Fahrer verärgert: Tracklimits in Spielberg "ein ziemlicher Witz"

Eine Reihe von Formel-1-Fahrern zeigt sich frustriert von der Überwachung der Tracklimits in Spielberg - Einige stellen die aktuelle Regelung zum Teil infrage

(Motorsport-Total.com) - 43 Verstöße gegen die Tracklimits wurden während des Formel-1-Rennens auf dem Red Bull Ring in Spielberg registriert. Vier Fahrer - Sebastian Vettel, Pierre Gasly, Lando Norris und Guanyu Zhou - erhielten Fünf-Sekunden-Zeitstrafen, weil sie die Streckenbegrenzung mehr als dreimal missachtet hatten.

Titel-Bild zur News: George Russell, Esteban Ocon, Kevin Magnussen

In Spielberg wurden zahlreiche Fahrer wegen der Tracklimits verwarnt Zoom

Die vielen Verstößen liegen zum einen daran, dass die neuen Formel-1-Renndirektoren Niels Wittich und Eduardo Freitas für 2022 einen strengeren Ansatz gewählt haben, der den Rand der Strecke als weiße Linie definiert und Verstöße entsprechend sanktioniert.

Zum anderen fahren die Piloten aufgrund des Layouts des Red Bull Rings in der Regel in einer Reihe von Kurven über die weiße Linie. Dazu gehören auch die beiden Rechtskurven 9 und 10 am Ende der Runde, sodass die Tracklimits ein Schwerpunktthema sind - zum Ärgernis einer Mehrheit der Fahrer.

Verstappen kritisiert Tracklimits-Politik

"Die Debatte um die Tracklimits an diesem Wochenende war ein ziemlicher Witz, nicht nur in der Formel 1, sondern auch in der Formel 2 und Formel 3", sagt etwa Weltmeister Max Verstappen. "Von außen betrachtet ist es einfach zu sagen, ja, aber man muss doch nur innerhalb der weißen Linien bleiben."

"Das hört sich sehr einfach an, ist es aber nicht. Denn wenn man so schnell durch eine Kurve fährt und einige davon blinde Kurven sind, hat man etwas mehr Untersteuern, die Reifen verschleißen, und es ist leicht, über die weiße Linie zu fahren", erklärt er. "Aber gewinnt man tatsächlich Zeit? Vielleicht ja, vielleicht nicht."


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Mit der Tracklimits-Politik ist der Red-Bull-Pilot daher nicht einverstanden: "Ich denke nicht, dass uns dieses 'Ah, du bist einen Millimeter zu weit gefahren, das ist eine Strafe' oder so etwas weiterbringt. Dann zieh' eine Mauer hoch oder füge etwas Kies hinzu."

Aus seiner Sicht sei es "auch nicht gut für den Sport" sei, Bereiche zu regeln, in denen die Fahrer "natürlich bestraft" würden, wenn sie zu weit fahren, so Verstappen.

Norris: "Ich war schon genug bestraft"

Norris, der in Spielberg zu jenen Fahrern zählte, die eine Zeitstrafe erhielten, nachdem sie mit der schwarz-weißen Flagge verwarnt worden waren, schließt sich dem an. Er könne zwar "vollkommen verstehen", warum er für die letzten beiden Kurven verwarnt wurde, sei aber frustriert, dass das auch in Kurve 1 passierte.

Dort habe er nämlich ohnehin Zeit verloren, erklärt der McLaren-Pilot: "Mein Vorderreifen blockierte und ich traf den Randstein. Dadurch verlor ich etwa eine Sekunde - und dann bekomme ich eine Tracklimits-Verwarnung dafür. Ich war schon genug bestraft."

"Es ist ein bisschen dumm, zumindest manche Verstöße", findet Norris. "Aber so ist das Leben, und es ist für alle gleich. Wir haben darüber diskutiert. Wir haben auch gesagt, dass wir wollen, dass es streng ist, dass es jedes Mal gleich ist. Aber wir Fahrer wollen immer etwas anderes und etwas Besseres, also mal sehen."

Seidl: Hauptsache einheitliche Regeln

McLaren-Teamchef Andreas Seidl hakt da ein: "Wir haben alle, Fahrer, Teamchefs nach klaren Regeln geschrien im letzten Jahr und wollten Konstanz. Jetzt haben wir klare Regelungen, was das Thema Tracklimits angeht. Du musst einfach innerhalb der weißen Linie bleiben. Wenn du es nicht machst, wirst du angezählt."

"Diesmal hat es uns leider auch erwischt. Wir haben eine Fünf-Sekunden-Strafe gekriegt, sonst hätten wir mit dem Lando den Mick noch bekommen, oder wären vor ihm geblieben nach den Stopps. Aber ich habe damit kein Problem", betont der Deutsche.

Zwar gibt er zu: "Es ist natürlich schwierig, wenn du so am Limit pushen musst, das ganze Rennen innerhalb der Linien zu bleiben. Aber mir ist es lieber, wir haben klare Regeln."


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Mick Schumacher räumt ein, dass die Tracklimits schon während seiner Zeit in der Formel 2 "ein sehr großes Problem" gewesen seien, und meint, dass man über dieses Thema nach den vermehrten Vorfällen Österreich auch in der Formel 1 diskutieren müsse.

"Es sieht ein bisschen dämlich aus, dass du eine Strafe über fünf Sekunden kriegst, wenn du vier Zentimeter neben der Linie warst. Meistens gewinnst du dabei ja auch keine Zeit", hält Schumacher fest. "Also: Darüber müssen wir reden und schauen, ob sich da was verbessern lässt für die nächsten Veranstaltungen.

Denn gerade auch mit Blick auf Le Castellet, wo die Formel 1 übernächstes Wochenende (22. bis 27. Juli) gastiert, sei das eine Sorge. "Meist fallen die Randsteine nach außen hin ab. Die ziehen dich also regelrecht hinaus", erklärt der Haas-Pilot die Problematik.

FIA erklärt: Fahrer haben genug Chancen

Nach dem Rennen in Spielberg erinnerte die FIA daran, dass die weiße Linie als Streckenbegrenzung gemeinsam "nach Gesprächen mit den Fahrern und Teams eingeführt wurde, um die Konsistenz und Klarheit für die Teilnehmer und Fans zu verbessern".

Die Anzahl der Strafen sei proportional zur Anzahl der Verstöße. "Die Fahrer erhalten während des Rennens zwei 'Strikes' für das Überfahren der weißen Linie mit allen vier Rädern, gefolgt von einer schwarz-weißen Flagge für den dritten Verstoß und einer Überweisung an die Stewards für jeden weiteren Verstoß."

Da hilft auch alles Meckern nicht viel, findet Gasly. "Es ist die gleiche Regel für alle. Ich habe sie nicht respektiert, also wurde ich bestraft", sagt der AlphaTauri-Fahrer, der ebenfalls fünf Sekunden bekam. "Ich meine, es war mein Fehler. Ich habe viele Jungs gesehen, die die schwarze-weiße Flagge bekommen haben."

Zwar gibt auch Gasly zu: "Ich denke, dass es früher besser war, ohne diese Tracklimits, wo man mit dem doppelten Randstein gar nicht weiter raus fahren konnte. Aber am Ende des Tages müssen wir uns an die Regeln halten, egal wie sie aussehen."