• 06.09.2004 17:50

  • von Marco Helgert

Die drei Reglement-Vorschläge der FIA

Phase zwei der Regeländerungen hat begonnen: Die FIA hat den Teams drei verschiedene Änderungspakete für 2005 und 2006 vorgeschlagen

(Motorsport-Total.com) - Es kam wie es kommen musste. Am 16. Juli veröffentlichte die FIA einen Maßnahmenkatalog für das Reglement ab 2005, welcher auch massive Änderungen für 2006 beinhaltete. Diese Vorschläge sollten die Grundlage bilden. Die Teams, Motorenhersteller und andere Vertreter hatten nun bis zum 6. September Zeit, einen eigenen Vorschlag zu unterbreiten. Doch es kam wie es FIA-Präsident Max Mosley prophezeit hatte. In der Technischen Arbeitsgruppe der Formel 1 konnte keine Einigkeit erreicht werden.

Titel-Bild zur News: Max Mosley

Max Mosley ist wieder am Zug - drei Vorschläge liegen nun auf dem Tisch

Nun greift die zweite Stufe. Die FIA bot den Teams nun, basierend auf dem Vorschlag vom 16. Juli, drei verschiedene Regelpakete an. Diese Prozedur ist im Punkt 7.5 des Concorde-Agreements festgeschrieben. Die Technische Arbeitsgruppe kann nun eines der drei Pakete wählen und verabschieden. Sollte wieder keine Einigung erreicht werden, wird die FIA die zu wählende Lösung selbst bestimmen.#w1#

Dennoch wurde erneut, und wohl zum letzten Mal, eine Diskussionsbereitschaft signalisiert. Die FIA würde auch Vorschläge annehmen, welche verschiedene Punkte der Pakete vereint, auch wenn dies nicht im Concorde-Agreement gefordert wird. Dies dürfte die letzte Möglichkeit für die Teams sein, Stärke und Einigkeit zu präsentieren.

Die Grundlagen der Änderungen

Um etwas Licht in das Dickicht der Regelvorschläge zu bringen, sollte man zunächst einen Blick auf die Vorschläge werfen, welche die FIA am 16. Juli veröffentlichte. Hauptpunkt des Vorschlages für 2005 war, die Aerodynamik zu beschneiden. Der Diffusor sollten kleiner werden, der Frontflügel rutschte noch einmal fünf Zentimeter nach oben. Die Heckflügelelemente rückten weiter nach vorne und die aerodynamischen Hilfsflügel vor den Rädern wurden immens beschnitten.

Auf der Motorenseite sollte sich bezüglich des ersten Vorschlages jedoch weit mehr ändern: So sollten im nächsten Jahr weiter die herkömmlichen V10-Aggregate zum Einsatz kommen, aber zwei Wochenenden überstehen. Die Leistung sollte damit nachhaltig gesenkt werden.

Der große Schnitt soll dann 2006 kommen: 2,4 Liter Hubraum, V8 mit 90° Öffnungswinkel der Zylinderbänke, maximal zwei Einlass- und Auslassventile, die nur rund, nicht elliptisch, sein dürfen. Der Zylinderdurchmesser darf 98 Millimeter nicht übersteigen, der Abstand zwischen den Zylindern muss fest bei 106,5 Millimetern liegen. Die Höhe der Drehachse der Kurbelwelle ist festgeschrieben.

Ein Motor soll ab 2006 aber noch weitere Eigenschaften erfüllen: Insgesamt darf er nicht weniger als 95 Kilogramm wiegen, der Schwerpunkt der Motoren ist fest vorgeschrieben. Außerdem sollen folgende Techniken verboten sein: direkte Benzineinspritzung, ein variables Einlasssystem, variable Auspuffsysteme und variable Ventilsteuerungen. Außerdem sollen nur je eine Zündkerze, eine Zündspule und ein Einspritzpunkt je Zylinder erlaubt sein. Exotische Materialien sollen ohnehin verboten werden.

Paket 1: Weniger Aerodynamik, feste Motorregeln

Auf diese Rahmenpunkte zielen alle drei Vorschläge der FIA, die nun veröffentlicht wurden, ab. Das erste Paket geht dabei bei der Aerodynamik einen Schritt zurück. Chassis-Teile, die 330 Millimeter hinter der gedachten Achse der Vorderräder und 250 Millimeter von der Längsachse des Autos entfernt liegen, sollten in den Plänen aus dem Juli um 50 Millimeter nach oben rutschen. Im Paket bleibt es jedoch bei den bisherigen Regeln. Diese Regeln betreffen unter anderem die Barge-Boards. Dafür wurde eine Regel aufgenommen, die klar definiert, in welcher Höhe aerodynamische Anbauten vor den Vorderrädern montiert sein dürfen.

