Doornbos: "Red Bull ist eine völlig andere Welt"
Red-Bull-Ferrari-Testfahrer Robert Doornbos im Interview über seinen neuen Job, den er als Chance auf den großen Durchbruch ansieht
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Robert, wie kam es zu deinem Deal mit Red-Bull-Ferrari?"
Robert Doornbos: "In gewisser Hinsicht begann alles schon 2004. Damals, als ich in der Formel 3000 für Christian Horner fuhr, war ich erstmals mit dem Logo von Red Bull auf Auto und Overall unterwegs. Mich beeindruckte die unglaubliche Motivation, und außerdem hatte ich den Vorteil, den besten Discotänzer der Rennsportszene, Tonio Liuzzi, als Teamkollegen zu haben! Als dann letztes Jahr das Formel-1-Team auftauchte, war ich natürlich daran interessiert und blieb mit Christian entsprechend in Kontakt. Außerdem blieb mir nicht verborgen, dass bei Red Bull immer wieder einige wilde Partys stiegen!"

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Robert Doornbos hofft insgeheim sogar auf den einen oder anderen Renneinsatz
"Ich konzentrierte mich auf meinen Job bei Jordan, und dann gab ich bei Minardi mein Renndebüt. Das war etwas, was ich wohl niemals vergessen werde. Aber mir war klar, dass ich in ein besseres Team aufsteigen muss. Während des Wochenendes in China kam Bewegung in die Verhandlungen, als mir Herr Mateschitz sagte, dass er meine Entwicklung verfolgt habe und mir gern eine Chance geben würde. Der Vertrag wurde letztlich hier in Barcelona im Motorhome unterschrieben. Wow! So laufen solche Dinge wohl wirklich nur in der Formel 1 ab!"#w1#
Mini-Grand-Prix der Nachzügler nur bedingt unterhaltsam
Frage: "Was macht das Team aus deiner Sicht so attraktiv?"
Doornbos: "In diesem Jahr trat ich für ein Team an, das aus bekannten Gründen meist ganz hinten in der Startaufstellung zu finden war. Daran änderte sich auch nichts, als es mit dem neuen Rennwagen etwas besser wurde. Keine Frage, es machte einen riesigen Spaß, sich mit Jordan zu balgen - das war wie eine Art Mini-Grand-Prix zwischen den beiden Teams. Als Rennfahrer will man aber natürlich mehr als nur das. Zuvor war ich gewohnt, vorne mitzufahren und mit um den Sieg zu kämpfen, also war es für mich entsprechend ungewohnt, dauernd in die Rückspiegel schauen zu müssen und immer blaue Flaggen zu sehen."
"Hier bei Red Bull Racing erkannte ich sofort die deutlich höhere Motivation. Die beschränken sich nicht darauf, an mögliche WM-Punkte zu denken. Die peilen ihren ersten Podestplatz und nach Möglichkeit sogar den ersten Sieg an. Diesem Team anzugehören, ist großartig - alle sind unglaublich motiviert. Hier in Barcelona unterhielt ich mich auch mit unserem Küchenchef und erkannte: Selbst er scheint wie elektrisiert zu sein und kann den Saisonbeginn kaum abwarten. Jeder schaut nach vorne, und es ist toll, mit dabei zu sein."
Frage: "Warst du vor deinem ersten Testtag diese Woche in Barcelona nervös?"
Doornbos: "Nervös ist nicht das richtige Wort. In der Nacht zuvor schlief ich nicht viel, aber es war eher wie die Anspannung vor dem ersten Schultag. Als ich dann zur Rennstrecke kam, war es zu kalt, um fahren zu können. Wir warteten und warteten. Als es dann endlich losging, freute ich mich so richtig."
Red Bull eine andere Dimension als Jordan und Minardi
Frage: "Empfindest du beim Fahren des Autos einen Unterschied gegenüber dem, was du bisher gewohnt warst?"
