• 04.04.2003 20:37

  • von Fabian Hust

Fahrer sorgen sich um die eigene Sicherheit

Mit einer Unterschriftenaktion machten die Fahrer auf die Gefahren aufmerksam, denen sie sich bei starkem Regen aussetzen

(Motorsport-Total.com) - Als Kimi Räikkönen im 1. Freien Training bei strömenden Regen in Interlagos auf die Strecke ging, da zuckte schon nach wenigen Metern das Heck des McLaren-Mercedes und der Finne verlor die Kontrolle über sein Auto. Wesentlich heftiger war wenige Minuten später der Abflug von Formel-1-Rookie Antonio Pizzonia im Jaguar, er schlug wenige Meter nach der Boxengassenausfahrt in die Leitplanken ein. Selbst fahrerisch hoch eingeschätzte Piloten wie Juan-Pablo Montoya oder Michael Schumacher verloren heute die Kontrolle über ihr Auto ? wegen Aquaplanings.

Titel-Bild zur News: David Coulthard

David Coulthard brachte am Samstag eine Unterschriftenaktion in Gang

Die massiven Probleme bei starkem Regen sind hausgemacht ? um Kosten zu sparen schreibt das Reglement vor, dass die Reifenhersteller nur noch einen einzigen Pneu für feuchte Bedingungen an die Rennstrecke mitbringen dürfen. Schon vor der Saison hatte vor allem Bridgestone dies als eklatantes Risiko ausgelegt und spätestens heute Recht bekommen. Denn die Reifen, die man nach Brasilien mitbrachte, sind für wenig Regen gedacht und verursachen bei starkem Regen schon bei ? für Formel-1-Verhältnisse ? niedrigen Geschwindigkeiten Aquaplaning.

"Persönlich würde ich mindestens zwei Regenmischungen pro Rennen erlauben. Die Reduzierung der Regenreifen auf nur noch eine Spezifikation wirkt sich auf die Sicherheit aus. Wetterbedingungen sind komplett unvorhersagbar. Auch wenn die Entscheidung, welche Mischung man zu jedem Rennen mitbringt, sehr sorgfältig vorgenommen werden wird ? schlussendlich könnte das Wetter nicht so wie erwartet sein und die Reifen könnten mit den Bedingungen nicht zurechtkommen", so Hisao Suganuma, Technischer Direktor von Bridgestone.

Das Problem ist komplex: Eine leicht feuchte Strecke verlangt nach einem Reifen, der über wenig Profil verfügt und aus einer härteren Mischung besteht, damit der Reifen nicht überhitzt. Bei viel Regen benötigt man ein gröberes Profil und vor allem einen weicheren Gummi, damit der Reifen ausreichend auf Temperatur kommt. Ist der Regen zu schwach und der Reifen damit zu weich, drohen gefährliche Reifenplatzer. Ist die Mischung des Reifens wiederum zu hart, droht den Fahrern bei starkem Regen ein unfahrbares Auto.

Auch Jenson Button gehörte zu den Piloten, die durch die widrigen Bedingungen in einen Dreher gezwungen wurden. Der Brite zerbröselte beim Rückwärtsrutschen zwei Styropor-Tafeln und knackte sich dabei den Heckflügel an, der kurz darauf wegknickte. Hätte man den Briten nicht sofort per Funk gewarnt, er wäre vielleicht mit Vollgas auf die Start- und Zielgerade gefahren und wäre dort mit absoluter Sicherheit in einen gefährlichen Dreher gezwungen worden.

"Das war wirklich ein Witz", meinte der Brite nach dem Vor-Qualifying. "Egal ob man langsam oder schnell fuhr, es war völlig egal. Überall flossen Rinnsale über die Strecke, es war verdammt gefährlich und so wird es wohl auch im Qualifying sein." Die Meteorologen sagen in der Tat auch für das "richtige" Qualifying am Samstag, wenn die Fahrer mit Sicherheit risikofreudiger fahren werden als heute, Regen voraus.

Klar ist, wenn es so stark regnet wie heute im Freien Training, dann ist an ein Qualifying nicht zu denken. Die Fahrer müssten extrem langsam über die Strecke schleichen, doch das kann keiner von einem Rennfahrer verlangen. Also bliebe als einzige Variante das Verschieben oder gar das Absagen des Abschlusstrainings übrig, sollte es tatsächlich zu den befürchteten widrigen Bedingungen kommen.

David Coulthard, als Vorsitzender der 'Grand Prix Drivers' Association' (GPDA), ließ vor dem Vor-Qualifying am Freitag seinen Physiotherapeuten die Boxengasse ablaufen, um Unterschriften zu sammeln. Die Forderung: Wenn es am Samstagnachmittag zu stark regnet, soll das Qualifying gestrichen werden und stattdessen die Autos in der Reihenfolge der WM-Positionen ins Rennen gehen. Indirekt dürfte damit auch die Forderung verbunden sein, wie in den vergangenen Jahren wieder zwei Regenreifen plus einen Intermediate-Reifen zuzulassen, um für fast alle Bedingungen gewappnet zu sein.

Als völlig falsch bezeichnen zahlreiche Experten die neue Regel, denn sollte es am Renntag tatsächlich die ganze Zeit über stark regnen, so müsste das Rennen hinter dem Safety Car gestartet werden und könnte erst gar nicht freigegeben werden, wenn sich das Wetter nicht bessert. Schon in der Vergangenheit gab es Rennen, die wegen Regens abgebrochen werden mussten, doch das neue Reifenreglement hat die Intensitätsgrenze dramatisch nach unten verschoben.