Ecclestones Gedanken zu seinem Imperium
Bernie Ecclestone hat sich Gedanken gemacht - über Lewis Hamilton, Fernando Alonso, Kimi Räikkönen, Ron Dennis und schließlich über seinen Nachfolger
(Motorsport-Total.com) - Bernie Ecclestone ist die wohl imposanteste Gestalt der Formel 1. Der Präsident der Formula One Management arbeitet noch im Alter von stolzen 77 Jahren wie ein Ackergaul, um sein Formel-1-Imperium zusammen zu halten. Dank seiner Hilfe wurde aus einer Ansammlung von vereinzelten Teams, Mechanikern, rennsportverrückten Bastlern und geschwindigkeitsliebenden "Irren" der teuerste und umsatzstärkste Rennzirkus der Welt.
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Formel-1-Chef Bernie Ecclestone plaudert aus dem Nähkästchen
Nur der Fußball generiert mehr Geld als die Königsklasse des Motorsports, das ist etwas, worauf "Big Bernie" zu recht stolz sein kann. Doch für den alten Fuchs ist noch lange nicht Endstation, der ehemalige Gebrauchtwagenhändler macht sich immer noch viele Gedanken um seinen Zirkus und freut sich, dass mit Lewis Hamilton ein Pilot das Formel-1-Feld betrat, welcher das von Megastar Michael Schumacher hinterlassene Vakuum ausfüllen kann.#w1#
Speziell vergangene Saison hätte ohne Hamilton ganz anders laufen können. Ohne den Engländer hätte Fernando Alonso niemand Punkte wegnehmen können und der Spanier wäre wohl am Ende souverän zum alten und neuen Weltmeister gekrönt worden. Doch mit Hamilton kam Pfeffer in die Geschichte, so dass auch die abgeschriebenen Ferraris sich wieder herantasten und sogar überholen konnten.
Hamilton kam zum richtigen Zeitpunkt
"Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung der vergangenen Saison", konstatiert daher ein sichtlich zufriedener Ecclestone im Magazin 'FHM'. "Durch den Abgang von Michael Schumacher hätte das Jahr katastrophal und langweilig enden können. Glücklicherweise kam da ein Bursche daher, genannt Lewis, und hat die Saison gerettet! Er hat sich großartig angestellt."
Geht es nach der Vorstellung des Formel-1-Tycoons, wird mit Hamilton auch 2008 zu rechnen sein: "Das hier wird das große Jahr von Hamilton sein, damit meine ich nicht, dass er die Meisterschaft gewinnen wird. Aber es wird einen großen Kampf geben."
Dass Hamilton aus seinen Fehlern gelernt habe, davon ist der 77-Jährige überzeugt. Es dürfte noch in guter Erinnerung sein, wie der smarte Brite auf dem Kurs von Shanghai schon fast auf der Karkasse fuhr und dann in der Boxeneinfahrt strandete. "Er verließ die Strecke mit den falschen Reifen und das war die Schuld des Teams. Lewis konnte da nichts tun. Er hat nichts falsch gemacht", so die Meinung von "Big Bernie" zu dem Vorfall.
Ganz so einfach ist das wohl nicht, denn um zu spüren, dass ein Auto aufgrund einer bis auf die Karkasse runterradierten Lauffläche unfahrbar ist, dazu muss man keine jahrzehnte Formel-1-Erfahrung haben. Hamilton hat in dem Grand Prix innerhalb drei Runden mehrere Sekunden auf seinen direkten Verfolger Alonso verloren und es hätte ihm eigentlich auch selber auffallen müssen, dass es Zeit ist, die Reifen zu wechseln.
Auch die Boxeneinfahrt war aufgrund der kaputten Reifen im Nachhinein wohl zu schnell. Nichts desto trotz hat Hamilton bis auf China über alle Maßen beeindruckt, besonders Ecclestone himself: "Wäre da nicht sein gelber Helm, wenn man Lewis in einem Monopost fahren sieht, könnte man annehmen, dass es Schumacher ist, der da fährt. Er hat den selben Fahrstil, der eindeutig Schumacher ausgezeichnet hat."
