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Dr. Mario Theissen: Biografie und Kurzinterview
Der BMW-Motorsportdirektor über die Auswirkungen der Reglementsänderungen auf den Bau des BMW-Motors
(Motorsport-Total.com) - Mario Theissen wurde am 17. August 1952 in Monschau (DEU) geboren. Er ist verheiratet mit Ulrike, Vater von einem Sohn (Pascal, 20 Jahre) und zwei Töchtern, Isabel (18) und Janina (15). Die Familie lebt in München. Das technische Interesse am Motorenbau und die berufliche wie private Begeisterung für den Motorsport begleiteten Mario Theissen schon durch sein Maschinenbau-Studium (1971 bis 1977) an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen.

© xpb.cc
Dr. Mario Theissen will mit seinem Motor auch 2003 die Messlatte legen
Im Juni 1977, sofort nach seinem Abschluss als Diplom-Ingenieur, nahm er seine erste Tätigkeit bei BMW im Bereich der Motorenberechnung auf. In den folgenden Jahren nahm er in der BMW Motorenentwicklung verschiedene Aufgaben wahr, 1989 promovierte er an der Ruhr-Universität in Bochum zum Dr.-Ing.
1991 wurde er Leiter Produktkonzepte der BMW AG, ein Jahr später Leiter Vorentwicklung Antrieb. Ab 1994 fungierte er als Geschäftsführer der BMW Technik GmbH. 1998 übernahm er neben der Leitung der Technik GmbH den Aufbau des BMW Technology Office in Palo Alto, Kalifornien.
Die Motorsport-Szene im Allgemeinen und die BMW Engagements im Speziellen hatte er seit seinen beruflichen Anfängen in der BMW Motorenentwicklung verfolgt. Im April 1999 wurde der Sport seine neue Aufgabe: Mario Theissen übernahm an der Seite von Gerhard Berger die Führung des BMW Motorsports, ihm obliegt die Leitung aller Technikfunktionen. Mario Theissen blickt bei BMW auf eine 26-jährige BMW Zugehörigkeit zurück, von der er mittlerweile 16 Jahre in der Motorenentwicklung tätig war.
Fragen an Dr. Mario Theissen:
Frage: "Was bedeutet die Änderung des Qualifyingmodus in der Saison 2003 für den BMW Motor?"
Theissen: "Zunächst einmal keine wesentlich anderen Anforderungen. Der Grundgedanke ist der, den bisherigen Rhythmus der Motorwechsel beizubehalten. Das hieße in unserem Fall: Freitagabend wird ein neues Triebwerk eingebaut, mit dem dann das freie Training am Samstag sowie das abschließende Qualifying bestritten wird, was ja nun ein Einzelzeitfahren ist. Danach kommt für Warm Up und Rennen wieder ein neuer Motor ins Auto."
Frage: "Was könnte diesen Rhythmus verändern?"
Theissen: "Nun ja, bisher haben die Motoren am Samstag rund 250 Kilometer Laufleistung erfahren, wovon die zwölf erlaubten Runden im Qualifying durchschnittlich 60 Kilometer ausmachten. Für die neue Anforderung von nur noch einer einzigen schnellen Runde plus Einführungs- und Auslaufrunde könnte man einen speziellen Motor entwickeln, den man am Samstag zwischen freiem Training und Qualifying installiert. So ein Kurzbrenner wäre allerdings eine extrem kostspielige Parallelentwicklung und damit entgegen dem Geist des Reglements für 2004, das bekanntlich einen Motor für das ganze Rennwochenende vorschreibt. Wir gehen davon aus, dass die FIA entsprechende Auswüchse in 2003 unterbindet."
Frage: "2002 hat der BMW V10 als erstes Formel-1-Triebwerk die magische Grenze von 19 000 Umdrehungen pro Minute überschritten. Wann fällt die Marke der 20 000 Umdrehungen?"
Theissen: "Wir werden 2003 nochmals eine Steigerung des Drehzahlniveaus sehen, die Sprünge werden jedoch bedeutend kleiner. Langfristig werden wir ohnehin einen Rückgang der Drehzahlen sehen, weil ab 2004 ein Motor auf die doppelte Laufleistung von 800 km ausgelegt sein muss."
Frage: "Für eine Weltrekordrunde, wie sie Juan Pablo Montoya 2002 im Qualifying von Monza fuhr, gibt es keine WM-Punkte. Ausfälle im Rennen haben dagegen wertvolle Zähler gekostet. Wäre ein konservativerer Motor da nicht die sicherere Alternative?"
Theissen: "Wenngleich kein Team 2002 so viele Rennrunden zurückgelegt hat wie das BMW WilliamsF1 Team, haben wir unserem Anspruch an die Standfestigkeit nicht immer genügt, das ist Fakt. Aber konservative Technik ist in der Formel 1 keine Lösung, sondern Innovationen. BMW hat in der Serientechnik wie im Rennsport den Anspruch, die besten Motoren der Welt zu bauen. Dafür gehen wir eigene Wege. Der P83 wird erneut kraftvoller, leichter und kompakter sein. Wir wollen im dritten Jahr in Folge die Messlatte legen. Parallel haben wir die Qualitätskontrolle weiter verbessert und rechnen mit einer gesteigerten Zuverlässigkeit. Ganz ohne Motorschäden, dessen muss man sich bewusst sein, kommt man aber im physikalischen Grenzbereich kaum über die Saison."
Frage: "Welchen Nutzen hat die BMW Serienentwicklung vom hauseigenen Formel-1-Projekt?"
Theissen: "Den permanenten Technologietransfer zwischen Motorsport und Serie zu gewährleisten, ist für BMW eine Selbstverständlichkeit und war auch von Anfang an Voraussetzung für das F1-Engagement. Dies hat zu einer engen Anbindung an das BMW Forschungs- und Innovationszentrum in München geführt. Eigene Ressourcen haben uns beispielsweise erlaubt, die Motorsteuerung des F1-Motors komplett bei BMW entstehen zu lassen ? Hardware und Software, Entwicklung und Fertigung. Verantwortlich zeichnet dafür das Team, das vorher die M3 und M5 Elektronik entwickelt hat. Und der Technologietransfer funktioniert in beiden Richtungen: Die aufwändige Elektronik der 7er Reihe arbeitet mit Hochleistungsprozessoren, die wir zuvor für das F1-Projekt entwickelt und erprobt haben. Auch das SMG Getriebe im M3, das vergleichbar der F1-Schaltung per Lenkradwippe funktioniert, ist eine dem Rennsport entsprungene Technologie. Überdies haben wir eine eigene F1-Gießerei gebaut und eine F1-Teilefertigung. Beide Fabriken werden von den Teams betrieben, die auch die Serienteile gießen und bearbeiten. Diese Abteilungen verfügen damit über ein hervorragendes Technologielabor, in dem sie im Zeitraffertempo mit künftigen Guss- und Fertigungstechnologien vertraut werden und gleichzeitig den extremen F1-Anforderungen an Geschwindigkeit, Flexibilität und Präzision gerecht werden müssen. Dieses Wissen prägt die nächste Generation von BMW Serienmotoren."

