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Doornbos: "Die Zeit verfliegt nur so, wenn man Spaß hat"
Robert Doornbos ist mit seiner Rolle als Testfahrer von Red Bull Racing glücklich und ist mit vielen wichtigen Aufgaben betraut - die Rennen vermisst er trotzdem
(Motorsport-Total.com) - Nach seinem Formel-1-Debüt in der vergangenen Saison bei Minardi, als er etwa zur Saisonhalbzeit das Cockpit von Patrick Friesacher übernahm, ist Robert Doornbos in dieser Saison als Testfahrer bei Red Bull Racing unterwegs. Der Niederländer unterstützt mit seinen Einsätzen bei Testfahrten und an den Freitagen der Grand-Prix-Wochenenden die Stammpiloten David Coulthard und Christian Klien. Obwohl Doornbos seinen Rennfahrerkollegen am Samstag und Sonntag nur noch zuschauen darf, ist der 24-Jährige keineswegs frustriert über seine Rolle im Team.

© xpb.cc
Robert Doornbos fühlt sich als Testpilot bei Red Bull Racing sehr wohl
Frage: "Robert, wir haben jetzt bereits die halbe Saison hinter uns. Was sind deine bisherigen Eindrücke?"
Robert Doornbos: "Ja, das ging richtig schnell vorbei. Für mich fühlt es sich so an, als wären diese sechs Monate sogar noch schneller vergangen als im vergangenen Jahr. Aber man kennt ja das Sprichwort: 'Die Zeit verfliegt nur so, wenn man Spaß hat.' Für mich begann alles, als die Testfahrten Anfang Januar begannen. Da wir in den ersten beiden Monaten einige Schwierigkeiten erlebten, konnten wir leider nicht so viele Kilometer zurücklegen, wie wir uns das erhofft hatten."#w1#
"Aber das war auch die Phase, in der ich den Unterschied zwischen Red Bull Racing und den Teams, für die ich in der Vergangenheit unterwegs war, gespürt habe. Das Team hat sich dazu entschieden, direkt ein Update am Chassis einzuführen, sie planten mehr Testfahrten vor der Saison und hängten sich wirklich rein. Ich bin jetzt in einem sehr professionellen Team, das auf alle Details achtet. Wir waren glücklich, in Bahrain sofort unseren ersten Punkt zu ergattern, das hat alle im Team motiviert."
"Danach haben wir das Auto Schritt für Schritt verbessert, und das ist genau der Punkt, an dem ich ins Spiel komme. An den Freitagen der Grand-Prix-Wochenenden bin ich für das Programm zur Evaluierung der Reifen verantwortlich. Ich muss herausfinden, wie sich das Auto verhält, sowohl bei hoher, als auch bei niedriger Spritlast, so dass wir dann entscheiden können, in welche Richtung wir am Samstag und Sonntag gehen. Abseits dieser Wochenenden bin ich dazu eingeteilt, die meiste Entwicklungsarbeit des Teams bei Testfahrten zu erledigen. Ein sehr hektischer Job, aber man wird keine Beschwerden von mir hören."
Evaluierung der Reifen ist die Hauptaufgabe an den Freitagen
Frage: "Kannst du uns noch etwas mehr über deine Aufgaben in den Freien Trainings an den Grand-Prix-Wochenenden erzählen?"
Doornbos: "Da wir nur zwei Sessions mit jeweils einer Stunde haben, ist es sehr wichtig, das Maximum daraus zu machen. Abhängig davon, auf welcher Strecke wir uns befinden, versuchen wir zunächst, ein geeignetes Basis-Setup zu finden, und anschließend beginnen wir unser Programm. Der Grund, weshalb sich dieser Punkt manchmal anders darstellt, ist, dass wir auf bestimmten Strecken einfach mehr testen als auf anderen. Auch das Gripniveau ist auf jeder Strecke anders. Zum Beispiel in Monaco und Montréal wird die Strecke nur sehr selten genutzt, daher müssen wir unser Auto an die sich immer verbessernden Umstände anpassen."
"Direkt nach unserer Arbeit am Setup konzentrieren wir uns in der ersten Session hauptsächlich auf unser Reifen-Evaluierungsprogramm. Michelin und Bridgestone können zwei verschiedene Mischungen zu jedem Rennen mitbringen, eine weiche und eine harte, die ich am Freitag analysieren muss. Normalerweise fahre ich dazu zwei Long-Runs von jeweils acht bis zehn Runden, bei denen ich auch auf verschiedene Aspekte der Elektronik achte, die wir im Auto haben."
"Nach der Mittagspause mache ich dann erneut mit zwei Stints von jeweils acht Runden weiter, diesmal jedoch mit einer großen Spritladung an Bord. Dazu benötigen wir etwa 30 Minuten. Normalerweise setzen wir für danach ein oder zwei Runs mit schnellen Runden an, um unsere Geschwindigkeit im Qualifying zu testen. Wenn wir dann noch immer Zeit übrig haben übe ich noch einige Starts, lege bei einigen Boxenstopps eine Gummispur vor unsere Boxengarage und solche Dinge. Auf jeden Fall ist es nicht so, wie manche Leute vielleicht vermuten, dass ein Testfahrer nur hier ist, um einige Runden zu drehen und am Ende in den Zeitenlisten so weit oben wie möglich zu stehen."
