• 28.05.2024 15:59

  • von Norman Fischer, Co-Autoren: Jonathan Noble, Filip Cleeren

Ferrari lässt McLaren verhungern: Fenster nur in einer Runde auf!

Ferrari hat mit seiner Taktik in Monaco dafür gesorgt, dass McLaren keinen Boxenstopp einlegen konnte - Eine Runde war das Fenster aber auf

(Motorsport-Total.com) - Bummelnd zum Formel-1-Heimsieg, das war das Motto von Charles Leclerc am vergangenen Sonntag in Monaco. Der Ferrari-Pilot fuhr im Grunde das ganze Rennen über mehrere Sekunden langsamer als eigentlich möglich war - ein Umstand, den viele am Monaco-Rennen kritisieren.

Titel-Bild zur News: Charles Leclerc (Ferrari SF-24) vor Oscar Piastri (McLaren MCL38) und Carlos Sainz (Ferrari SF-24) beim Formel-1-Rennen in Monaco 2024

Ferraris Taktik in Monaco war, McLaren hinter sich einzubremsen Zoom

Die meisten Piloten (außer Logan Sargeant) hatten während der Rotphase in der ersten Runde bereits ihre Reifen gewechselt und mussten dementsprechend nicht mehr an die Box kommen. Das heißt, dass Leclerc 77 Runden auf einem Reifensatz durchkommen musste - und doch war Reifenmanagement beim Rennen am Sonntag nicht das große Thema.

Stattdessen verfolgte Ferrari einen anderen Plan: Man wollte die Lücke auf den fünftplatzierten George Russell nicht zu groß werden lassen, weil sich für McLaren dann ein Boxenstopp-Fenster eröffnet hätte. Ferrari musste immer dafür sorgen, dass McLaren - insbesondere Lando Norris - nach einem Boxenstopp hinter dem Mercedes auf die Strecke kommen würde.

Der Brite hatte das Rennen auf dem harten Reifen begonnen und während der Rotphase auf Mediums gewechselt. Damit musste Russell etwas mehr Reifen schonen, um es auf dieser Mischung ins Ziel zu schaffen, weswegen er zu Rennbeginn abreißen ließ.

McLaren wollte Ferrari hingegen dazu treiben, die Lücke auf mehr als 20 Sekunden anwachsen zu lassen, damit Norris ohne Positionsverlust in die Box fahren und dann noch einmal mit frischeren Reifen angreifen kann. Dessen war sich Ferrari aber bewusst und bremste seine Konkurrenten ein.

Nur kurz hatte sich ein Fenster für McLaren geöffnet: In der 54. Runde war der Abstand zwischen Norris und Russell auf mehr als 20 Sekunden angewachsen, woraufhin Carlos Sainz auf Position drei in den nächsten beiden Runden mehr als zwei Sekunden langsamer fuhr, um das Boxenstopp-Fenster wieder zu schließen.

Warum McLaren das Boxenstopp-Fenster nicht nutzte

McLaren-Teamchef Andrea Stella gibt zu, dass das Team das ganze Rennen über in Erwägung gezogen hatte, Norris an die Box zu holen, "aber Ferrari hat einen guten Job gemacht, Lando immer im Boxenstopp-Fenster des einen Mercedes zu halten", sagt er.

Zwar sei das Boxenstopp-Fenster für eine Runde offen gewesen, dennoch wollte man bei McLaren kein Risiko eingehen, "denn wenn der Stopp nur eine Sekunde langsamer als normal gewesen wäre, dann hätten wir hinter dem Mercedes landen können und dann wäre es vorbei gewesen", so Stella.


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"Wir haben ja gesehen: Selbst wenn du drei Sekunden schneller gewesen wärst, gab es keine Chance auf ein Überholmanöver."

Das heißt aber auch, dass Norris auch mit frischeren Reifen wohl nicht an Sainz vorbeigekommen wäre. "Ich denke, da gab es keine Chance", gibt Stella zu. "Von daher denke ich nicht, dass sich etwas am Ergebnis geändert hätte."

Ferrari: Mehr Angst vor spätem Safety-Car

Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur sagt dass es aus Sicht der Scuderia schwierig war, den Abstand auf George Russell zu managen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass Sainz nicht den Anschluss an Oscar Piastri verliert, falls es ein spätes Safety-Car geben würde. Daher durfte auch Leclerc an der Spitze nicht schnell fahren. "Charles war vielleicht drei oder vier Sekunden von der Pace weg", sagt er.

"Es ging mehr darum, das Rennen zu kontrollieren als zu pushen", so Vasseur. "Für sie war es ein wenig frustrierend, weil sie uns mehrfach gefragt haben: 'Kann ich pushen? Kann ich pushen?'. Aber das lag nicht in unserem Interesse."


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Sorgen hatte sich Vasseur zu dem Zeitpunkt des offenen Boxenstopp-Fensters für Norris nicht gemacht, weil der Brite dann Medium-Reifen hätte aufziehen müssen. "Mehr Angst hatte ich vor einem potenziellen Safety-Car am Ende, weil sie dann Softs hätten aufziehen können."

Wie stark die Fahrer die Pace gemanagt haben, lässt sich auch an den Zahlen lesen: "In einer Runde hat Carlos ein wenig gepusht. Vorher hat er 17,8 gefahren, dann 15,1. Das bedeutet, dass wir eine enorme Reserve hatten", so Vasseur. "Und dann habe ich gesagt: 'Okay, es ist sicher, auch wenn sie Soft nehmen.'"

Warum Leclerc mehr pushen wollte

Erst in den Schlussrunden durfte Leclerc etwas zulegen, was für ihn eine Erleichterung war. Denn die Bummelfahrt hatte ihm zuvor keinen wirklichen Spaß bereitet. Denn ein Fan war er von der Taktik nicht: "Ich war nicht dafür, weil ich ziemlich weit von der Pace entfernt war. Und war ich nicht wollte, ist, dass Oscar dann plötzlich anfängt zu pushen und ich keine Referenzen habe."

"Ich war in der Mitte des Rennens so langsam, dass wenn du anfängst zu pushen, du nicht wirklich weißt, wo du bremsen musst - und dann können Fehler passieren", so Leclerc. "Ich wollte einfach in einen Rhythmus kommen und etwas mehr pushen. Aber das Team hat mir natürlich gesagt: 'Mach langsam, mach langsam, mach langsam.'"


Also machte Leclerc langsam und hielt sich an das Teamspiel. "Das war nicht der schönste Moment im Rennen", gibt er zu.

"In den letzten 15 Runden konnte ich etwas mehr pushen und das Auto etwas mehr spüren. Dann hatte ich deutlich mehr Spaß. Ich wusste, dass ich diese Dinge machen muss, um zu gewinnen oder zumindest jedes mögliche Szenario abzusichern", sagt er.

"Ich glaube zwar nicht an Glück, aber ich wollte sicherstellen, dass wir alle möglichen Szenarien abgedeckt haben."