• 30.07.2011 23:10

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Fall Simon: Teams fordern Arbeitssperren

Um einen Fall Gilles Simon zumindest in Zukunft zu verhindern, fordern manche Teamvertreter eine zweijährige Arbeitssperre für technisches FIA-Personal

(Motorsport-Total.com) - Die Tatsache, dass der FIA-Motorendelegierte Gilles Simon schon ab kommendem Montag für Craig Pollocks PURE-Projekt arbeiten wird, das ab 2014 Formel-1-Motoren anbieten möchte, sorgt im Fahrerlager für große Diskussionen. Denn viele befürchten, dass der Franzose Geheimnisse anderer Motorenhersteller zu PURE mitnehmen könnte.

Titel-Bild zur News: Gilles Simon

Dass Gilles Simon so kurzfristig zu PURE wechseln darf, sorgt für Ärger

Dabei würde es sich nicht um einen Fall von Spionage handeln, denn man darf davon ausgehen, dass die FIA sicherstellen wird, dass kein Transfer von Daten oder Skizzen stattfinden wird. Allerdings ist es praktisch unmöglich, Simons Wissen einfach auszulöschen. "Für mich ist das ein Problem", kritisiert etwa Renault-Team- und FOTA-Vizechef Eric Boullier. "Er hatte Zugriff auf eine Menge geistiges Eigentum von verschiedenen Motorenherstellern."

Kurze Vorwarnzeit verschärft den Ärger

"Ich finde es immer etwas knifflig, wenn ein Mitarbeiter der FIA, der Zugriff auf vertrauliche Informationen von Teams und Herstellern hat, den Verband verlassen darf, um am folgenden Tag für ein Unternehmen zu arbeiten", stimmt FOTA-Chef Martin Whitmarsh zu. "Ist doch klar, dass so etwas Diskussionen nach sich zieht. Aber es ist nun einmal passiert, man kann das nicht rückgängig machen. Diese Situation können wir nicht mehr ändern."

Unter anderem ist der Ärger so groß, weil die Sache quasi aus dem Nichts gekommen ist: "Wir haben von der FIA nur eine E-Mail erhalten, dass er ab 1. August für PURE arbeiten wird. Das ist in meinen Augen eine außergewöhnlich kurzfristige Vorwarnzeit", wundert sich Williams-Technikdirektor Sam Michael. Pat Fry von Ferrari hat überhaupt "nur im Internet" davon gelesen: "Es sieht etwas komisch aus, aber so ist das Leben."

¿pbvin|512|3917||0|1pb¿Dass technisches FIA-Personal von Teams oder Motorenherstellern abgeworben wird, kommt äußerst selten vor, um einen Präzedenzfall handelt es sich dabei aber nicht. Benetton hat schon 1999 versucht, Charlie Whiting (der sich im Gegensatz zu Simon vor allem um Chassisfragen kümmert) abzuwerben, was damals nach heftigen Protesten der anderen Teams erfolgreich blockiert werden konnte.

"Es wäre schon sinnvoll, für die Zukunft gewisse Sicherheiten zu schaffen", fordert Whitmarsh daher - und Boullier bringt gleich einen konkreten Vorschlag ein: "Ich schätze, die FIA sollte für solche Fälle eine Arbeitssperre einführen, die lange genug ist, damit solche Dinge keinen Schaden anrichten können." Dem Franzosen schweben dafür ungefähr zwei Jahre vor. "Wir werden das bei der FIA vorbringen", kündigt er an.

Erst seit 2009 bei der FIA

Dass es im Fall Simon nicht die erwünschten zwei Jahre sind, sondern nur wenige Tage, ist der Anstoß allen Ärgers. "Er kennt alle Daten von Mercedes, Cosworth, Renault und Ferrari. Da würde man eigentlich eine längere Arbeitssperre erwarten", wundert sich Williams-Technikchef Michael. Zumal Simon gerade mal eineinhalb Jahre für die FIA tätig war, seit er im Jahr 2009 dem Ruf von Jean Todt gefolgt ist und er Ferrari verlassen hat.

"Wenn du für die FIA arbeitest, baust du dir ganz andere Fähigkeiten und anderes Wissen auf, als wenn du für ein Team arbeiten würdest. Daher ist es nicht ideal, wenn jemand zur FIA kommt und kurz darauf schon wieder weg ist", argumentiert Michael. Vor allem, weil die Motorenhersteller Simon einen "beispiellosen" Zugang zu sensiblen Informationen gewährt haben, wie Renault-Teamchef Boullier betont.


Fotos: Großer Preis von Ungarn, Samstag


Tatsache ist aber auch, dass Simon für PURE einen V6-Turbo entwickeln wird, der frühestens 2014 zum Einsatz kommen könnte. Seit die FIA beschlossen hat, sich vom R4 für 2013 zu verabschieden und stattdessen erst ab 2014 auf einen V6 zu setzen, wurde am neuen Format wohl noch nicht viel gearbeitet. Dass der Franzose dennoch wichtiges Insiderwissen angehäuft hat, steht aber außer Frage.