Ausführliches Briefing nach den Freien Trainings

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Robert Doornbos verrichtet für Red Bull Racing wertvolle Testarbeit Zoom
Frage: "Und anschließend? Geht es danach direkt zu den Formula Unas, die von Red Bull zu jedem Rennen eingeladen werden?"
Doornbos: "Ich wünschte, das wäre so! Nein, um ehrlich zu sein, ist das in der Tat der Moment, an dem der Tag richtig beginnt. Wenn ich dann aus dem Auto ausgestiegen bin, unterhalte ich mich kurz mit den Medien, bevor David, Christian, unsere Ingenieure, der Michelin-Ingenieur, die Leute von Ferrari und ich uns zum Debriefing zusammensetzen. Wie gesagt, ich bin verantwortlich für unsere Reifenwahl, und das ist eine der wichtigsten Fragen am Wochenende. Daher erfordert das ein exzellentes Feedback von mir."
"Da mein Fahrstil dem von David und Christian ähnlich ist, vertrauen sie voll auf meine Erfahrungen. Wenn ich mich zum Beispiel positiv über ein bestimmtes neues Teil äußere, dann wird David das ohne zu Zögern einsetzen. Um dies zu erreichen, benötigt man auch den Respekt der Teamkollegen, oder besser, man muss sich diesen erarbeiten. David ist jetzt seit über 13 Jahren in der Formel 1, er wird also nichts übernehmen, von dem er sich nicht sicher ist. Wir haben eine gute Beziehung, genauso wie mit Christian. Wir beide nennen 'DC' immer 'Onkel David', das ist lustig."
Verschiedenste Aufgaben bei Testfahrten
Frage: "Du hast uns jetzt einen guten Einblick in deinen Job an den Grand-Prix-Wochenenden gegeben. Aber was genau machst du zwischen den Rennen?"
Doornbos: "In den Wintermonaten habe ich eine Menge PR-Aktivitäten für das Team absolviert, da unser Auto noch nicht besonders zuverlässig war. Da wir nicht die Laufleistung absolvieren konnten wie erhofft, haben im Januar und Februar hauptsächlich David und Christian das Fahren übernommen, um sich an den RB2 zu gewöhnen und sich für Bahrain vorzubereiten. Ab Saisonbeginn habe ich das dann von ihnen übernommen und habe den Hauptanteil unserer Tests absolviert."
"Im Gegensatz zu meinem Job an einem Grand-Prix-Wochenende konzentriere ich mich in diesen Testsessions hauptsächlich auf Entwicklungsarbeit. Ich evaluiere die neuen Michelin-Reifen für den anstehenden Grand Prix, teste unsere neue Software, um zu versuchen, herauszufinden, wie wir unsere Gewichtsverteilung optimieren können. In den vergangenen Monaten hat mir das Team auch die Entwicklung des neuen Getriebes anvertraut. Ich spüre, dass sich meine technischen Fähigkeiten kontinuierlich verbessern. Und das hilft natürlich nicht nur mir, sondern auch dem Team. Aus diesem Grund übertragen sie mir alle Tests."
"Manchmal bin ich an einem Tag in drei verschiedenen Ländern! Ich wache in Großbritannien auf, fliege nach Monza zum Test, und danach reise ich nach Monaco, um eine Nacht ausspannen zu können. Aber um das klarzustellen: Ich mag das. Ich gebe mein Bestes, um das Team zu verbessern, denn das sieht auch für meine Zukunft gut aus. Einfach nur die Zeitenlisten am Freitag anzuführen beeindruckt die Teamchefs nicht. Sie sehen eher das Gesamtbild. Als Fahrer muss man extrem schnell und konstant sein, sein Team technisch nach vorne bringen, aber man muss auch bezüglich der PR einen guten Job machen. Ich arbeite an all diesen Aspekten."
Doornbos mag alle Strecken
Frage: "Auf welche Resultate bist du besonders stolz?"
Doornbos: "Das ist schwierig. Natürlich bin ich stolz darauf, wenn ich meinen Namen an der Spitze der Zeitenlisten sehe, wie zum Beispiel am Nürburgrind und in Monaco. Man darf bitte nicht vergessen, dass unser Auto noch nicht so schnell wie die Hondas oder Renaults ist. Wenn ich also unter diesen Jungs landen möchte, dann muss ich wirklich das Maximum aus dem Auto holen. Aber worauf ich auch stolz bin, ist, dass das Team das Vertrauen in mich hat, mich sehr wichtige Entwicklungsarbeiten für den Rennstall zu erledigen. Das mag zwar keine Schlagzeilen in den Zeitungen bringen, aber wenn ich für das Team einen guten Job mache, dann wird sie das noch viel mehr zufrieden stellen, als wenn ich an einem Freitag die schnellste Runde drehe, da bin ich mir sicher.
