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  • 18.10.2006 14:08

Der König der Rennfahrer im Porträt

Am Sonntag wird Michael Schumacher in Brasilien seinen letzten Grand Prix bestreiten - Porträt des erfolgreichsten Rennfahrers aller Zeiten

(Motorsport-Total.com/sid) - Er kam mit 1.000 Mark Taschengeld in die Formel 1 und geht als König der Rennfahrer: Kein anderer hat die Geschichte des Grand-Prix-Sports so nachhaltig geprägt wie Michael Schumacher. Seine Rekorde scheinen für die Ewigkeit bestimmt, der siebenmalige Weltmeister ist ein Unsterblicher in der Hall of Fame des Automobilsports.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

So kennt man Michael Schumacher: Jubelnd nach einem WM-Gewinn...

Schumacher wird geliebt und gehasst, bewundert und verdammt. Er ist kompromisslos auf der Rennstrecke, zahlreiche Skandale kratzten am Image des Ferrari-Stars. Aber eines wird von Freunden und Gegnern gleichermaßen respektiert: das fahrerische Genie des 37-Jährigen, der am Sonntag in São Paulo nach fast 16 Jahren und 250 Rennen seinen Helm an den Nagel hängt.#w1#

Pizza und Herzklopfen in einer Jugendherberge

Mit einer Pizza in der Jugendherberge und Herzklopfen vor dem ersten Formel-1-Rennen fing am 25. August 1991 alles an. Als damals ein gewisser Michael Schumacher im belgischen Spa-Francorchamps sein Debüt in der Königsklasse gab, ahnte nur sein Zimmergenosse Willi Weber, dass dies die "Geburtsstunde des besten Rennfahrers der Welt" sein sollte.

Manager Weber hatte schon früh das außergewöhnliche Talent des Jungen aus Kerpen erkannt, im richtigen Moment die richtigen Entscheidungen für dessen Karriere getroffen - und sich dabei unter anderem einer kleinen Notlüge bedient: Den Platz im Jordan-Cockpit als Ersatz für den mit der Justiz in Konflikt geratenen Belgier Bertrand Gachot hatte Schumacher nur bekommen, weil Weber Teambesitzer Eddie Jordan gesagt hatte, Schumacher sei schon oft in Spa-Francorchamps gefahren und kenne die Strecke sehr gut. Das war ein wenig an der Realität vorbei formuliert.

Es war aber auch der Startschuss für eine einzigartige Karriere, in der Schumacher die Geschichtsbücher der Formel 1 komplett umschrieb. Die meisten WM-Titel, die meisten Siege, Punkte, schnellste Runden, Führungskilometer, und, und, und. Der vierfache Weltmeister Alain Prost, dessen Bestmarke von 51 Grand-Prix-Siegen Schumacher 2001 - natürlich in Spa-Francorchamps - aus den Annalen löschte, hält den Kerpener für "den Besten der Gegenwart", Formel-1-Boss Bernie Ecclestone sah in dem Deutschen schon früh den legitimen Nachfolger des 1994 tödlich verunglückten Ayrton Senna: "Er steht über allen anderen." Für Mercedes-Sportchef Norbert Haug, der Schumacher nur allzu gern in einem "Silberpfeil" gesehen hätte, war "Michael die Messlatte".

Schumachers Privatvermögen wird auf fast 300 Millionen Euro geschätzt. Privatjet, Luxusyacht und ein millionenschwerer Fuhrpark gehören längst zum ganz normalen Standard des reichsten deutschen Sportlers, der in Vufflens in der Schweiz lebt und sich nur wenige Kilometer entfernt gerade ein Traumanwesen für die Zeit nach seiner Rennkarriere baut.

Hundenarr Schumacher, Besitzer mehrerer Vierbeiner, hat nicht nur sportlich seine Reifeprüfung mit Bravour bestanden. Auch privat hat der Rheinländer alles fest im Griff, fährt mit Vollgas auf der Sonnenseite des Lebens. Der Ferrari-Star ist mit seiner Corinna glücklich verheiratet. Der Stolz der Familie sind die Kinder Gina-Maria und Mick: "Sie sind die Nummer eins und geben meinem Leben einen anderen Sinn", sagt Schumacher.

Kaum jemand verstand den Wechsel zu Ferrari

Als Schumacher 1995 das damalige Erfolgsteam Benetton verließ und zu Ferrari wechselte, schüttelten viele Experten ungläubig den Kopf. "Mit Benetton habe ich alles erreicht, was man in der Formel 1 erreichen kann. Ich wollte eine neue Herausforderung", begründete Schumacher damals seinen Entschluss. "Michael hätte es sich einfach machen und für Williams oder McLaren fahren können. Doch nur bei Ferrari konnte er zeigen, wie gut er wirklich ist", sagt Weber.

