• 11.06.2006 13:22

  • von Adrian Meier

Dennis: "Alles noch etwas zu heiß für Hamilton"

Laut McLaren-Mercedes-Teamchef Ron Dennis hat man sich Strategien für die Fahrerfrage zurechtgelegt - Verpflichtung von Lewis Hamilton unwahrscheinlich

(Motorsport-Total.com) - Noch immer ist unklar, welcher Pilot in der kommenden Saison den zweiten McLaren-Mercedes neben Fernando Alonso steuern wird, dessen Wechsel zu den "Silberpfeilen" bereits seit der vergangenen Winterpause feststeht. Während es bereits als nahezu sicher gilt, dass Kimi Räikkönen das britisch-deutsche Team in Richtung Ferrari oder Renault verlassen wird, machen sich einige Fahrer Hoffnungen auf das noch zu besetzende Cockpit.

Titel-Bild zur News: Ron Dennis

Ron Dennis blickt der Fahrerfrage für die kommende Saison gelassen entgegen

Dabei werden dem zweiten derzeitigen "Silberpfeil"-Piloten Juan-Pablo Montoya genauso Chancen eingeräumt wie GP2-Nachwuchstalent Lewis Hamilton, der seit vielen Jahren vom Team gefördert wird. Auch über eine Beförderung von einem der Testpiloten Pedro de la Rosa oder Gary Paffett wurde in den vergangenen Tagen spekuliert. Während noch keine Entscheidung offiziell verkündet wurde, scheint intern jedoch bereits festzustehen, wie die kommende Fahrerpaarung aussehen wird.#w1#

Team will zunächst weitere Entwicklungen abwarten

"Wir fühlen uns sehr zufrieden in unserer derzeitigen Position", erklärte Teamchef Ron Dennis gegenüber 'Crash.net'. "Wir haben Entscheidungen getroffen und nach diesen Entscheidungen gehandelt." Dennoch steht der zweite Fahrer laut dem Briten noch nicht genau fest, man habe sich lediglich Strategien für alle Fälle zurechtgelegt, die sich aufgrund von anderen Bewegungen auf dem Fahrermarkt ergeben könnten.

"Wir haben eine Vielzahl an Strategien, die dann in Kraft treten, wenn bestimmte Umstände eintreten, die außerhalb unserer Kontrolle liegen. Wir wissen exakt, was wir tun werden, abhängig von dem, was sich in den kommenden Wochen ergeben wird", zeigte sich Dennis optimistisch, dass man für alle Eventualitäten gerüstet ist.

"Wir warten lediglich darauf, dass sich die Umstände, die außerhalb unserer Kontrolle liegen, klären." Ron Dennis

Dabei sei man jedoch keineswegs von anderen Entscheidungen abhängig: "Wir warten auf niemanden. Wir warten lediglich darauf, dass sich die Umstände, die außerhalb unserer Kontrolle liegen, klären", stellte der Brite klar. "Ich denke, man wird das komplett verstehen, wenn sich dann alles geregelt hat."

Formel-1-Einstieg ist ein großer Schritt für Hamilton

Die Chancen von Nachwuchstalent Hamilton scheinen jedoch weniger groß zu sein, als vor allem britische Medien dies gerne sehen würden, wie Dennis im gleichen Atemzug verkündete: "Das ist alles noch etwas zu heiß für Lewis. Wichtig ist für ihn jetzt, mit beiden Füßen am Boden zu bleiben - das gilt auch für seinen Vater - und sich auf seinen Job zu konzentrieren."

Obwohl Hamilton sich in den vergangenen Wochen bereits mehrmals über die Spekulationen über einen Aufstieg in die Formel 1 geäußert hatte, scheint der junge Brite dennoch an den Rennwochenenden der GP2 voll motiviert und konzentriert zu sein, wie er mit seinen beiden Siegen an diesem Wochenende in Silverstone unter Beweis stellte.

"Es ist ein enormer Schritt, in ein Formel-1-Auto einzusteigen." Ron Dennis

Doch trotz der überragenden Leistungen des 21-Jährigen will Dennis nichts überstürzen: "Es ist ein enormer Schritt, egal aus welcher Kategorie man kommt, in ein Formel-1-Auto einzusteigen, eine schnelle Runde zu fahren, oder um für mehrere Runden fit zu sein", erklärte er. "Die ganze Erfahrung des Fahrens mit einem Grand-Prix-Boliden ist meiner Meinung nach nicht so einfach, wie es manchen Fahrern vorkommen mag."

Kein Test eines unerfahrenen Piloten während der Saison

Daher sei in den kommenden Monaten auch kein Test für Hamilton geplant sei, schließlich seien die Testtage während der Saison zu kostbar, um unerfahrene Fahrer testen zu lassen: "Wir wollen uns nicht außerhalb der Testübereinkunft bewegen. Wir wollen momentan keine Zeit darauf verschwenden, irgendeinen Fahrer zu evaluieren."

