Exklusives Interview mit Cristiano da Matta

Im Rahmen der Testfahrten in Imola nahm sich Toyota-Pilot Cristiano da Matta gestern Zeit, um mit 'F1Total.com' zu sprechen

(Motorsport-Total.com) - Cristiano da Matta wird am 9. März in Melbourne als amtierender CART-Champion seinen allerersten Formel-1-Grand-Prix bestreiten. Mit Toyota gehört er zu den Außenseitern, denen gelegentlich eine Überraschung zuzutrauen ist. Ein paar Tage vor Saisonbeginn nahm er sich deshalb gestern in der Mittagspause der Testfahrten im italienischen Imola Zeit, um sich mit 'F1Total.com'-Chefredakteur Christian Nimmervoll zu unterhalten.

Titel-Bild zur News: Cristiano da Matta

Großes Ziel von Cristiano da Matta ist der Gewinn des Titels

Frage: "Cristiano, wie läuft es denn bei den Tests hier für Dich?"
Cristiano da Matta: "Nicht ganz so, wie wir es geplant hatten, aber es geht auch in erster Linie darum, dass ich die Strecke kennen lerne."

Frage: "Zunächst eine schwierige Frage. Kannst Du Deinen Charakter ein bisschen beschreiben?"
Da Matta: "Nein, eigentlich nicht. Ich mag es nicht, über mich selbst zu sprechen."

Da Matta: Ruhiger Typ, fährt gerne mit dem Fahrrad

Frage: "Bist Du eher ein zurückhaltender oder ein lauter Typ?"
Da Matta: "Ich schätze mich ziemlich ruhig ein, nicht so spektakulär."

Frage: "Was machst Du, wenn Du einmal einen freien Tag hast?#b
Da Matta: "Ich gehe zum Beispiel sehr gerne Radfahren, aber im Prinzip genieße ich alles, was irgendwie mit Sport zu tun hat."

Frage: "Vor diesem Interview habe ich mir Deine Biografie durchgelesen. Offensichtlich war Dein Vater ein großer Einfluss für Dich. War er der Erste, der Dich in ein Kart gesetzt hat?"
Da Matta: "Nein, das ging von mir selbst aus. Ich hatte große Freude am Rennfahren und begann einfach damit. Mein Vater war anfangs eigentlich sogar dagegen, aber dann hat er mir jede Unterstützung zukommen lassen, die ich gebraucht habe."

Frage: "Hattest Du Vorbilder?"
Da Matta: "Nicht wirklich. Es gab immer nur mich selbst. Ich hatte Spaß an der Sache und habe es einfach gemacht."

Erster Grand-Prix-Besuch in den 80ern in Rio

Frage: "Kannst Du Dich noch erinnern, wann Du zum ersten Mal bei einem Formel-1-Rennen warst?"
Da Matta: "Ich bin mir nicht ganz sicher, glaube aber, dass es Anfang der 80er-Jahre in Rio war. 1982 oder 1983 war ich dort als Zuschauer, ich kann es nicht mehr genau sagen. Jedenfalls hat Alain Prost damals in einem der gelben Renaults gewonnen, das weiß ich noch."

Frage: "Du hast als junger Rennfahrer die normalen Nachwuchsformeln durchgemacht, bist dann aber in die Vereinigten Staaten gegangen. Warum?"
Da Matta: "Naja, ich hatte in Europa einfach keine vernünftigen Möglichkeiten mehr. Es hätte keine sinnvolle Alternative gegeben, um weiterzumachen, auch wegen eines Sponsors und so weiter. Also musste ich entscheiden, was für meine Karriere am besten sein würde. Da zog ich die USA in Betracht und im Nachhinein gesehen war es das Beste, was mir je hätte passieren können."

Frage: "Was wirst Du am meisten an den USA vermissen?"
Da Matta: "Da gibt es viele Dinge. Zunächst einmal sicher Newman/Haas und die Leute dort. Ich habe viele Freunde in der CART-Serie und auch außerhalb des Rennsports in den Vereinigten Staaten. Mir wird vieles fehlen."

"Es gibt eine gute Perspektive für die Zukunft"

Frage: "Das Medieninteresse ist in der Formel 1 viel gewaltiger als drüben. Wie kommst Du damit klar?"
Da Matta: "Ach, das war bis jetzt gar nicht so schlimm. Das Team macht einen sehr guten Job mit der Organisation der ganzen Termine, so dass ich auch wirklich nur dann Interviews zu machen habe, wenn mir Zeit dafür bleibt. Das ist alles gut durchorganisiert. Bis jetzt war es kein Problem."

Frage: "Zuletzt hast Du Rennen gewonnen, aber das wird Dir hier vorerst wohl nicht gelingen. Könnte das zu einem Motivationsproblem werden?"
Da Matta: "Nein, das glaube ich nicht. Ich meine, zum Schluss habe ich in Amerika viel gewonnen, das stimmt, aber davor gab es auch zwei oder drei Jahre, die nicht so erfolgreich waren. Das ist immer so, wenn man etwas Neues beginnt. Der Erfolg kommt nicht von selbst, sondern man muss dafür arbeiten. Ich denke aber, dass wir hier ein sehr gutes Team haben und dass Toyota der optimale Platz ist, um in der Formel 1 anzufangen. Es gibt eine gute Perspektive für die Zukunft und ich bin zuversichtlich, dass ich das erreichen werde, was ich mir vorgenommen habe."

TF103 um anderthalb Sekunden schneller als alter Toyota

Frage: "Du hast den alten und den neuen Toyota getestet. Wie groß ist der Unterschied, kannst Du das in Rundenzeiten festmachen?"
Da Matta: "Ich würde meinen, dass das neue Auto ungefähr anderthalb Sekunden schneller ist. Es ist ein großer Fortschritt."