Frage: "Du bist nun auf allen Strecken im Formel-1-Kalender einmal gefahren. Was sind deine Favoriten?"
Doornbos: "Naja, Spa-Francorchamps ist natürlich meine Heimstrecke. Ich war dort immer erfolgreich, und es ist einfach eine aufregende Strecke, mit Kurven wie Eau Rouge, Blanchimont und Pouhon. Leider ist Spa in diesem Jahr nicht im Kalender. Wenn ich mir nur die Strecken ansehe, auf denen wir in diesem Jahr Rennen fahren, dann muss ich sagen, dass ich Melbourne, Monaco und Montréal besonders mag. Also die drei Ms."
"Auf all diesen Strecken fährt man sehr nahe an die Mauern heran, man spürt die Geschwindigkeit so richtig. Wenn ich mal einen Blick auf die bevorstehenden Veranstaltungen werfe, dann freue ich mich auf Hockenheim. Ich habe dort im vergangenen Jahr mit Minardi mein Grand-Prix-Debüt gegeben, und dort gibt es immer eine Menge holländische Fans. Aber ich genieße auch Istanbul, Sao Paulo und Suzuka, die mir auch sehr gut zu liegen scheinen. Mit anderen Worten: Ich mag eigentlich alle Strecken, wie war die Frage noch mal?"
Gibt es Chancen auf ein Stammcockpit für 2007?
Frage: "Vor etwa einem Jahr hast du dein Grand-Prix-Debüt gegeben. Vermisst du das Rennfahren?"
Doornbos: "Ja, natürlich vermisse ich das ein bisschen. Formel-1-Rennen zu fahren ist der höchste Level im Motorsport, daher bleibe ich darauf konzentriert. Aber ich bin sehr zufrieden, der dritte und der Testfahrer bei Red Bull Racing zu sein. Wir bekamen diese Chance im vergangenen Jahr, und das gab uns die Möglichkeit, zu einem enorm ambitionierten und sehr angesehenen Team aufzusteigen. Es fühlt sich einfach gut an, wenn man das Fahrerlager betritt und einige Türen weiter laufen kann."
"Wir haben uns dazu entschlossen, diese Möglichkeit mit beiden Händen zu ergreifen, so dass ich nun zeigen kann, zu was ich in der Lage bin. Und bisher mache ich einen guten Job, glaube ich. Natürlich würde ich im kommenden Jahr sehr gerne auch am Samstag und Sonntag dabei sein, und wir arbeiten hart daran, dies zu erreichen. Aber man wird uns niemals großes Aufhebens darüber machen hören. Drückt mir einfach die Daumen!"

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Kann sich Robert Doornbos mit guten Leistungen ein Stammcockpit sichern? Zoom
Frage: "Jeder erwartet eine richtig wilde "silly season", denn die Verträge vieler Fahrer laufen zum Jahresende aus. Was denkst du darüber?"
Doornbos: "Ja, das stimmt. Es laufen in diesem Jahr eine Menge Verträge aus, aber bedeutet das auch automatisch, dass die Fahrer ihre Teams auch verlassen? In dieser Zeit des Jahres spricht jeder mit jedem, das ist richtig. Aber es wäre nicht schlau, das nicht zu tun. Aber ich denke, dass wenn man sich diese Artikel genau ansieht, dann erkennt man auch eine Menge Nachrichten von Teams und Fahrern, die ihre Zusammenarbeit gerne fortsetzen würden. Auf jeden Fall gefällt es mir hier bei Red Bull Racing sehr gut. Wir ziehen es vor, im Hintergrund zu arbeiten und keine große Show aus unseren Plänen zu machen. Das ist einfach nicht mein Stil."
Frage: "Wer wird deiner Meinung nach Weltmeister, und was dürfen wir in der zweiten Saisonhälfte erwarten?"
Doornbos: "Auch wenn ich am Samstag und Sonntag immer noch recht beschäftigt bin, schaue ich mir das Rennen immer in unserer Boxengarage oder in unserer 'Energy Station' an. Natürlich gilt mein Interesse den Leistungen von David und Christian, aber ich verfolge auch die Geschehnisse rund um Fernando (Alonso; Anm. d. Red.), Michael (Schumacher; Anm. d. Red.) und Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.)."
"Ich denke, Fernando ist in einer ähnlichen Position wie im vergangenen Jahr. Er muss nicht alle verbleibenden Rennen gewinnen, so lange er knapp hinter Michael und Kimi bleibt. So hat er zumindest im vergangenen Jahr den Titel gewonnen. Aber wenn Fernando ein- oder zweimal ausfällt und Michael diese Rennen gewinnt, dann kann sich die Situation komplett ändern. Ich hoffe, dass sich alles erst beim letzten Rennen in Brasilien entscheidet."

