• 24.02.2009 08:28

  • von Roman Wittemeier & Dieter Rencken

Exklusiv: A1GP-Boss auf dem Weg in die Formel 1

A1GP-Chef Tony Teixeira plant den ganz großen Coup: Mit portugiesischen Staatsgeldern zum eigenen Formel-1-Rennstall

(Motorsport-Total.com) - A1GP-Chef Tony Teixeira steuert die Serie gemeinsam mit Geschäftsführer Pete da Silva gerade durch unruhige Gewässer, aber er hat gleichzeitig ganz große Pläne. Der Südafrikaner hat sich an der neuen Rennstrecke in Portimão ein riesiges Areal gekauft und will dort im ersten Schritt das technische Zentrum der A1P-Serie aufbauen, es folgt also ein Umzug von Großbritannien an die portugiesische Algarve. Im nächsten Schritt will Teixeira dann sogar in die Formel 1 einsteigen.

Titel-Bild zur News:

Tony Teixeira siedelt mit der gesamten A1GP-Serie nach Portugal um

Grundlage sollen Regierungsgelder sein, mit welchen ein solches Engagement zum Großteil finanziert werden könnte. Der portugiesische Staat schüttet mit seiner zentralen Entwicklungsgesellschaft (PIN) erhebliche Gelder aus. Um an dem großen Geldkuchen partizipieren zu können, müssen jedoch vier Bedingungen erfüllt sein. "Es müssen neue Arbeitsplätze entstehen, es muss Technologietransfer stattfinden, es muss kulturellen Wert haben und es muss touristisch attraktiv sein", erklärte Teixeira im exklusiven Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'.#w1#

Umzug an die portugiesische Algarve

Der Südafrikaner hatte schon vor einigen Jahren die Formel 1 im Auge und wollte das damalige Spyker-Team kaufen, doch auf Drängen von Bernie Ecclestone musste er Vijay Mallya den Vortritt lassen. Zweite Option war Toro Rosso mit einem Motor von Ferrari. Da jedoch solche Kundenautos bald verboten sein werden, nahm Teixeira wieder Abstand von den Plänen. Nun ist er allerdings mit seiner A1GP-Serie zum unabhängigen Fahrzeughersteller aufgestiegen. Die durch Ferrari-Motoren befeuerten A1GP-Autos gelten als Eigenkonstruktionen.

Portimão

An der portugiesichen Algarve soll sich mehr Motorsportindustrie ansiedeln Zoom

Am neuen, 47.000 Quadratmeter großen Standort in Portimão will Teixeira die Autos für seine Serie produzieren lassen. "Ich möchte den portugiesischen Staat als Teilhaber mit ins Boot holen", sagte der A1GP-Boss. "Mir schwebt vor, dass der Staat 40 Prozent der Anteile hält und ich die verbleibenden 60. Ich habe einen entsprechenden Förderantrag bereits bei der PIN eingereicht. Innerhalb der nächsten zehn Tage werde ich eine Antwort bekommen."

Sollten tatsächlich Gelder aus dem Fördertopf bewilligt werden, müsste dennoch anschließend die Europäische Union zustimmen. Ein solches Verfahren dauert in der Regel rund zwei Monate. "Wenn alles klappt, dann könnte es schon August ganz konkret werden", stellte Teixeira in Aussicht. Allerdings würde nicht bereits im Spätsommer das erste Fahrzeug fertig sein, sondern es ist ein langfristiges Projekt, welches 2011 oder 2012 auf der Strecke sichtbar werden könnte. Das neue Team könnte eine Art portugiesische Nationalmannschaft darstellen, wie es das USF1-Team in ähnlicher Form in den USA vorhat.