Alonso hat McLaren nicht des Geldes wegen verlassen
Für die Show ist es natürlich schade, dass das hitzige Duell der beiden Teamkollegen Alonso gegen Hamilton beendet ist, doch Ecclestone versucht die Vorteile da rauszuziehen: "Natürlich tut die Rückkehr von Alonso bei Renault dem Sport gut. Alonso war bei Renault sehr glücklich und hat das erreicht, was man von ihm erwartet hat: Er hat zwei Titel gewonnen."
Es sei klar, dass die Chemie zwischen dem heißblütigen Spanier und dem eher kühlen Team einfach nicht mehr gepasst hatte. Dies könne man laut Ecclestone schon an einer simplen Tatsache sehen: "Man kann nicht leugnen, dass ihm McLaren ein tolles Angebot für drei Jahre gemacht hat. Jetzt haben wir gesehen, dass für Alonso Geld nicht alles bedeutet."
Es sei laut Ecclestone sehr schwierig, in der zerrütteten Ehe zwischen Ron Dennis und Alonso einen eindeutigen Schuldigen zu suchen, weil beide Parteien offenbar von Anfang an mit unterschiedlichen Vorstellungen in die Zusammenarbeit eingestiegen sind: "Ron hat eine sehr spezielle Art und Weise, seine Fahrer zu behandeln. Bei Ferrari ist der Pilot Nummer eins immer der Pilot Nummer eins."
"Wir wissen nicht, was Ron Fernando versprochen hat, als dieser in sein Team kam", so der große Zampano weiter. "Die Meisten glauben, dass sich Alonso sicher war, dass er als Nummer-eins-Pilot behandelt werden würde, weil sein Teamkollege ein Neuling war. Aber als Hamilton einen Bombenstart hinlegte, merkte Alonso, dass er sich in einem britischen Team befindet, welches von einem Engländer, Ron Dennis, geleitet wird und neben ihm ein weiterer englischer Pilot, Hamilton, saß. Das begann ihn, psychologisch zu beeinflussen."
Räikkönnen, der unsichtbare Weltmeister?
Neben dem "Krieg der Sterne" ist die Saisonleistung des schweigsamen Finnen Kimi Räikkönen fast untergegangen - was laut Ecclestones Meinung auch zum Teil auf dessen Art zurückzuführen ist: "Kimi hat den Titel gewonnen und damit seine Macht als Pilot demonstriert. Aber ansonsten fällt er nicht auf, weil er so diskret vorgeht, dass er nie öffentliche Aufmerksamkeit erringt."
"Er ist fast das Gegenteil von Hamilton, der nicht so schweigsam ist. Ihre Charaktere ziehen die Leute an und die Öffentlichkeit verfolgt gebannt die Karrieren dieser beiden Fahrer", erklärt der Formel-1-Boss. "Hamilton zieht dabei mehr Aufmerksamkeit an, weil er gerne redet. Seine Art verschafft ihm in den Zeitungen mehr Seiten, als Kimi."
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Champion Räikkönen gewinnt weniger Aufmerksamkeit als Lewis Hamilton Zoom
"Räikkönen ist ein anderer Pilot als Schumacher oder Senna. Er ist in jeglicher Hinsicht unterschiedlich. Niemand weiß, was er von einem Jahr zum anderen machen will. Er ist der einzige, der das weiß, daher ist seine Karriere sehr schwer vorherzusagen. Mit Häkkinen war das etwas anders, weil er etwas offener und besser zu verstehen war", versucht der Formel-1-Boss die beiden finnischen Champions miteinander zu vergleichen.
Die einzigen Male, wo Räikkönen abseits vom Siegerpodest öffentliche Aufmerksamkeit erregte, war, als es um seine Alkohol-Eskapaden ging. Doch Ecclestone nimmt den in Espoo geborenen Finnen in Schutz: "Teams und Sponsoren überlassen den Fahrern mehr Verantwortung. Wenn jemand wie Kimi loszieht und ein paar Drinks in einer Bar trinkt, ist das Team gleich sauer auf einen. Die Umstände für die Piloten haben sich verändert."
