• 08.05.2011 20:50

  • von Dieter Rencken

Domenicali: "Haben den Rückstand reduziert"

Rennanalyse mit Stefano Domenicali: Wie er die Steigerung von Ferrari bewertet und warum er ab Barcelona noch größere Fortschritte erwartet

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Stefano, ihr habt hier Fortschritte gemacht. Waren die so groß wie von den Daten vorhergesagt, mehr, weniger? Könnt ihr euren Werkzeugen in der Fabrik nun vertrauen?"
Stefano Domenicali: "Zuallererst möchte ich daran erinnern, dass die Pace in allen Rennen nicht so schlecht war. Aber das Problem ist, dass du deine Rennpace nicht zeigen kannst, wenn du so weit hinten startest, weil du im Verkehr steckst, attackieren musst, die Reifen zerstörst. Das ist das wahre Problem."

Titel-Bild zur News: Stefano Domenicali

Teamchef Stefano Domenicali sieht Ferrari auf dem richtigen Weg

"Daher würde ich sagen, dass wir bestätigt haben, dass die Rennpace besser geworden ist, denn heute waren wir mit den weichen Reifen sicher schneller als Webber und nahezu gleich schnell wie Vettel. Mit den harten Reifen war der Unterschied, dass Webber am Ende noch einen neuen Satz hatte, den er in den ersten Runden des Stints maximal nutzen konnte. Unterm Strich waren wir also sehr konkurrenzfähig und damit bin ich sehr zufrieden."

"Wenn Fernando zu Beginn des Rennens nicht Zeit damit verloren hätte, erstmal Rosberg zu überholen, wäre er den Red Bulls sicher auf den Fersen geblieben. Was deine Frage angeht: Wir haben den Rückstand im Qualifying reduziert. Das gilt auch für die Rennpace, aber die war auch vorher schon gut. Unterm Strich bleibt stehen, dass wir im Qualifying besser werden müssen. Das ist mit Sicherheit die Sache, an der wir arbeiten müssen, damit es schon ab Spanien besser klappt."

Defizit im Bereich Aerodynamik

Frage: "Mit welchen Teilen des Autos bist du zufrieden und an welchen müsst ihr noch arbeiten?"
Domenicali: "Wir müssen am gesamten Auto arbeiten. Wenn du in so einem umkämpften Wettbewerbsumfeld in einem Bereich Rückstand hast, nutzen das die anderen sofort aus. Aber der Bereich, den wir unbedingt maximieren müssen, ist die Aerodynamik. Außerdem müssen wir die Nutzung des auspuffangeströmten Unterbodens im Qualifying besser machen. Das ist ein spezifischer Punkt."

Frage: "Was sagen die Fahrer zum Geschwindigkeitsunterschied zwischen Qualifying und Rennen? Geben sie Feedback, mit dem ihr etwas anfangen könnt?"
Domenicali: "Wir haben schon ein paar Ideen, denn hinsichtlich der Balance sind die Aussagen neutral. Daraus schließen wir, dass es einen spezifischen Bereich gibt, den ich vorher schon erwähnt habe, an dem wir arbeiten müssen. Darauf sollten wir uns konzentrieren."

"Von außen betrachtet ist es schwierig zu verstehen, warum wir uns im Qualifying so schwer tun, aber im Rennen so konkurrenzfähig sind. Ich glaube, wir haben das Problem verstanden. Jetzt müssen wir sicherstellen, dass wir schon bis Barcelona reagieren können, wenn möglich."

Frage: "Bist du zuversichtlich, dass ihr nicht nur die Probleme mit eurem Windkanal lokalisiert habt, sondern auch die ins Auto eingebauten aerodynamischen Schwächen, und dass eure Updates in Zukunft funktionieren werden?"
Domenicali: "Ihr kennt mich, ich bin immer zurückhaltend, aber genau das erwarte ich von meinen Ingenieuren. Was wir dieses Wochenende gesehen haben, geht zumindest in die richtige Richtung. Ich erwarte einen weiteren Schritt in diese Richtung."


Fotos: Ferrari, Großer Preis der Türkei, Sonntag


"Erstens haben wir die Situation jetzt verstanden und zweitens arbeiten wir in die richtige Richtung. Aber ich sage meinen Leuten immer, dass sie nicht davon ausgehen dürfen, dass die anderen schlafen werden. Alle anderen Gegner werden auch reagieren und sich steigern. Dieses Jahr wird eine sehr herausfordernde Saison."

"Abgesehen davon, dass Red Bull immer das schnellste und zuverlässigste Auto hatte, haben wir schon viele verschiedene Szenarien erlebt. Wir werden sehen. Der Druck könnte genauso gut bei ihnen liegen, dieses Leistungsniveau zu halten. Wir werden versuchen, eines der Teams zu sein, die diesen Druck ausüben. Unter Druck machen sie vielleicht Fehler."

Zu viele Boxenstopps?

Frage: "Wir haben ein sehr komplexes Reifenreglement für das Qualifying, wer mit welchen Reifen starten darf und so weiter. Das ist eine Folge der Haltbarkeit des vorherigen Lieferanten. Wäre es nicht richtig, diese Komplexität zu überdenken?"
Domenicali: "Dazu kann ich zwei Dinge sagen. Fest steht, dass es noch nie so viele Boxenstopps und so viele Überholmanöver gegeben hat."

"Das ist manchmal schwer zu verstehen, aber es fällt manchmal auch unseren Jungs schwer, das zu meistern, denn wenn ein Team acht Boxenstopps absolvieren muss, ist das ziemlich heavy. Dadurch entsteht Druck und es werden Fehler gemacht, wie wir alle schon erlebt haben. Es könnte in bestimmten Situationen auch gefährlich sein - nicht hier, aber es könnte sein."

"Dementsprechend ist da sicherlich ein diskussionswürdiger Punkt. Hier sind die Gefühle gemischt. Einige Leute sind sehr glücklich darüber, dass sich etwas tut, während andere konservativer sind und finden, dass es fast schon zu extrem ist. Ich stimme zu, dass es ein bisschen zu extrem ist, so viele Boxenstopps zu haben."

Fernando Alonso

Die McLaren-Piloten hatte Fernando Alonso heute im Rückspiegel Zoom

Frage: "Findest du, dass das Überholen mit DRS heute zu einfach war, und bist du froh, dass der verstellbare Heckflügel nun auch in Monaco zum Einsatz kommen wird?"
Domenicali: "Ich beantworte zunächst die zweite Frage. Über Monaco gab es intensive Diskussionen unter den Fahrern."

"Ich glaube, dass Monaco schwierig werden könnte, aber wenn es um die Sicherheit geht, sollten wir lieber ruhig sein und nichts sagen, denn wir wollen nicht diejenigen sein, die ankündigen, dass etwas passieren könnte. Es wird sicherlich sehr schwierig, aber die Entscheidung ist gefallen. Nun werden wir sicherstellen, dass wir DRS dort maximal nutzen können."

"Was das Überholen angeht, so halte ich die Situation für eine Kombination aus den Reifen und der Nutzung des Systems. Wenn du die gleichen Reifen hast und dann ein Auto, das genau so abgestimmt ist, dass du im siebten Gang am Drehzahlbegrenzer anstößt, dann kannst du nicht überholen. Da spielen viele Faktoren mit. Ich weiß nicht, wie ihr Medien das den Zuschauern erklärt, aber ich überlasse euch das liebend gern, denn ich habe keine Ahnung, wie ich es anstellen soll..."