Michael Schumacher

Auf Benetton feierte Michael Schumacher 1994 seine ersten großen Erfolge Zoom

Bei dem italienischen Traditionsteam liest man "Michele" noch immer jeden Wunsch von den Lippen ab, "Schumi" ist der heimliche Herrscher bei Ferrari: "Das Geld ist gut angelegt, Michael ist jeden Euro wert. Er zahlt den Preis in Siegen zurück, das ist ein fairer Deal", meint Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo, der Schumacher mit der Formel-1-Rekordgage von 35 Millionen Euro pro Jahr entlohnt.

Trotz des Reichtums bezeichnet sich Multimillionär Schumacher als bodenständigen Menschen, der die Wurzeln seiner Herkunft nicht leugnet. Während seiner Lehrzeit als KFZ-Mechaniker, die er 1989 abschloss, musste er mit 300 Mark monatlich über die Runden kommen, für sein erstes Formel-1-Rennen erhielt er 1.000 Mark Taschengeld. "Geld bedeutet für mich Sicherheit. Ich würde es aber niemals mit beiden Händen aus dem Fenster werfen", meint der Rennfahrer, der Sonderbotschafter der 'UNESCO' ist und einen beträchtlichen Teil seines Geldes für den guten Zweck spendet.

Schon als Sechsjähriger sammelte Schumacher auf der heimischen Kartbahn seines Vaters die ersten motorsportlichen Erfahrungen. Rolf Schumacher erkannte schnell das Talent seines ältesten Sohnes und förderte es. 1989 nahm ihn Weber unter Vertrag und investierte in den Geheimtipp. Inzwischen hat sich der Manager, der mit 20 Prozent an sämtlichen Einnahmen beteiligt ist, eine goldene Nase verdient.

1991 leuchtete der Stern über Schumachers Bilderbuchkarriere, als er in das Juniorenteam von Mercedes aufgenommen wurde. Durch konstant gute Leistungen und eine Mitgift der Schwaben öffnete sich für den damals 22-Jährigen das Tor zu Formel 1. Der Rest ist Geschichte.

Zur Person:

Geboren: 3. Januar 1969 in Hürth-Hermülheim
Wohnort: Vufflens am Genfer See (Schweiz)
Familienstand: verheiratet mit Corinna (geborene Betsch)
Kinder: eine Tochter (Gina-Maria) und ein Sohn (Mick)
Manager: Willi Weber
Größe: 1,74 m
Gewicht: 68 kg
erlernter Beruf: KFZ-Mechaniker
Hobby: Kartfahren, Fitnesstraining, Motorradfahren
Freizeitsport: Fußball, Laufen, Radfahren, Mountainbiking
Lieblingsgericht: italienische Küche
Lieblingsgetränk: Apfelschorle
Lieblingsmusik: Tina Turner, Phil Collins, Michael Jackson

Sportliche Laufbahn vor der Formel 1:

1984: Deutscher Kartmeister (Junioren)
1985: Deutscher Kartmeister und WM-Zweiter
1986: 3. Platz bei der Kart-EM und Kart-DM
1987: Kart-Europameister und Deutscher Meister
1988: Deutscher Meister Formel König
1989: 3. Platz Formel-3-DM
1990: Deutscher Formel-3-Meister

Laufbahn in der Formel 1:

1991: Schumacher gibt in Spa-Francorchamps sein Formel-1-Debüt für Jordan. Dem siebenten Startplatz folgt im Rennen der Ausfall in der ersten Runde. Danach fährt er fünf Grand Prix für Benetton und belegt Platz zwölf der Gesamtwertung.

Michael Schumacher

Michael Schumacher wechselte nach einem Rennen für Jordan zu Benetton Zoom

1992: Schumacher fährt seine erste komplette Formel-1-Saison für Benetton und feiert im August in Spa-Francorchamps seinen ersten Grand-Prix-Sieg. In der Gesamtwertung landet er mit 53 Punkten auf Rang drei und ist damit bester Einsteiger seit Jackie Stewart 1966.

1993: Benetton-Pilot Schumacher fällt siebenmal aus, in allen anderen Rennen steht er auf dem Treppchen. Er feiert in Estoril seinen zweiten Grand-Prix-Sieg im September und belegt Platz vier in der Gesamtwertung.

1994: Schumacher erhält einen Dreijahresvertrag bei Benetton für 20 Millionen Dollar Gage. Der Vertrag wird nach der Sperre und den Skandalen um das Team um ein Jahr bis einschließlich 1995 verkürzt, die Jahresgage auf 16 Millionen Dollar angehoben. Schumacher wird mit einem Punkt Vorsprung vor Damon Hill erster deutscher Weltmeister.