An den V8-Motoren wird, wie in allen Paketen, auch beim ersten Vorschlag festgehalten. Jedoch wird es bezüglich dieser Aggregate weitere Einschränkungen geben. Die Bohrung wird nicht mehr auf maximal 98 Millimeter festgesetzt, sondern mit einem fixen, noch nicht genannten Wert, bemessen. Der Abstand zwischen den Zylindern und die Gesamtlänge des Motors werden vorgegeben. Ebenso wird festgelegt sein, wo die vorderen und hinteren Haltepunkte des Motors liegen und in welcher Position sich die Kurbelwelle zu befinden hat.

Der Hintergrund dieser Änderungen ist nicht schwer zu erraten. Sollten die Motorenhalterungen, die Größe und die Kurbelwellenlage vorgeschrieben sein, so ist es einfach, einen Motor eines anderen Herstellers zu verwenden, ohne dass das Chassis hierzu mit viel Aufwand umgebaut werden müsste. Ein Einsatz von Kauf-Chassis wäre hiermit auch mit anderen Triebwerken möglich, auch wenn Plne hierzu noch in den Kinderschuhen stecken.

Paket 2: Starke Reglementierung der Aerodynamik

Das zweite Paket widmet sich in den Änderungen bezüglich des Vorschlages vom 16. Juli mehr der Aerodynamik am Heck des Fahrzeugs. Aerodynamische Teile zwischen den Hinterrädern werden in diesem Paket stark eingeschränkt. Hinter der Hinterachse wird es demnach einen Bereich geben, in dem keinerlei Anbauten erlaubt sind. Noch drastischer werden die Einschnitte in der erlaubten Höhe des Fahrzeugs hinter den Hinterrädern. Auch die Flexibilität der aerodynamischen Teile wie Flügel und Windabweiser wird im zweiten Paket enger gefasst.

Paket 3: Freiere Motorenwahl für alle Teams ab 2006

Das dritte Paket ist jenes, mit den größten Engriffen, die allesamt aber erst ab 2006 greifen. Für 2005 würde jenes Reglement gültig sein, welches am 16. Juli veröffentlicht wurde. Gegenüber den bisherigen Vorschlägen ändern sich, abgesehen vom Motor, lediglich zwei Punkte. Die Referenzlinie (grob: die Unterkante des Chassis, oder genauer: die Linie, die sich genau 550 Millimeter unterhalb der vorderen Cockpithöhe befindet) wird bis zu den Vorderreifen erweitert. Durch die enge Reglementierung der Aerodynamik, welche sich überhalb dieser Referenzlinie befindet, würden sich damit einige Speziallösungen nicht mehr Umsetzen lassen. Um dies zusätzlich zu vermeiden, sollen alle Barge-Boards und kleine Zusatzflügelchen verboten werden.

Der größte Änderungspunkt ist jedoch das Motorenreglement ab 2006. Keinem Team soll es ab 2006 erlaubt sein, einen anderen Motor als einen 2,4-Liter-V8 einzusetzen. Kleine Teams sollen reglementarisch auf V8-Aggregate umgerüstet werden. Hierzu darf es keinem Team untersagt werden, einen Motor freier Wahl zu verwenden. Die Hersteller werden mit einer Änderung des Sportlichen Reglements hierzu verpflichtet.

Die Anzahl der Teams in der Meisterschaft, geteilt durch die Anzahl der Motorenhersteller, aufgerundet auf die nächsthöchste natürliche Zahl ergibt die Anzahl an Teams, die ein Hersteller ausrüsten muss. In der heutigen Situation, würde man mit dieser Rechnung (10 Teams / 7 Motorenhersteller = 1,43, aufgerundet auf zwei) erreichen, dass jeder Hersteller zwei Teams ausrüsten muss, wenn es entsprechende Anfragen von Teams gibt.

Um ein plötzliches Ausscheiden eines Herstellers zu verhindern, wird es zudem nötig, dass ein Hersteller im vorletzten Jahr seiner Teilnahme die FIA schriftlich davon in Kenntnis setzt, dass man die Formel 1 verlassen wird. Wird sich ein Hersteller also beispielsweise Ende 2007 zurückziehen, so muss die FIA im Laufe der Saison 2006 darüber Bescheid wissen.

Zusätzliche Änderungswünsche der FIA

Zwei weitere Änderungsvorschläge werden losgelöst von den drei Paketen beim nächsten Treffen der Technischen Arbeitsgruppe auf dem Plan stehen. Zum einen möchte die FIA Materialien möglichst verbieten, welche im Falle eines Unfalls in scharfe Splitterteile zerspringt. Grund hierfür sind die zahlreichen Reifenschäden in den vergangenen Rennen. Außerdem soll das Gesamtgewicht der Fahrzeuge gesenkt werden, um weniger Raum für Ballastgewichte zu schaffen, die bei einem Unfall negative Effekte haben können.

Die drei vorgeschlagenen Pakete werden in den nächsten Tagen auf jeden Fall für genügend Gesprächsstoff sorgen. Am Rande des Rennens in Italien wird sich FIA-Präsident Max Mosley am Freitag nach den Trainingseinheiten den Fragen der versammelten Presse stellen. Bis zu diesem Zeitpunkt dürften bereits einige Teams und Motorenhersteller ihrer Ablehnung oder Freude Ausdruck verliehen haben.