Räikkönen sei einfach in der falschen Zeit geboren. Heutzutage ist es eben nicht mehr möglich, wie zu "guter alter Zeit" wie James Hunt betrunken zum freien Training zu kommen, den Wagen an der Strecke abzustellen und seinen Rausch auszuschlafen. "Aber das betrifft nicht nur die Formel 1, es gibt auch andere Sportarten, die ziemlich gewachsen sind und wo es um viel Geld geht", erklärt Ecclestone.
Vor 20 Jahren hätte es keine Spionageaffäre gegeben
Etwas, was die Formel 1 vergangene Saison leider in ihren Grundfesten erschütterte, war weniger der "Krieg der Sterne", vielmehr der "Krieg rot gegen silber". Die Spionageaffäre war 2007 eindeutig das Thema Nummer eins. "So was ist schon immer in diesem Sport passiert, aber das hier war ein sehr langer Prozess", zuckt Ecclestone mit den Schultern.
"Wenn ein Team einen Designer oder Ingenieur eines anderen Teams verpflichtet, weiß dieses Team für gewöhnlich, woran er gearbeitet hat und versucht, das zu seinem Vorteil auszunutzen. Aber in dem Fall von Ferrari und McLaren ging der Informationsfluss zwischen den beiden Teams darüber hinaus und das hat das Problem angeheizt", so der Brite.
Ecclestone ist besonders über die Zusammenarbeit des britischen Rennstalls mit der FIA enttäuscht, nachdem die beiden Verhandlungen unterschiedliche Ergebnisse zutage förderten: "Zuerst hat McLaren gesagt, dass das alles nicht wahr sei, dass sie nie diese Informationen gehabt hätten und selbst wenn, sie diese nicht verwendet hätten", erklärt Ecclestone.
"Aber letztendendes hat sich gezeigt, dass sie nicht die ganze Wahrheit gesagt haben", so der 77-Jährige. Er unterstellt Dennis aber nicht, das Ganze gewusst oder initiiert zu haben. "Das heißt aber nicht, dass es dafür nur einen Verantwortlichen gibt. Aber Dennis ist der Geschäftsführer der Firma und damit hing auch sein Kopf mit in der Schlinge. Als wir die Strafe drücken wollten, haben wir gemerkt, dass Dennis nicht absolut ehrlich zu uns war und waren enttäuscht."
"Er hätte auch kommen und sagen können: 'Dieses und Jenes ist geschehen und wir haben versucht, es so und so zu lösen.' All das wäre vor 20 Jahren nicht passiert. Wenn wir etwas vereinbart haben, geschah das intern, privat und fair", bezieht sich Ecclestone auf seine berühmten Handschlagverträge. "Ich habe nicht versucht, Frieden zwischen McLaren und Ferrari zu bringen, weil ich dachte, dass er das alleine schafft."
Wer übernimmt nach Ecclestone das Zepter?
Jahr für Jahr freut sich "Big Bernie" wie ein Kleinkind auf die neue Saison und verspricht sich auch dieses Jahr viel Action: "Ich weiß, dass diese Saison sehr umkämpft sein wird. Ich denke, dass wir viele Überraschungen sehen werden. Auch unbekannte Piloten werden glänzen können."
Er hofft dabei auf bayrische bzw. französische Unterstützung: "Die Situation wird sich ändern, wenn Renault und BMW es schaffen, ähnlich konkurrenzfähig wie Ferrari und McLaren zu sein. Aber wir wissen noch nicht, wie sich die Saison entwickeln wird, das wissen wir erst in ein paar Rennen."
Wie geht es eigentlich mit der Zukunft des großen Formel-1-Machers weiter? Noch sieht Ecclestone keinen Grund, sein "Amt" niederzulegen. Doch früher oder später ist eine Verschiebung der Machtverhältnisse unausweichlich, schon alleine altersbedingt. Ecclestones Freund, Renault-Boss Flavio Briatore wird zur Zeit als heißester Kandidat für die Nachfolge gehandelt.
Doch Ecclestone winkt ab: "Ich denke nicht, dass dieser Sport weiterhin von einer einzelnen Person geleitet werden kann. Die Teams wollen immer mehr Einfluss. Der Sport wird sich verändern, egal, ob Briatore oder jemand anderes darüber bestimmt. Ich glaube aber nicht, dass er an diesem Posten interessiert ist, er hat andere Prioritäten, als ich."