Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm - oder doch?
Keke Rosberg rauchte vor dem Rennen gerne mal eine Zigarette, während sein Sohn Nico heute zu den professionellsten Nachwuchstalenten im Motorsport zählt
(Motorsport-Total.com) - Es war noch eine ganz andere Zeit, als James Hunt bei Testfahrten alkoholisiert sein Auto neben der Strecke abstellte oder der halbe Formel-1-Zirkus auf einer Ranch in Kyalami bis in die frühen Morgenstunden feierte. Heutzutage können es sich Rennfahrer jedoch nicht mehr leisten, nicht alles dem Traum vom Erfolg unterzuordnen.

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Keke Rosberg, Weltmeister von 1982, mit seinem rennfahrenden Sohn Nico
Gewiss mag auch ein Kimi Räikkönen gelegentlich mal auf ein Bier gehen und Christian Klien soll genau wie Vitantonio Liuzzi schon mal in einer Diskothek gewesen sein, doch wegen des engmaschigen PR-Korsetts in der Königsklasse des Motorsports dringen diese Geschichten nur noch in den seltensten Fällen an die Öffentlichkeit. Ein Fahrer, der vor laufender Kamera ein Bier trinkt und sich vielleicht auch noch eine Zigarette anzündet, ist heutzutage der Albtraum eines jeden Marketingfachmannes.#w1#
Nico und Keke sind wie Tag und Nacht
Keke Rosberg war einer der Typen, die es nicht nur im Cockpit mit jeder Naturgewalt aufgenommen hätten, sondern auch außerhalb - und umso mehr überrascht, dass sein Sohn Nico quasi der Prototyp des modernen Rennfahrers ist: schnell, professionell, gesundheitsbewusst, topfit, eloquent und gebildet. Zwischen den beiden Rosbergs liegt jedoch auch ungefähr ein Vierteljahrhundert, in dem sich die Formel 1 mehr oder weniger um 180 Grad gedreht hat.
"Es war damals eben anders", sagte Rosberg sen. nun im 'Guardian'-Interview. "Ich hatte aber meinen Spaß und liebte jede Minute davon. Heutzutage bedeutet die Formel 1 aber so viel harte Arbeit. So ist das nun einmal. Aber gerade diese Hingabe beim Training, beim Testen und beim Lernen von Details des Autos ist das, was mich an Nico am meisten beeindruckt."
"Er hat in den vergangenen drei Monaten jede Woche getestet. Das ist sehr schwierig, speziell wenn es Probleme gibt und er an zwei Tagen keine einzige gezeitete Runde fahren kann, so wie kürzlich in Barcelona. Wenn die anderen Fahrer Runde um Runde zurücklegen, ist das kaum wegzustecken. Das ist die Kehrseite der Medaille, aber ich bin erstaunt, wie locker er das verkraftet hat. Zu meinen Zeiten wurde sowieso noch nicht so viel getestet", so der Weltmeister von 1982.
Rosberg setzt sich voll für sein Team ein
Für seinen Sohn ist das Leben für den Motorsport jedoch selbstverständlich, schließlich lernte er die Zeiten seines Vaters nie wirklich kennen. Entsprechend professionell geht der Williams-Pilot auch mit dem Stress, der sich vor ihm türmt, um: "Bei Williams arbeiten 600 Leute für mich. Wenn ich die auf meine Seite bekommen kann, indem ich alles gebe, werden sie auch für mich noch härter arbeiten", gab der 20-Jährige zu Protokoll.
"Am meisten hat mich überrascht, wie viel Mühe sich alle geben. Die Leute in der Fabrik gehen erst nach Hause, wenn ihre Arbeit erledigt ist - ganz egal, wie lange das auch dauern mag. Ich hätte nicht damit gerechnet, so viele Menschen in einer so großen Firma anzutreffen, die alle so mit dem Herzen bei der Sache sind und um jeden Preis gewinnen wollen. Das geht von ganz oben aus, Frank (Williams; Anm. d. Red.) ist das beste Beispiel dafür. Auch nach all den Jahren braucht er Siege noch wie Sauerstoff. Das finde ich fantastisch", staunte Rosberg jun.
Rosberg sen. sieht Verlust von BMW nicht nur negativ
Trotz des überraschend guten Verlaufs der Wintertestfahrten steht für ihn ja eine relativ schwierige Saison bevor, schließlich hat Williams mit BMW und Hauptsponsor 'HP' zwei wichtige Partner verloren. Allerdings rechnet Rosberg dennoch damit, zumindest hinter den absoluten Topteams um Spitzenresultate mitfahren zu können - und mit ein bisschen Glück könnte er das eine oder andere Mal auf dem Podium landen.
Sein Vater ist davon jedenfalls überzeugt: "Es stimmt, dass das Team ein paar schwierige Jahre hatte, aber sie sind alle bereit für einen Neubeginn, was für Nico in vielerlei Hinsicht gut ist", so der 57-Jährige. "Der Punkt ist aber sowieso, dass die Erwartungshaltung in der Formel 1 immer vorhanden ist. Bei Williams wird sicher niemand sagen: 'Wir haben keinen Werksmotor mehr, also erwarten wir weniger von der neuen Saison als früher.'"
Und was erwartest du von 2006, Keke? "Ich frage mich, wie ich die Medien bewältigen soll! Es gibt 22 Fahrer, zu denen man keinen Zugang hat, fünf ehemalige Fahrer, die für die Medien arbeiten - und einen Vater. Wenn sie das Kind nicht bekommen können, werden sie eben den Vater suchen. Ich schätze, ich werde meine eigenen Pressekonferenzen im Paddock abhalten müssen - oder ich suche mir ein sehr junges Pressemädchen! Das muss ich dann aber erst einmal meiner Frau erklären", witzelte der Finne abschließend.

