Die Suche nach dem Konsens
Motorenhomologation, Energierückgewinnung, Budgetsenkungen - die Zukunftsdiskussionen laufen ungebremst weiter
(Motorsport-Total.com) - Wirklich überraschend kamen die Aussagen von FIA-Präsident Max Mosley in Silverstone nicht: Das Einfrieren der Motoren kommt wie verabredet. Einigen Herstellern dürfte das überhaupt nicht schmecken, doch die Drohungen über mögliche Formel-1-Ausstiege nimmt der Engländer ebenso in Kauf wie einen neuen Machtkampf.

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Bleibt dieser Cosworth-Motor gar bis Ende 2011 unverändert im Einsatz?
Hinter der Motorenhomologation steckt das einfache Prinzip der Kostensenkung. Triebwerke, die nicht mehr weiterentwickelt werden, kosten wenig. Diese Rechnung ist so einfach wie richtig. Gleichzeit aber ist es verständlich, dass die Hersteller mit riesigen Entwicklungsabteilungen sich vor den Kopf gestoßen fühlen.#w1#
Zucker, Brot und Peitsche?
Mosley aber hat seine Strategie in diesen Dingen über die Jahre perfektioniert. Für keinen in der Formel 1 gibt es eine Hiobsbotschaft, ohne dass er gleichzeitig einen neuen Weg aufzeigt. Dieser aber steht erst in einigen Jahren zur Verfügung - sollten sich die Beteiligten nicht schon vorher auf einen Konsens einigen können.
Das Einfrieren jedenfalls wird kommen, und die Kritik wurde bereits - wenn auch offiziell sehr verhaltend - geäußert. Die Grundidee trifft dabei auf eine breite Zustimmung, in der angedachten Ausführung aber geht es vielen zu weit. "Wie es jetzt vorgeschlagen wurde, fällt es zu extrem aus", so Williams' Technischer Direktor Sam Michael in der 'Motorsport aktuell'.
"Es werden Ingenieure aus der Formel 1 abwandern, weil sie in letzter Konsequenz keine Herausforderung mehr für sie darstellt", fuhr er fort. Die Arbeit an den Triebwerken würde dazu verkommen, dass es nur noch darum geht, "die Aggregate in die Chassis einzubauen". Ohnehin scheinen viele darauf hinzuarbeiten, die Mosley'schen Ideen abzuschwächen.
Hersteller feilschen um Freiräume
Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug sieht die Aussagen als "Null-Linie" an. "Wir werden so schnell es geht eine Konferenzschaltung organisieren - mit dem Ziel, dass man gewisse Upgrades definiert", erklärte er. Doch jeder Freiraum, den sich die Hersteller erarbeiten, belastet in Zukunft das Budget - vor allem das, der Entwicklungsabteilungen.
Bei Cosworth zeigte man sich daher mit den vorgeschlagenen Regelungen sehr wohl einverstanden. Das Privatunternehmen besitzt langfristig nicht die Mittel, in der Motorenentwicklung gegen die Werke mitzuhalten. Die Engländer drängen auch darauf, die Motoren im derzeitigen Istzustand einzufrieren. "Dann hätten wir unseren Vorsprung auf die elegantest mögliche Weise konserviert", so Cosworth-Geschäftsführer Bernard Ferguson.
Wenn man das Einfrieren schon nicht verhindern kann, so möchte man wenigstens eine sinnlose Geldverschwendung vermeiden. Erst ab 2008 sollen die V8-Triebwerke homologiert werden - auf dem Stand des Jahres 2006. Dies würde die absurde Situation schaffen, dass im kommenden Jahr eine sündhaft teure Entwicklung stattfindet, die am Ende des Jahres wieder eingestampft wird.
Energiespeicherung als Lockangebot für die Japaner?
Die Wende in der Homologation wurde jedoch bereits in Aussicht gestellt: Systeme zur Energiespeicherung sollen vor allem neue Technologien in die Formel 1 einfließen lassen. Für ausstiegswillige Hersteller stellt auch das ein Dilemma dar: Sie können nicht mehr sagen, dass sie aufgrund mangelnder Technologie gehen wollen.
Hinzukommt, dass derzeit vor allem Honda und Toyota mit den Säbeln rasseln - doch die Japaner haben in der Hybridtechnik weltweit die Nase vorn. Ein Formel-1-Einzug dieser Techniken könnte also ihren Verbleib sichern. Bei Cosworth wiederum stoßen diese Planungen auf wenig Gegenliebe. Wie das kleine Unternehmen die Entwicklungen in diesem Bereich bezahlen soll, fragte Ferguson.
"Mir kommt es sinnvoller vor, sich da auf einen Zulieferer für dieses System zu einigen", erklärte er. Bei Mercedes wartet man in dieser Sache noch auf die nächsten Zeichen, denn die FIA müsse zunächst mit den Herstellern feste Rahmenbedingungen vereinbaren. Die Kompromisslösungen bezüglich der Homologation und deren Umfang sollen (und müssen) aber in den nächsten Wochen auf dem Tisch liegen.

