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Ferrari und der "Nummer-1-Fahrer"
Offiziell kann auch Barrichello bei Ferrari zum "Nummer-1-Fahrer" werden, doch der Brasilianer hat ein schweres Los gezogen
(Motorsport-Total.com) - Dass Ferrari auf Michael Schumacher als "Nummer-1-Fahrer" setzt ist verständlich, schließlich hat der Kerpener bewiesen, dass er unter dem Strich der bessere Fahrer ist. Umstritten ist jedoch die Art und Weise, wie die Italiener den Kerpener unterstützen. Das gipfelte in der vergangenen Saison beim Großen Preis von Österreich, als Teamkollege Rubens Barrichello dem Deutschen den Sieg schenken musste, obwohl dieser in der WM-Wertung bereits einen großen Vorsprung hatte.

© xpb.cc
Schumacher ist bei Ferrari die Nummer 1 - Barrichello muss sich anstellen
Eine Stallorder werden die Roten in der kommenden Saison nicht oder zumindest nicht mehr so offensichtlich durchführen können, da die Anwendung einer Teamorder offiziell verboten sein wird. Aber dennoch kann man den Nummer-1-Fahrer mehr unterstützen als den zweiten Fahrer. Das beginnt zum Beispiel damit, dass Michael Schumacher derjenige Fahrer ist, der das neue Auto als Erster ausprobieren durfte, wohingegen man sich bei Teams wie Williams einfach abwechselt. Psychologischer Vorteil Schumacher.
In der vergangenen Saison hat Barrichello nach der vorzeitig gefallenen Titelentscheidung eine große Leistungssteigerung gezeigt, was laut Jackie Stewart kein Zufall ist: "Ich kenne Rubens gut", so der ehemalige Stewart-Teamchef gegenüber dem 'Sunday Mirror', der den Paulista von 1997 bis 1999 unter Vertrag hatte: "Er ist ein guter Mann und auch ein sehr talentierter Rennfahrer. Ich weiß, dass man das Beste aus ihm herausholen kann, wenn er das Gefühl hat, dass man ihn unterstützt."
Der Schotte glaubt fest daran, dass sich das Blatt zu Gunsten des amtierenden Vizeweltmeisters wenden könnte, doch Jackie Stewart weiß natürlich, dass die Ausgangslage denkbar ungünstig ist: "Solange Michael dort ist, ist er natürlich die Nummer 1. Michael wird am Anfang der Favorit sein und es ist für Rubens sehr schwierig, gegen diesen Trend anzukämpfen, aber man weiß ja nie. Es sind schon seltsamere Dinge passiert."
Seit 1996 ist Michael Schumacher die unumstrittene Nummer 1 im Ferrari-Team. Einst war es Eddie Irvine, der dem Deutschen das Ersatzauto überlassen musste oder Michael Schumacher eine bessere Platzierung überließ. Heute ist es Rubens Barrichello, der gelernt hat, was es heißt, an der Seite des fünffachen Formel-1-Weltmeisters zu fahren. Erst als Schumacher seinen Titel in der Tasche hatte, bekam der Brasilianer in der vergangenen Saison das Ersatzauto ? quasi als Entschädigung.
Zwar verfügt Ferrari über ausreichend Ressourcen, um beiden Fahrern grundsätzlich das gleiche Material zu geben, doch selbst hier gibt es dann und wann eine Ausnahme. Wenn nicht genügend Teile vorhanden sind, dann erhält Schumacher den Vorzug, wenn dieser es möchte. So durfte der Rekordsieger vergangene Saison schon in Brasilien in den F2002 steigen, Barrichello musste sich ein weiteres Rennen gedulden, mit dem F2003-GA könnte sich das in dieser Saison wiederholen.
Und natürlich ist der Unterschied auch beim Gehalt gewaltig. So erhält Michael Schumacher geschätzte 38 Millionen Euro Gehalt im Jahr gezahlt (Einnahmen aus persönlichen Sponsorverträgen und dem Verkauf von Fanartikeln nicht mitgerechnet), sein Teamkollege Rubens Barrichello bekommt rund 10 Millionen Euro. Das Gehalt auf die eingefahrenen WM-Punkte umzurechnen ist allerdings unfair, denn Schumacher leistet auch abseits der Rennstrecke viel wertvolle Arbeit "im Verborgenen".
Für Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo ist es aber das normalste der Welt, dass Schumacher so bevorzugt behandelt wird: "Bei Ferrari wird der Nummer-1-Status durch die Zeiten vergeben. Das entscheidet nicht Gott, die Journalisten oder das Team sondern alleine die Rundenzeiten. Michael war seit 1996 der konstant schnellere Ferrari-Fahrer", so der Italiener gegenüber der britischen Presse.
Die letzte Saison wäre mit Sicherheit wesentlich knapper ausgegangen, hätte Rubens Barrichello nicht fünf Ausfälle gehabt, Schumacher im Gegensatz dazu keinen einzigen und wären beide Fahrer gleich behandelt worden. Aber auch in der kommenden Saison wird Schumacher von Anfang den Nummer-1-Status genießen können. Erst wenn Barrichello wirklich dominant werden sollte, wird auch Ferrari umdenken müssen. Ob dies Michael Schumachers Vertrag erlaubt, ist wieder eine andere Sache.
Was bleibt ist für Rubens Barrichello nur eine dicke Portion Trost, die er vergangene Saison mit dem Vizetitel und vier Siegen erhalten hat. "Wir sind mit Rubens Anstrengungen zufrieden, denn er kommt Michaels Leistungen immer näher", so Luca di Montezemolo. "Wenn Rubens in der Position ist, eine bessere Chance auf den Titel zu haben als Michael, dann würden wir ihn unterstützen", spricht auch Technikdirektor Ross Brawn dem Brasilianer Mut zu. "Es geht hier nicht darum, wer bevorzugt wird sondern alleine darum, wer gewinnt."

