• 07.12.2004 11:23

  • von Marco Helgert

Ecclestones neue Situation - 'GPWC' wittert Morgenluft

Bernie Ecclestone steht vor schwierigen Entscheidungen: Die Banken wollen und bekommen mehr Macht, die 'GPWC' schaut gespannt zu

(Motorsport-Total.com) - Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone könnte nach dem Urteil des Obersten Gerichts in London eben jenen Beinamen künftig verlieren. Eine direkte Auswirkung dürfte die Entscheidung vom Montag nicht haben, doch es ist klar, dass die an der 'SLEC' beteiligten Banken 'Bayerische Landesbank', 'JP Morgan' und 'Lehman Brothers' weitere Schritte unternehmen werden. Auswirkungen haben diese Zwistigkeiten auch auf ein ganz anderes Gebiet.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone

Bernie Ecclestone mit dem Rücken zur Wand? Wohl eher nicht ...

Ecclestone sieht sich nun mit einer veränderten Situation konfrontiert. Fast 20 Jahre lang dominierte und prägte er die Formel 1, sein Wort war Gesetz und Befehl. Nun aber werden Banken involviert sein, die eine eigene Meinung haben und vor denen sich Ecclestone erklären muss. Für die Banken geht es um große Summen, die sie eher zufällig in der Formel 1 deponiert haben.#w1#

Ecclestone selbst war es, der einen Großteil seines Imperiums veräußerte. Doch 'EM.TV', der Käufer, brach auch unter der Last der Formel-1-Beteiligung zusammen. Die Anteile gingen an 'Kirch Media', die wenig später auch kollabierten - die Banken erhielten nun die Anteile. Und plötzlich sind Bedrohungen für die Formel 1 auch eine Bedrohung für das Investment der beteiligten Kreditinstitute.

Ecclestone unter Zugzwang?

Als Anfang der 90er Jahre mehr und mehr Automobilhersteller in die Formel 1 drängten, wurde dies als Segen angesehen. Die Umsätze stiegen, der Markt wurde größer. Die Formel 1 wurde so zu jenem Milliardengeschäft, das es heute ist. Die Teamchefs sonnten sich im Erfolg, einige konnten auch finanziell profitieren. Die Automobilhersteller hingegen waren mit dem Blick auf die Ausgaben und die zugestandenen Einnahmen nicht sehr glücklich.

Gespräche folgten, Ecclestone wiegelte ab. Die Hersteller fuhren schwerere Geschütze auf, Ecclestone nannte es "Säbelrasseln". Die 'Grand Prix World Championship' wurde gegründet, Ecclestone nahm dies vorerst wohl nicht wirklich ernst. Doch die 'GPWC' arbeitet seither unaufhörlich, pflegt Kontakte zu den Teams und verschiedenen Rennstrecken und stellte bereits ein Finanzkonzept vor.

Nun kommen die Banken wieder ins Spiel. Sollten die Pläne der 'GPWC' weiter so prächtig gedeihen, so würden die Formel-1-Anteile der Bankhäuser im Wert sinken, was sicher nicht in ihrem Interesse steht. Dies lässt dem 74-Jährigen momentan zwei Alternativen: Er versucht weiterhin allein, alle Gefahren abzuwenden, oder er schließt sich mit den Banken zusammen.

Banken wollen stärker involviert sein

Für den Fall, dass Ecclestone auch weiterhin versucht, die Banken aus der Führung und Verantwortung der Formel 1 herauszuhalten, könnte es jedoch zu einer weiteren Klagewelle kommen. Die 'Financial Times Deutschland' berichtete schon im September über eine vorbereitete Klage. Demnach könnten Ecclestone oder von ihm kontrollierte Firmen für den Wertverlust der Formel-1-Anteile verantwortlich machen. Grund: die Bedrohung durch eine Konkurrenzserie der 'GPWC'.

Damit es nicht dazu kommt, müsste Ecclestone die Zusammenarbeit mit den Banken suchen. Zu dieser ist er nach der Entscheidung in London aber mehr oder weniger gezwungen. Den Banken wiederum dürfte eine erstarkte 'GPWC' nicht gelegen kommen, denn immerhin haben sie ein großes Investment in der Formel 1, nicht in einer Konkurrenzserie. So könnte ein gemeinsames Ziel vielleicht dazu verhelfen, dass beide an einem Ende eines Stricks ziehen.

Für die 'GPWC' wiederum war die Entscheidung im Sinne der Bankeninteressen ein guter Schritt. "Die heutige Entscheidung scheint ein Wendepunkt für der Zukunft der Formel 1 zu sein", hieß es am Montag in einem Statement der Herstellervereinigung. "Die 'GPWC' unterstützt jede Entwicklung, die dem Sport langfristig einen Nutzen bringt, und wird die kommenden Ereignisse mit Interesse verfolgen." Dabei wären aber mächtige Banken, die intensiv an einer Stärkung der Formel 1 arbeiten, nicht zwangsläufig im Interesse der 'GPWC'.

Was nun, Herr Ecclestone?

Nach Berichten in britischen Medien ist Ecclestone jedoch gut auf alle Szenarien vorbereitet. Zwar erklärte er im Voraus, er würde die Entscheidung des Gerichtes akzeptieren, könnte nun aber dennoch Berufung einlegen. Eine mögliche Taktik könnte es somit sein, auf Zeit zu spielen. Das derzeitige Concorde-Agreement läuft nur bis Ende 2007 - danach könnte sich eine neue Situation herauskristallisieren. Sicher ist diesbezüglich jedoch nichts.

Auch im Kampf mit der 'GPWC' scheint sich etwas zu bewegen. Wie die 'Times' berichtet, hat Ecclestone allen derzeit aktiven zehn Teams ein Angebot zukommen lassen. Knapp 550 Millionen Dollar sollen in den kommenden zehn Jahren zusätzlich ausgeschüttet werden. Die Teams wollen dieses Angebot nun prüfen. Hinter den Kulissen wird im Rahmen der Machtkämpfe also weiter auf Hochtouren gearbeitet, und nur am Ende eines jeden Schrittes bekommt die Öffentlichkeit einen kurzen Einblick in die Szenerie.