Eigenes Chassis für die Formel 1

"Die Formel 1 ist der motorsportliche Gipfel", sagte Teixeira zu seinen Ambitionen. "Wir sollten dann eine direkte Verbindung von der Formel 1 zur A1GP-Serie herstellen. Wir könnten mit unserem Team also Werbung für die Serie machen." Nach eigener Aussage war Teixeira durch seine guten Verbindung zu Ferrari schon einmal kurz davor, eine Art B-Team der Scuderia auf die Beine zu stellen. Von der portugiesischen Regierung könnte es neben Bargeld auch steuerliche Vorteile geben.

Felipe MassaKyalami, Kyalami Grand Prix Circuit

Treffen in Kyalami: Ob Tony Teixeira Felipe Massa von seinen Plänen berichtete? Zoom

So absurd die Vorstellungen des Südafrikaners zu Anfang auch klingen mögen, ganz abwegig sind die Pläne keinsfalls. Teixeira hat mit seinen A1GP-Boliden den Status eines Herstellers, man ist diesbezüglich also weiter als Toro Rosso. Die Formel 1 wäre der nächste logische Schritt. In Portugal hat man mit dem Autodromo Algarve eine hochmoderne Rennstrecke gebaut, die angesichts der Testbeschränkungen kaum noch Chancen auf Formel-1-Gastspiele hat. Umso wichtiger ist es für die Betreiber und die örtlichen Behörden, dass sich an der Algarve mehr Motorsportindustrie niederlässt.

Die Formel-1-Geschichte zeigt außerdem, dass solche Nationalmannschaften tatsächlich in der Formel 1 bestehen können. Wilson und Emerson Fittipaldi hatten Mitte der 1970er-Jahre ein brasilianisches Projekt in der Königsklasse. "Wir hatten mit Copersucar ein privates Projekt und private Geldgeber. Aber die brasilianische Öffentlichkeit stand voll hinter uns", beschrieb der zweifache Formel-1-Weltmeister im Interview mit 'Motorsport-Total.com'.

Fittipaldi hat es vorgemacht

1975 hatte Wilson Fittipaldi das brasilianische Formel-1-Projekt auf die Beine gestellt. In der ersten Saison fuhr der Teamchef selbst, ab 1976 saß der prominente Bruder hinter dem Steuer des mit einem Ford-Motor angetriebenen Fittipaldi-Rennwagens. Emerson holte gleich bei seinem ersten Auftritt - außergerechnet dem Heimrennen in Interlagos - mit Platz fünf das beste Ergebnis für das private Team. Als Geldgeber fungierte die brasilianische Genossenschaft Copersucar, die Milliarden mit Zucker und Ethanol umsetzte.

USF1-Logo

Am heutigen Dienstag sollen zunächst die USF1-Pläne vorgestellt werden Zoom

"Ich denke, es ist ein großartiges Konzept. Solche Nationenteams sind eigentlich das Konzept der A1GP. Dort fahren ja schon die Teams und die Piloten für ihre jeweilige Nation. Aus meiner Sicht ist dies das Konzept der Zukunft", sagte der Teamchef der brasilianischen A1GP-Mannschaft. Entsprechend optmistisch sieht er dem USF1-Team entgegen: "Wenn sie es wirklich schaffen sollten, die nötige Unterstützung von den amerikanischen Firmen zu bekommen, dann wäre das eine tolle Sache. Jede Nationalmannschaft braucht die Unterstützung der jeweiligen Nation. Ich hoffe, das ist in den USA gegeben."

"Ich verbinge die Hälfte meiner Zeit in Brasilien und die andere Hälfte in den USA. Dort ist die Formel 1 nicht sonderlich bekannt. Indianapolis ist bekannt, aber Formel 1 nicht wirklich", äußerte Fittipaldi aber auch Bedenken. "Es wird sicherlich schwierig, das nötige Geld zusammenzubekommen. Die Situation in den USA ist kritisch, weltweit ist sie kritisch. Ich bin aber der Überzeugung, dass die USA als erste Nation aus dieser Krise herauskommen werden." USF1 will am heutigen Dienstag die konkreten Formel-1-Pläne vorstellen.