Doornbos: "Ja. Es ist, als säße ich in einem völlig neuen Rennwagen. Man kann es mit dem Kauf eines neuen Autos vergleichen: überall neue Hebel, Schalter und Finessen. Im Vergleich zum Gewohnten ist das Luxus. Bei einem Werksbesuch in England wurde mir der Unterschied zwischen Red Bull Racing und Minardi bereits bewusst. Bei Minardi arbeiteten 80 Leute. Hier sind es ungefähr fünfmal so viele. Das ist eine völlig andere Welt. Das ist schon ein tolles Gefühl, und es macht mich stolz, mit dabei zu sein. Als ich das erste Mal durch die Boxengasse hinaus auf die Piste rollte, war das ein großartiges Gefühl."
Frage: "Du hast vorhin Christian Horner erwähnt. Wie ist es, jetzt wieder mit ihm zusammenzuarbeiten?"
Doornbos: "Gut! In der Formel 3000 hatten wir viel Spaß, wobei man berücksichtigen muss, dass es in dieser Meisterschaft ein wenig entspannter zugeht. Schon in der Formel 3000 sah ich ihn aufgrund seines Umgangs mit dem Team als Respektsperson. Da in diesem Championat mit Einheitsautos und -reifen gefahren wird, ging es dort sehr ausgeglichen zu."
Horner war schon in der Formel 3000 Perfektionist
"Unsere guten Resultate erzielten wir also, weil er das Team organisatorisch gut führte. Ein Beispiel: Als in dieser Meisterschaft Pflichtboxenstopps eingeführt wurden, fuhren wir auf einen englischen Flughafen und übten dort diese Stopps bis zum Erbrechen. Das war sein Stil: Druck machen und auf das Ziel konzentrieren."
Frage: "Wo wohnst du derzeit?"
Doornbos: "Meistens in Monte Carlo, aber wegen des Trainings auch in Italien. Stets richtig fit zu sein, hat mir in meiner Karriere sehr geholfen. Aktuell fühle ich mich wegen der vielen Reisen - nach Italien, Monte Carlo, Holland und jetzt Barcelona - wie ein Nomade."
Frage: "Hast du Pläne, in die 'Glamour-Gemeinde' Milton Keynes umzuziehen, wo das Team stationiert ist?"
Doornbos: "Ganz klar, ich werde sehr oft dort sein! Als ich im Jahr 2000 in die Formel Ford einstieg, nahm ich mir eine Wohnung unweit von Milton Keynes in Towcester. Das war ein wenig gewöhnungsbedürftig. Aber wie gesagt, ich werde mich dort oft aufhalten. Mir geht es darum, jeden Mitarbeiter im Werk kennen zu lernen."
Noch denkt Doornbos 24 Stunden am Tag an die Formel 1

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Robert Doornbos bei seinem ersten Test in den Red-Bull-Farben in Barcelona Zoom
Frage: "Womit beschäftigst du dich abseits der Events am liebsten?"
Doornbos: "Ich habe mal in einem Magazin einen Spruch von David Coulthard gelesen. Er sagte, dass er in seiner Zeit bei McLaren pro Tag 24 Stunden an die Formel 1 dachte. Erst seitdem er bei Red Bull Racing ist, sei er in der Lage, auch an andere Dinge zu denken. Ich selbst bin ehrlich gesagt natürlich noch in der Anfangsphase. Erst seit einem Jahr bin ich in der Formel 1. Also habe ich die Formel 1 vom morgendlichen Aufstehen bis zum Schlafengehen im Kopf."
"Seitdem ich mit dem Rennsport begann, sind sechs Jahre vergangen. Das zeigt wohl meine Entschlossenheit. Ich widme der Konzentration auf diesen Sport viel Zeit. Gleichzeitig weiß ich aber auch, wie wichtig es ist, zuweilen abzuschalten. Das ist einer der Gründe, weshalb ich so happy bin, den Vertrag schon unterschrieben zu haben: Jetzt kann ich mit meiner Familie entspannt Weihnachten feiern."
Frage: "Wo wirst du in diesem Jahr die Weihnachtsfeiertage verbringen?"
Doornbos: "In der Schweiz. Wir machen mit der ganzen Familie einen Skiurlaub. Außerdem steht eine Silvesterparty auf dem Programm, zu der wir einige gute Freunde aus Holland erwarten."

