• 25.03.2002 16:56

  • von Fabian Hust

Ferrari geht volles Risiko ein

Die Entscheidung, in Brasilien den neuen F2002 einzusetzen, ist nicht nur überraschend sondern auch riskant

(Motorsport-Total.com) - Nach dem Großen Preis von Malaysia in Kuala Lumpur musste Ferrari schnell handeln. Natürlich war den Experten klar, dass nicht der Ferrari F2001 Schuld daran war, dass Michael Schumacher nicht gewinnen konnte, sondern zum einen die Kollision mit Juan-Pablo Montoya aber insbesondere die Bridgestone-Reifen, die an jenem Tag den Pneus von Michelin deutlich unterlegen waren.

Titel-Bild zur News: Ferrari F2002

Bei den Testfahrten machte der F2002 zuletzt Zicken

Dennoch wurde der Ruf in den italienischen Medien laut, endlich den neuen F2002 einzusetzen. Die Tatsache, dass Michael Schumacher nach Beendigung der Tests in Barcelona nicht wusste, ob man den F2002 in Brasilien einsetzen wird oder nicht und Ferrari bis Sonntagnachmittag brauchte, bis man die Entscheidung fällte, zeigt, dass man im roten Lager alles andere als 100-prozentig sicher ist, dass es die richtige Entscheidung ist, den F2002 nach Sao Paulo zu fliegen. Eigentlich wollte man das Auto erst zwei Wochen in Imola zum ersten Mal verwenden.

Es war wohl eine politische Entscheidung, den neuen Wagen zum dritten WM-Lauf zu bringen, denn gerade in Brasilien würde es Sinn machen, noch einmal auf das alte Auto zu setzen. Doch der Druck aus Italien war groß genug, um das Risiko einzugehen. "Es würde mich nicht wundern, wenn Michael Schumacher im Rennen mit dem alten Auto fährt", so Ex-Formel-1-Pilot Marc Surer in einem 'sport1'-Interview. "Es ist ja schon eine komische Entscheidung, als Ersatzauto das alte Auto mitzunehmen. Somit glaube ich einfach, dass man den F2002 testen will und die Freien Trainings zum Testen verwendet."

Die zu erwartende Hitze, die den Motor belastende lang gezogene Bergauf-Linkskurve und die direkt darauf folgende Start- und Zielgerade mit ihren Unebenheiten sorgen dafür, dass in Brasilien besonders viele Autos ausfallen ? nicht gerade eine geeignete Strecke für das Debüt des F2002. Es wäre also in der Tat nicht verwunderlich, wenn Michael Schumacher im Rennen auf den erprobten F2001 umsteigen würde.

Doch alleine diese Tatsache macht deutlich, welch großes Risiko Ferrari eingeht. Wenn Schumacher im Rennen den F2001 fahren wollte, so hätte er laut Reglement nur im Qualifying und im Warm Up die Möglichkeit, ein Set-Up auszuarbeiten, realistisch gesehen also lediglich 30 Minuten. Fährt der Deutsche doch im Rennen mit dem neuen Auto, so ist das Ausfallrisiko scheinbar hoch, auch wenn Schumacher angibt, das neue Auto sei zuverlässig. Warum sonst sollte Ferrari Barrichello mit dem F2001 fahren lassen? Der F2001 ist eindeutig zuverlässiger als der F2002, das konnte man zwischen den Zeilen bei der Begründung Jean Todts herauslesen, warum Ferrari nicht beide Fahrer in den F2002 setzt.

Und es kommt ein weiterer Faktor hinzu, der deutlich macht, dass Ferrari viel riskiert, wenn man zwei verschiedene Autos nach Brasilien bringt: "Ich finde es ein bisschen komisch, weil ich im Prinzip glaube, dass es das Team eher schwächt, wenn sie jetzt mit einem neuen Auto rüber gehen, das heißt dass die Gefahr für Fehler viel größer ist", so Surer. "Es ist logistisch ein Wahnsinn, mit zwei verschiedenen Autos dort anzutreten." Ganze 40 Mechaniker wird Ferrari nach Brasilien bringen müssen, denn man wird vier Autos zu betreuen haben ? eines mehr als normal.