1995: Schumacher verteidigt als jüngster Fahrer seit WM-Beginn 1950 den Titel erfolgreich. Er steht zwei Rennen vor dem Saisonende als Titelträger fest und gewinnt als erster Deutscher die beiden Heimspiele in Hockenheim und auf dem Nürburgring. Er wechselt für die Rekordgage von 40 Millionen Mark von Benetton zu Ferrari.

1996: Drei Siegen (Barcelona, Spa-Francorchamps, Monza) stehen im ersten Ferrari-Jahr insgesamt sieben Ausfälle gegenüber. In der Gesamtwertung belegt der Kerpener mit 59 Punkten den dritten Platz. Der Ferrari-Vertrag wird bis 1999 verlängert, das Gehalt auf rund 50 Millionen Mark angehoben.

1997: Schumacher gewinnt fünf Rennen und belegt Platz zwei in der WM-Gesamtwertung. Wegen des Rammstoßes gegen den späteren Weltmeister Jacques Villeneuve beim Saisonfinale in Jerez wird Schumacher der Vizetitel nachträglich aberkannt.

1998: Erst im Finale in Suzuka platzen die Hoffnungen vom ersten WM-Titel mit Ferrari, mit 86 Punkten belegt Schumacher Platz zwei der der Gesamtwertung hinter Weltmeister Mika Häkkinen (100). Der Ferrari-Vertrag wird vorzeitig bis einschließlich 2002 verlängert, die Jahresgage auf 75 Millionen Mark angehoben.

1999: Nach einem schweren Unfall am 11. Juli in Silverstone ist "Schumi" vorzeitig aus dem Titelrennen. Der Kerpener erleidet einen doppelten Beinbruch und muss für sechs Grands Prix pausieren. In den letzten beiden Rennen in Malaysia und Japan (jeweils zweiter Platz) gibt Schumacher ein sensationelles Comeback. Zwei Siege (Imola, Monte Carlo) und Rang fünf in der WM-Wertung mit 44 Punkten stehen in der Schlussbilanz.

2000: Schumacher fährt nach fünf Saisonsiegen zunächst klar auf Titelkurs. In Ungarn verdrängt ihn aber Weltmeister Mika Häkkinen von der Spitzenposition. Mit Erfolgen in Monza und Indianapolis übernimmt der Deutsche wieder das Kommando. In Suzuka gewinnt Schumacher als erster Ferrari-Pilot seit Jody Scheckter 1979 die Fahrerkrone.

2001: Nach 13 Rennen steht Schumacher in Budapest vorzeitig zum vierten Mal als Weltmeister fest. Frühzeitig gibt er die Vertragsverlängerung bei Ferrari um zwei weitere Jahre bis einschließlich 2004 bekannt.

2002: Schon nach elf Rennen steht Schumacher in Magny-Cours zum fünften Mal als Weltmeister fest. Damit schließt er zum legendären Juan-Manuel Fangio auf und ist zugleich "schnellster Weltmeister" aller Zeiten.

2003: Mit einem achten Platz im letzten Rennen in Suzuka macht Schumacher seinen sechsten WM-Titel perfekt. Damit löst er Fangio als Rekordchampion ab. Bereits Mitte des Jahres hatte Schumacher seinen Vertrag bis 2006 verlängert.

2004: Schumacher holt mit einem zweiten Platz beim Grand Prix von Belgien in Spa-Francorchamps vorzeitig seinen siebenten WM-Titel und verbessert mit insgesamt 13 Saisonsiegen seinen eigenen eigenen Weltrekord.

Michael Schumacher

Im Regen war Michael Schumacher schon immer voll in seinem Element Zoom

2005: Schumacher wird nach einer völlig verkorksten Saison von Fernando Alonso entthront. Während der Spanier zum jüngsten Weltmeister aller Zeiten wird, kommt Schumacher nur zu einem einzigen Sieg - beim Skandalrennen von Indianapolis mit sechs Autos. Am Ende belegt er in der WM-Wertung abgeschlagen Rang drei.

2006: Schumacher, der am 10. September in Monza seinen Rücktritt zum Saisonende erklärt, meldet sich noch einmal in der absoluten Spitze zurück. Nachdem er zwischenzeitlich schon 25 Punkte Rückstand auf Fernando Alonso hat, holt er den Spanier drei Rennen vor Schluss sogar ein. Im vorletzten Rennen seiner Karriere scheidet er in Japan mit einem Motorschaden aus und geht bei zehn Punkten Rückstand nur noch mit theoretischen Titelchancen ins Saisonfinale in São Paulo.