• 22.03.2005 10:13

  • von Marco Helgert

Ferrari: Testen ohne Regeln?

Vor zwei Monaten war Ferrari noch gewillt, die eigenen Vorschläge zur Testbeschränkung einzuhalten, davon ist nun aber nichts zu sehen

(Motorsport-Total.com) - Die Aufregung ist groß: Ferrari intensiviert das Testprogramm nach eigenem Ermessen, während sich die anderen neun Teams auf eine Testbeschränkung einigten. Am Rande des Malaysia-Grand-Prix' wurde es um diese Geschichte wieder laut. Ferrari wurde öffentlich aufgefordert, die Testpraxis zu überdenken, denn man handele "unehrenhaft", da man die Kosten steigen lässt, obschon neun weitere Teams mit weniger Testfahrten Kosten sparen wollen.

Titel-Bild zur News: Luca Badoer

Keine Atempause: Seit Saisonbeginn fuhr Ferrari mehr als 4.600 Kilometer

Die Situation ist, abseits aller moralischen Aspekte, jedoch völlig klar. Die neun Teams, die sich nach langen Diskussionen auf 30 Testtage innerhalb der Saison einigten, schlossen ein neues Abkommen, das das bisherige ablöst. Da Ferrari sich jedoch nicht anschloss, stehen die Italiener ohne ein solches Abkommen da. Ihre Testarbeit ist damit keinen Regeln unterworfen, was auch so gehandhabt wird. Auch in den Wochen vor einem Grand Prix, wo bisher nur kurze Funktionstests erlaubt waren, arbeitet Ferrari nun mit Hochdruck.#w1#

Den Konkurrenzteams ist das naturgemäß ein Dorn im Auge, immerhin erarbeitet sich Ferrari so einen Vorteil. Doch die Formel 1 ist kein Kaffeekränzchen, mit harten Bandagen wurde schon immer gekämpft. Blicken wir aber knapp zwei Monate zurück. Ferrari unterbreitete den anderen Teams ein eigenes Angebot, wie die Testfahrten beschnitten werden sollten, um Kosten zu sparen. Grob umrissen ging es um eine Kilometerbeschränkung: 15.000 Testkilometer je Team, noch einmal 15.000 Kilometer für jeden Reifenhersteller.

Was ist mit Ferraris eigenen Vorschlägen?

Dieser Vorschlag stieß auf wenig Gegenliebe, doch Rennleiter Jean Todt störte sich kaum daran. Im Januar erklärte er, dass dieses Modell knapp drei Millionen Dollar im Jahr sparen kann und dass man nach diesem Vorbild in der Saison 2005 verfahren werde - was auch immer die anderen Teams machen würden. "Im Gegensatz zu dem, was die anderen machen - nur 30 Tage testen, ohne dabei finanziell einen Vorteil zu haben -, werden wir unser eigenes Programm verfolgen", so Todt Mitte Januar in der 'Gazzetta dello Sport'.

Der eigene Vorschlag enthielt dabei auch Regelungen, die Ferrari nun wohl wieder vergessen hat. So sollte jedes Team nur eine einzige Teststrecke benennen dürfen - in diesem Jahr aber arbeitete Ferrari bereits auf drei Pisten (Fiorano, Mugello und Jerez). Bleibt ein weiterer Punkt der Ferrari-Vorschläge, an den man sich halten wollte: "Wir verwenden nur ein Auto und fahren nur auf einer Strecke zur gleichen Zeit", so Todts Ankündigung im Januar.

Davon ist nun wenig zu sehen. Am gestrigen Montag waren zwei Ferrari-Boliden im Einsatz, je einer in Mugello und Fiorano, mit zwei Testfahrern und zwei Testcrews. Ferrari hat offensichtlich darauf verzichtet, auch das eigene Testbeschränkungsprogramm zu verfolgen, auch wenn man dies öffentlich nie einräumte. Auch die 15.000 Testkilometer innerhalb der Saison erscheinen unrealistisch: Innerhalb der ersten 15 Tage nach dem ersten Saisonrennen kann Ferrari bereits auf mehr als 4.600 Testkilometer zurückblicken.

"Wir sparen letztlich Geld damit, wenn wir mehr testen"

Kein Wunder, dass das Vorgehen bei der Konkurrenz auf vehemente Kritik stößt, die Ferrari aber nicht nachvollziehen kann. "Das ist eine solch unnötige Situation, die wir nicht heraufbeschworen haben", so Todt in Malaysia. Die wiederholten Aufrufe der Konkurrenz seien zudem nutzlos. "Es macht keinen Sinn, uns immer wieder an die gleichen Dinge zu erinnern. Wir haben einige Anpassungen für das Testen vorgeschlagen. Wir glauben, dass es für die kleinen Teams unfair ist, da sie kein Geld sparen. Wir haben viele Dinge vorgeschlagen, um Geld zu sparen, aber die anderen Teams kamen nicht zum Meeting."

Doch die Dinge, die man vorgeschlagen hat, versickerten nun im Sand der Formel-1-Politik. Während neun Teams (noch) gewillt sind, sich an die selbst auferlegten Beschränkungen zu halten, ignoriert Ferrari die eigenen Vorschläge. Dabei, und das bleibt festzuhalten, ist dies ihr gutes Recht, doch auch die Entrüstung der Konkurrenz ist vor den gegebenen Hintergründen nachvollziehbar.

Ferrari wollte mit den eigenen Vorschlägen drei Millionen Dollar sparen. Nun sind sie aufgeweicht, doch noch immer spricht man in Maranello von Einsparungen. "Wir sparen letztlich Geld damit, wenn wir mehr testen", erklärte ein Ferrari-Sprecher gegenüber der Zeitung 'Independent'. Ausschlaggebend sei hier die Effizienz der Testfahrten. Über die Höhe schwieg er sich aus, doch schon die anvisierten drei Millionen waren angesichts der Riesenbudgets der Top-Teams nur ein winziger Tropfen auf den heißen Stein.