"Das ist sicherlich nichts, was man während der Saison tun sollte, und das wäre auch für das Weiterentwicklungsprogramm unseres Autos nicht förderlich, und das hat derzeit Priorität", stellte Dennis klar. Vielmehr wolle man Hamilton in der nun anstehenden einmonatigen Rennpause der GP2 im Simulator auf einen Test zu einem späteren Zeitpunkt vorbereiten.

Lewis Hamilton

Wird Lewis Hamilton zunächst bei einem anderen Team geparkt? Zoom

"Vielleicht geben wir ihm einige Kilometer in unserem Simulator in Vorbereitung auf einen Test gegen Jahresende. Das ist das wahrscheinlichste Szenario." Ansonsten solle sich der 21-Jährige auf sein GP2-Programm konzentrieren. Angesichts dieser Aussagen erscheint es fraglich, ob Dennis tatsächlich die Linie seines Teams, das bereits seit vielen Jahren nie einen Formel-1-Neuling in ein Cockpit gesetzt hatte, verlassen und Hamilton verpflichten wird.

Neulinge benötigen Eingewöhnungszeit

Dass man den Briten in der Formel 1 platzieren möchte, steht für Dennis jedoch außer Frage, doch scheint dies derzeit eher auf eine Lernphase bei einem anderen Rennstall hinauszulaufen: "Wo auch immer er in der nächsten Saison landen wird - alles deutet darauf hin, und auch wir werden alles dafür tun, dass es in der Formel 1 sein wird - muss man einfach einsehen, dass die Vergangenheit gezeigt hat, dass kein Fahrer in die Formel 1 kommt und von Beginn an das Level an Erfolgen hat, das ihn zu einem WM-Anwärter machen würde", stellte er klar.

"Man wird ein, zwei, drei, vielleicht auch mehr Jahre benötigen, um sich in der Formel 1 zurechtzufinden", meinte der Teamchef. Für sein erstes Jahr in der Königsklasse des Motorsports wolle man Hamilton jedoch so gut wie möglich vorbereiten, damit diese Eingewöhnungsphase möglichst rasch vonstatten gehen kann: "Was wir versuchen werden, ist, ihn für das erste Jahr bestmöglich vorzubereiten."

"Man wird ein, zwei, drei, vielleicht auch mehr Jahre benötigen, um sich in der Formel 1 zurechtzufinden." Ron Dennis

"Das werden wir tun, denn das ist die beste Möglichkeit, um zu demonstrieren, dass die Strategie, die wir in den vergangenen elf Jahren verfolgt haben, die richtige war", erklärte Dennis weiter. "Jetzt gibt es natürlich ein großes Interesse an Lewis, aber nur wenige interessierten sich elf Jahre zuvor für ihn", klopfte er sich für den damaligen guten Riecher selbst ein wenig auf die Schulter. "Er ist heute hauptsächlich aufgrund seiner eigenen Anstrengungen und seiner Hingabe in seiner derzeitigen Position. Das will ich nicht schmälern", räumte er jedoch ein.

Team will in der Fahrerfrage nichts überstürzen

"Aber man braucht im Leben auch gewisse Chancen, helfende Hände, und man muss sich führen lassen, wenn man seine Karriere beschleunigen will. Hoffentlich sind wir in der Lage, in ein paar Jahren zurückzublicken und sagen zu können, dass wir alles getan haben, um ihn in die bestmögliche Position zu bringen, um in seiner ersten Formel-1-Saison konkurrenzfähiger zu sein, als alle anderen Fahrer, die den Aufstieg geschafft haben", philosophierte Dennis.

In welchem Team man Hamilton jedoch parken könnte, wisse auch er selbst noch nicht: "Es ist noch viel zu früh, um vorhersagen zu können, wie sich das alles entwickeln wird, in welchem Team." Damit ist ein Wechsel des Briten zu McLaren-Mercedes zwar keineswegs ausgeschlossen, jedoch scheint dies derzeit ein eher unwahrscheinliches Szenario zu sein.

"Ich habe nicht vor, das Team durch irgendwelche Kommentare über irgendwelche Fahrer in den Medien zu destabilisieren." Ron Dennis

Überstürzen will man jedoch unabhängig von allen Gerüchten um Hamilton bei der eigenen Fahrerfrage nichts, wie der McLaren-Mercedes-Teamchef versicherte: "Eines ist ganz klar: Wir wollen in einer möglichst stabilen Umgebung Rennen bestreiten, und ich habe nicht vor, dies durch irgendwelche Kommentare über irgendwelche Fahrer in den Medien zu destabilisieren. Das wäre nicht sachdienlich. Wir haben zwei Jungs, die sehr nahe an Rennsiegen dran sind, und genau das wollen wir auch erreichen - Rennsiege", rückte Dennis abschließend die Prioritäten zurecht.