• 30.07.2002 16:38

  • von Fabian Hust

Ex-Spaßvogel Gerhard Berger denkt an Abschied

Bei BMW vom Spaßvogel zum seriösen Manager gereift, denkt Gerhard Berger nun an einen Rückzug aus der Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Gerhard Berger war schon immer nie um einen guten oder grenzwertigen Spaß verlegen und über solche Begebenheiten während seiner aktiven Formel-1-Zeit ließe sich ein ganzes Buch verfassen. Ob er den Koffer mit den Verträgen seines Teamkollegen aus dem Hubschrauber warf oder seinem Teamkollegen kurz vor dem Einsatz Seifenlauge in den Rennoverall kippte - immer wieder erzählt der Österreicher gerne einen Schwank aus seinem Leben als Formel-1-Pilot.

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger

Gerhard Berger beginnt, die Formel 1 langsam satt zu haben

"Eine lustige Begebenheit habe ich aber auch noch parat. Ich fuhr damals in Jean Todts Straßen-PKW mit Jean Alesi als Passagier auf dem Rücksitz. Ich zog plötzlich die Handbremse an und der Wagen überschlug sich und rutschte auf dem Dach liegend weiter. Erst zwei Meter vor einem anderen Wagen kamen wir dann zum Halt. Jean Todt war darüber gar nicht erfreut, wie Sie sich denken können", gibt Gerhard Berger eine seiner verrückten Erlebnisse Preis.

Und natürlich hat der Tiroler noch eine witzige Begebenheit parat: "Mit McLaren-Teamchef Ron Dennis hatte ich damals beim Tauchen ein nettes Erlebnis. Wir waren so ungefähr 5 oder 6 Meter unter Wasser, als ich seine Sauerstoffzufuhr abdrehte. Er bemerkte das zunächst nicht und plötzlich stiegen ganz viele Luftblasen nach oben. Es war nicht oft der Fall, dass ich derjenige war, der zuletzt lachte, aber Ron hat wirklich einen Sinn für Humor und wird es mir garantiert irgendwann einmal heimzahlen."

Doch nun ist der am 27. August 1959 geborene Vater dreier Töchter etwas ruhiger geworden, wie er zugibt: "Die Leute können das wohl kaum glauben, aber ich habe meine Rolle als Boxengassen-Spaßvogel aufgegeben. Damals hat mir das schon gehörig Spaß bereitet, aber ich werde älter und mein Leben und meine Prioritäten haben sich verändert. Ich bin jetzt vernünftiger." Von 1984 bis 1997 war Berger aktiver Formel-1-Pilot, im Juni 1998 wurde er als BMW-Motorsportdirektor verpflichtet - dann musste Berger seinen Lebensstil etwas verändern, wie er erklärt.

Viel von seinem Image war sowieso Show gewesen, wie das auch heute bei "Playboy" Eddie Irvine der Fall ist: "Ich bekam schon früh in meiner Fahrerkarriere das Image zugeschoben, jemand zu sein, der Nachts sich ohne Ende mit Frauen herumtreibt und seine ganze Freizeit am Strand verbringt. Es war zwar überhaupt nicht so gewesen, aber ich hatte nun einmal dieses Image und ich nahm diese Rolle an und spielte mit ihr."

Die Wirklichkeit sah natürlich ganz anders aus, nicht umsonst war der clevere Österreicher einer der bestbezahlten Fahrer seiner Zeit: "Die Wahrheit ist, dass ich nach den Rennen nach Hause gegangen bin und mich auf das erfolgreiche LKW-Speditionsgeschäft meines Vaters konzentriert habe und alle meine Formel-1-Verhandlungen selbst führte. Ich hatte in meiner Karriere nie einen Manager. Diese Seite meines Lebens machte ich allerdings nie öffentlich, weil sie meinen Ruf zerstört hätte."

Als Berger nur wenige Monate nach seinem Rücktritt aus der Formel 1 bei BMW anfing, so musste er sein Image schnellstmöglich los werden, denn in seinem Posten sind andere Qualitäten gefragt: "Das war in der Tat so und ich musste einen Teil der Altlasten erst einmal los werden. Doch der Le Mans-Sieg 1999 sowie das Formel-1-Debüt mit dem ersten Podiums-Platz im ersten Rennen haben mir geholfen. Wenn es nicht gut gelaufen wäre, hätte ich meinen Ruf für immer schädigen können, das Risiko war aber gering, denn Williams versteht, wie man gewinnt."

Doch jetzt, in seinem fünften Jahr als BMW-Motorsportdirektor, will Gerhard Berger noch einmal darüber nachdenken, ob er sich nicht endgültig aus der Formel 1 zurückziehen möchte: "Ich kann nicht mein ganzes Leben lang Motorsportdirektor sein", meinte der Österreicher in der 'AZ'. "Im Winter werde ich eine Entscheidung fällen, ob ich meinen Vertrag mit BMW verlängere oder ob es Zeit ist, BMW zu verlassen. Ich kann es mir aber definitiv nicht vorstellen, einem anderen Job in der Formel 1 nachzugehen."

Sollte Gerhard Berger sich tatsächlich dafür entscheiden, seinen Posten als BMW-Motorsportdirektor abzugeben, so kann er mit seiner Arbeit zufrieden sein. Binnen weniger Jahre hat er daran mitgewirkt, dass BMW mittlerweile den anerkannt besten Motor im Feld hat, zuvor gewann man schon die 24 Stunden von Le Mans. Mittlerweile hegt man bei den Bayern Plänen, ein komplett eigenes Team auf die Beine zu stellen. Vielleicht schreckt diese Vorstellung den Tiroler ab, der weiß, wie auslaugend seine Position im Team dann wäre.

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