen und konnten daher unseren Vorteil nicht ausschöpfen. Das hat das Rennen beeinträchtigt."
Ferrari fehlte es an Speed
Frage: "Ihr wart vor diesem Rennen sehr zuversichtlich, eine Steigerung gegenüber Monaco zu erzielen, aber das schien nicht der Fall zu sein. Oder geht es nur darum, das Maximum aus dem Paket zu holen?"
Todt: "Unter bestimmten Bedingungen waren wir nicht schnell genug. Unsere Ingenieure müssen das genau analysieren und dann die Gründe dafür verstehen."
Frage: "Ihr habt nach Barcelona ein neues Paket gebracht, das dort sehr konkurrenzfähig war, aber die Änderungen scheinen sich nicht wirklich so positiv auszuwirken wie erwartet, oder?"
Todt: "Barcelona war Barcelona. In der Zwischenzeit hatten wir schon Neuerungen für Monte Carlo und Kanada, das sind zwei ganz andere Strecken. Vielleicht wären wir wieder siegfähig, wenn wir noch einmal in Barcelona fahren würden. Ich weiß es nicht."
Frage: "Hatte Kimi Räikkönen ein bestimmtes Problem?"
Todt: "Ja, er hatte Probleme, berührte am Start ein anderes Auto und bekam dann auch noch Wrackteile eines anderen Unfalls auf seinen Frontflügel, wie man sehen konnte. Dadurch war die Performance seines Autos nicht optimal."
Frage: "Seine weichen Reifen schienen am Ende des Rennens nicht mehr gut zu sein. Wie schwierig war es, mit den Reifen richtig zu haushalten?"
Todt: "Naja. Nicht nur Kimi, alle Fahrer mit den superweichen Reifen hatten Probleme."
Frage: "Lewis Hamilton nicht."
Todt: "Er lag in Führung, konnte die Reifen schonen, weil er ein schnelleres Auto hatte, aber Alonso zum Beispiel, der hinter Kimi war, war mit angeschlagenen Reifen am Ende des Rennens um zwei Sekunden langsamer als Kimi."
Schlechte Pace kam überraschend
Frage: "Bist du überrascht über die Performance eures Low-Downforce-Pakets?"
Todt: "Wir hatten damit gerechnet, konkurrenzfähiger zu sein, ja."
Frage: "Zum ersten Mal haben wir heute die Auswirkungen der neuen Safety-Car-Regel zu spüren bekommen. Findet ihr, dass man da Anpassungen vornehmen sollte?"
Domenicali: "Wie immer war es in der Praxis ganz anders als im Training. Wenn man Lewis Hamilton fragen würde, wäre er wahrscheinlich sehr zufrieden. Aber so sind Regeln nun mal, das wissen wir. Natürlich müssen wir uns in Zukunft Gedanken machen, denn je mehr Boxenstopps man macht, desto größer ist das Fenster, dass man Pech haben könnte. Alonso und Rosberg mussten an die Box kommen, weil ihnen sonst der Sprit ausgegangen wäre. Das ist Teil der neuen Regel, die alle akzeptiert haben. Heute hatten wir leider kein Glück, aber wer weiß, ob das auch in Zukunft so bleibt?"
Frage: "Die Regel wurde eingeführt, damit die Fahrer nicht mit Vollgas zurück an die Box fahren. Kann man das auch anders kontrollieren?"
Domenicali: "Ich weiß, dass die FIA mit allen Teams eine andere Möglichkeit diskutiert hat. Es ist immer schwierig, eine richtige Lösung ohne Nachteile zu finden. Wir müssen uns an die Gründe erinnern, warum die FIA diese Regel eingeführt hat, denn sie wollten verhindern, dass in der Safety-Car-Runde alle voll fahren. Das ist nämlich gefährlich. Das war der Ausgangspunkt."
Frage: "War euch die Situation unklar, als die Boxengasse geschlossen wurde? Gab es da Verwirrung?"
Domenicali: "Nein, das war klar."
Frage: "Es gibt aber keine Anzeige für die Fahrer, oder?"
Domenicali: "Es ist nur eine Mitteilung auf unserem Monitor, 'Safety-Car auf der Strecke' und dann 'Boxengasse geöffnet', dann 'Überrundete Fahrzeuge dürfen jetzt überholen', wie das bei Davidson der Fall war. In dem Fall war es okay, das war klar."
Frage: "Ihr liegt jetzt 28 Punkte hinter McLaren-Mercedes. Werdet ihr eure Herangehensweise an die zweite Saisonhälfte verändern?"
Todt: "Wir werden weiter unser Bestes geben."
Noch Hoffnung auf den WM-Titel
Frage: "Glaubst du noch an den WM-Titel?"
Todt: "Es sind noch elf Rennen zu fahren. Wenn wir einen guten Job machen, können wir mehr als zwei Punkte pro Rennen aufholen. Es wird immer schwieriger, aber es gibt keinen Grund, nicht mehr daran zu glauben."
Frage: "Die letzten beiden Rennen waren sehr enttäuschend für euch. Hast du mit den Fahrern geredet und ihnen Mut zugesprochen?"
Todt: "Natürlich sind wir alle enttäuscht, auch die Fahrer. Das ist in diesem Business normal, aber man kann darauf am besten antworten, indem man einen guten Job macht, sie gut unterstützt und ihnen ein gutes Auto zur Verfügung stellt."
Frage: "Ihr habt einige Schlüsselpersonen verloren. Der Fan auf der Straße hat vielleicht den Eindruck, dass eure Resultate damit zusammenhängen. Wie siehst du das?"
Todt: "Ich könnte die Frage verstehen, wenn wir nicht in dieser Saison schon gute Resultate gehabt hätten. Seit Saisonbeginn hatten wir vier Pole Positions in sechs Rennen, wir haben drei Grands Prix gewonnen, also kann man nicht von einem Debakel für Ferrari sprechen. Wir sind natürlich nicht happy, aber es gibt andere Starke Teams, die noch gar nicht gewonnen haben und keine vier Pole Positions haben. Das sollte der Mann auf der Straße auch verstehen."
Frage: "Was sagst du zur heutigen Leistung von Lewis Hamilton?"
Todt: "Genau wie immer: Er macht einen tollen Job mit einem tollen Auto und einem tollen Team und er bringt es auf den Punkt. Die Saison ist aber noch nicht vorbei."