Frage: "Und woher kommen diese anderthalb Sekunden?"
Da Matta: "Das kann man so nicht sagen, nicht auf einen Bereich festmachen. Wenn Du eine so große Verbesserung schaffst, müssen einfach alle Bereiche besser werden. Genau so ist das bei uns. Die Aerodynamik wurde verbessert, die Fahrbarkeit, die Motorleistung. Da und dort sind es ein paar Zehntel, die in Summe anderthalb Sekunden ergeben."

Frage: "Hattest Du schon Gelegenheit, die Konkurrenz bei den Tests zu beobachten? Wie stark schätzt Du die einzelnen Teams ein?"
Da Matta: "Es sieht so aus, als sei Ferrari wieder das Team, das es zu schlagen gilt. Wir wollen uns irgendwo gleich hinter den drei Spitzenteams einreihen und nach Möglichkeit in die Top-5 vorstoßen."

"Es macht mir grundsätzlich nichts aus, wenn es nass ist"

Frage: "In Barcelona hattest Du letzte Woche im Regen einen Unfall. Wie kommst Du generell mit nassen Bedingungen zurecht?"
Da Matta: "Zuerst einmal muss man dazu sagen, dass der Unfall kein Fahrfehler war, sondern nur wegen eines Defekts der Radaufhängung passierte. Das hatte mit meinem Können im Regen nichts zu tun. Grundsätzlich macht es mir aber nichts aus, wenn es nass ist. Ich denke, ich komme damit ganz gut zurecht. Andererseits ist es mir natürlich lieber, wenn es trocken und schön ist, aber da geht es wahrscheinlich eh allen gleich..."

Frage: "Du wirst Dich im Laufe der Saison sicher noch verbessern, aber wie groß sind die Fortschritte, die Du schon gemacht hast?"
Da Matta: "Ich bin damit ganz zufrieden. Vor allem in den schnellen Kurven bin ich gut bei der Musik, auch in den mittelschnellen. Woran ich noch arbeiten muss, sind die langsameren Passagen."

Frage: "Was sagst Du zu den neuen Regeln und der 'HANS'-Vorschrift? Kommst Du mit 'HANS' klar?"
Da Matta: "Ich begrüße die Regeländerungen, weil sie die Formel 1 spannender machen werden, obwohl ich als Neuling durch das neue Qualifying ein bisschen Zeit zum Lernen der Strecken verliere. Auch die zwei zusätzlichen Trainingsstunden am Freitag für andere Teams kommen mir nicht entgegen. Was 'HANS' angeht, so habe ich damit überhaupt keine Probleme, denn ich kenne das System ja auch aus den letzten Jahren in den USA. Es ist nur die Frage, mit welcher Version man sich am wohlsten fühlt. Das herauszufinden, kann manchmal ein bisschen dauern, aber ich habe jetzt eine gute Lösung gefunden. Allerdings muss ich schon sagen, dass ich mich mit dem System in den USA schneller wohl gefühlt habe."

Gute Zusammenarbeit mit dem Teamkollegen

Frage: "Wie ist Deine Beziehung zu Deinem Teamkollegen?"
Da Matta: "Ach, wir kommen sehr gut miteinander aus. Olivier ist ein Typ, mit dem man ziemlich unkompliziert zusammenarbeiten kann. Ich denke, dass wir gemeinsam das Team nach vorne bringen können."

Frage: "Salo und McNish wurden letztes Jahr kritisiert. Glaubst Du, ihr werdet einen besseren Job machen?"
Da Matta: "Dazu will ich mich nicht wirklich äußern, denn in meinen Augen haben die beiden Fahrer von letztem Jahr einen sehr guten Job gemacht."

Frage: "Man sagt, dass die Fahrer in der CART-Serie freundlicher miteinander umgehen. Hast Du trotzdem schon Freunde gefunden? Wie kommst Du mit Rubens und Juan-Pablo aus?"
Da Matta: "Naja, ich kenne Juan-Pablo noch aus den USA und Rubens ist ein guter Freund von mir, aber die anderen Fahrer kenne ich noch nicht so gut, weil ich ja noch ganz neu bin hier."

Frage: "Dein Vertrag mit Toyota läuft über zwei Jahre, aber träumst Du davon, einmal für Ferrari zu fahren?"
Da Matta: "Nein, denn ich möchte mich jetzt einmal mit Toyota nach oben arbeiten und da denke ich nicht schon darüber nach, zu welchem anderen Team ich wechseln könnte. Das wäre sehr eigenartig."

Kein Interesse an der Politik in der Königsklasse

Frage: "Mit wem hast Du verhandelt, als Du in die Formel 1 kamst? War es Ove Andersson oder der Vorstand in Tokio?"
Da Matta: "Mein erster Ansprechpartner war eigentlich Ange Pasquali, aber ich hatte auch zu Ove Andersson und den Leuten in Japan Kontakt."

Frage: "Ron Dennis und Frank Williams tragen derzeit mit Max Mosley einen offenen Briefverkehr aus. Was denkst Du über den Riss innerhalb der Formel 1?"
Da Matta: "Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich das nicht so genau verfolgt, weil mich diese Dinge nicht wirklich kümmern. Dafür hat das Team andere Leute, die sich besser damit auskennen. Ich fahre nur meine Rennen."

Frage: "Es ist sicher dein Traum, einmal Weltmeister zu werden. Hast Du Dir eine Deadline gesetzt, wann Du das spätestens erreichen willst?"
Da Matta: "Grundsätzlich einmal ist das kein Traum, sondern ein ganz konkretes Ziel, auf das ich hinarbeiten kann und werde. Ultimatum habe ich mir aber keines gesetzt."